§. 66. Rieden. Die alte Burg, nun in Trümmern, liegt auf einem ansehnlichen Bühel an der Vils. Da war ein Graf; mißmutig über die Ausweichung seiner Gemahlin, und der Welt überdrüssig, gedachte er ein Kloster zu gründen und sich darin zu verbergen. Er lud daher einem Esel Gold auf, so viel als für den Bau genügen mochte, und ließ ihn ohne Führer gehen. Auf dem Ouschlberg, auch bedeutsam Thorberg genannt, brach das Thier unter der Last zusammen. Gerade hier fing der Graf zu bauen an. Die Bewohner des Dorfes Ensdorf aber traten zu ihm, und boten ihm einen weiten Platz in Mitte des Dorfes an und baten ihn, hier das Kloster zu bauen. Und der edle Graf willfahrte ihrer Bitte. Das ist der Ursprung des berühmten Klosters Ensdorf. Am Berge aber, in der halben Höhe, sieht man noch die Trümmer des ersten Baues. Vor etwa fünfzig Jahren hatte sich ein Mann des Marktes Rieden ganz abgehaust, und weil er in der Gemeinde nicht mehr Aufnahme fand, ging er hinauf auf die Burg in ein Gewölbe, und richtete sich dort häuslich ein. Dort hauste aber ein Geist, der ihm Gais und Hennen erdrückte; auch zeigte sich öfter ein schwarzer Pudel auf einer Kiste. Einmal unter der Singads oder dem Hochamte wollte die Frau des Mannes in den Nebenkeller hinausgehen, der ihr zur Speise diente: da stand eine weißgekleidete Frau, mit ältlichem aber freundlichen Gesichte, in einer Ecke und winkte ihr mit der Hand zu sich, und sprach: »Meine Liebe, hier ist mein Schatz, mein Geld; meines Herren seines liegt aber im Brunnen.« Damit verschwand sie. Als der Mann aus der Kirche heimkehrte, grub er an der Stelle nach und hob den Schatz, und ward davon reich. So ein Geld bringt aber immer etwas Uebles im Gefolge. Denn als eine Hochzeit war, verrieth sich der Mann, indem er der Braut einen grossen Lebkuchen zum Geschenke machte, dessen jedes Eck einen Thaler so alten Gepräges barg, daß ihn Niemand kannte. So kam es auf, daß er den Schatz gehoben hatte, und ward wegen Funddiebstahles gefänglich eingezogen, aber doch wieder entlassen.