272. Jud Schwed in Kissingen. Bechstein S. 131. Am Rathhaus der Stadt Kissingen schaut oben ein bärtiger Mannskopf, der sich in den Haaren rauft, als ein Wahrzeichen herab. Das nennen die Einwohner den Jud Schwed und erzählen davon folgende Sage: Im dreißigjährigen Kriege, als die Schweden diese ganze Gegend heimsuchten, wurde auch Kissingen von ihnen belagert und hart bedroht. Doch widerstand die Stadt tapfer und wäre vielleicht nicht erobert worden, wenn nicht ein Jude an ihr zum Verräther geworden wäre. Dieser wußte einen unbewachten Ausgang durch die Mauer und führte die Feinde dort ein. Doch empfing er seinen Lohn und zum Andenken wurde sein Bild, wie er sich aus Reue die Haare ausrauft, am Rathhaus befestigt. Hernach kam es auch, daß man ihn und die Seinen nicht mehr bei ihrem wahren Namen, welcher der Vergessenheit überliefert wurde, rief, sondern Schwed, zur ewigen Erinnerung; und dieser blieb auch, denn noch heute leben Nachkommen von ihm zu Kissingen, welche den Namen Schwed führen. Eine andere Sage von diesem Juden kündet aber gerade das Gegentheil des vorstehenden. Nach dieser goß der Jude für die Bürger Kugeln, welche die geheimnißvolle Eigenschaft hatten, unfehlbar zu treffen, und den Schweden so tödtlich wurden, daß sie abziehen mußten. Darauf wurde des Juden Kopf als Erinnerungszeichen dankbar am Rathhaus angebracht.