3. Die Zwerge sind kunstfertige Schmide; davon eine Sage, welche in die Göttersage hinübergreift. Es war einmal ein Herrscherpaar, mit grossem Gebiete, in der Zauberkunst wohl erfahren; selbst die Elemente waren ihnen unterthan. Er hieß Woud, sie Freid. Der König war ein gewaltiger Mann mit langem wallenden Barte, sein Auge so feurig blitzend, daß Menschen, welche hineinblickten, darob erblindeten; gewöhnlich ging er nackt, nur an der Hüfte bekleidet; gehalten wurde das Hüftenkleid durch einen endlosen Gürtel, an diesen war die Herrschergewalt gebunden: so lang er ihn trägt, herrscht er. Doch kann er ihm nicht entwendet werden, denn Hüften und Schulter sind so breit, daß der Gürtel sich nicht abziehen läßt. – So oft er zum Herrscher ging, hing er einen Mantel um, der ihn ganz einhüllte. Seine Gemahlin war das schönste Frauenbild; sie trug ein Hüftenkleid gleich ihrem Gatten, aber die Haare so reich und lang, daß sie sich darin ganz verhüllen konnte. Sie trank nur Wasser aus der Quelle, ihr Gatte eine Art Wein. Wenn sie sich bückte über der Quelle, um mit der hohlen Hand Wasser zu schöpfen, erglänzte ihr Haar im Sonnenglanze und ihr Arm wie Schnee. Doch wurde sie eifersüchtig, sie fürchtete, dem feurigen Gatten nicht zu genügen; in ihrer Leidenschaft ging sie zu kunstreichen Zwergen. Diese arbeiteten ihr einen Halsgürtel, der die Kraft hatte, daß, wer ihn trug, alle Herzen bezauberte und den Geliebten nie in seiner Treue wanken ließ. Doch mußte sie sich den Zwergen zum Lohne ergeben. Mit dem Schmucke angethan, fesselte sie den Gatten in Liebe. Doch erfuhr er, um welchen Preis sie den Schmuck erworben. Da entwich er von ihr. Als Freid am Morgen im Bette erwachte, streckte sie den Arm aus nach dem Gatten. Er war nicht da; sie fuhr mit der Hand an den Hals, das Halsgeschmeide fehlte. Namenlos unglücklich machte sie der Verlust des Schmuckes erst recht in Liebe zu Woud entbrennen. Sie eilte dem Flüchtigen nach in viele Länder lange Jahre. Wenn sie Abends ermüdet von der Fahrt sich niedersetzte, weinte sie in ihren Schooß, und jede Thräne ward zur kostbaren Perle. Endlich als die Zeit um war, traf sie ihn und klagte ihm ihr Leid und wies auf die Perlen, die sie geweint um ihn. Und er zählte die Perlen, und ihrer waren gerade so viele, als der Sternchen im Halsgeschmeide. Da ward er erweicht, und reichte ihr zur Versöhnung den Schmuck. Weit sey er herumgewandert, aber Keine habe er gefunden, ihr gleich an Schönheit: so habe er ihr die Treue bewahrt. Neuenhammer. Es ist genau die Erzählung der Edda von Odin, vielmehr Odhr, und Freyja, von dem Halsbande Brisingamen, welches die Zwerge um Liebeslohn geschmiedet, den Thränen, die sie um den Geliebten weinte, hier in Perlen statt Gold verwandelt. Während der Mantel auf Odin, weist der Stärkegürtel Megingiardr und die blitzenden Augen auf den Donnergott.