§. 13. Siebdrehen. Der hölzerne Reif des Siebes, welches zum Ausputzen des Getraides gebraucht wird, hat zwey entgegengesetzte Einschnitte, Handheben genannt, in welchen man das Sieb faßt. Durch eine derselben zieht man einen Faden, in der Länge einer halben Elle, und macht ihn fest. Dann bindet man das freye Ende des Fadens an einen Schlüssel, dessen Bart ein Kreuz macht, so daß es in die Mitte des Rohres zu stehen kommt. Nun faßt man des Schlüssels beyde Enden und läßt das Sieb frey hängen, bis es sich nicht mehr bewegt; dann spricht man: »Sieb, ich beschwöre dich bey Christi Kreuz, laß mir die Wahrheit zeugen!« und frägt dann, was man wissen will. Handelt es sich dabey um eine Person, so nennt man zugleich dessen Tauf- und Schreibnamen. Dreht sich innerhalb des Zeitraums von drey Vaterunsern das Sieb nicht, ist die Frage bejaht; geräth es aber in Schwingungen, geht die Sache schief oder ist die genannte Person die unrechte. Man bedient sich dieses Orakels um zu erfahren, ob bald ein Freyer kommt, ob Kinder am Leben bleiben, ob ein Unternehmen gelingen wird, ob der Bursche bey der Aushebung das Loos zum Soldaten zieht, besonders aber, ob ein Verdächtiger der wirkliche Dieb sey.