Erste Romanze Karol Magnus, deutscher Kaiser, Hatte siegreich all' die Lande Von dem Meer zum Meer bezwungen, England, Gallien und Italien, Bei Burgunden, Bayern, Deutschen Wehten hoch des Kreuzes Fahnen; Aus des Orients weiter Ferne Wundersam die Völker kamen, Frohe Huldigung zu bringen Vor den goldnen Stuhl in Aachen, Wo des Nordens Heldenkinder Auch die alten Schätze brachten. Also pflag der hohe Kaiser, Sicher nun in Frieden rastend, Nach der Arbeit wilden Zeiten, In des Glückes frohen Tagen, Auf den Burgen jetzt der Ruhe. Da er einstmals nun entschlafen, Deucht' am Himmel ihm zu sehen, Bei der Friesen Meer anfangend, Einen lichten Weg von Sternen, Liebevoll die Lichter strahlend Auf dem blauen Himmelsgrunde, Welcher Weg dann an Navarra Grade hinzog nach Galicien, Durch die Felder von Hispanien; Nach Galicien, wo der Leichnam Jenes Pilgrim Gottgesandten, Des Apostel Sankt Jakobus, Unter Heiden lag vergraben. Wie das Wunder nun ihm deuchte, Lag ihm immer in Gedanken, Was doch wohl bedeuten solle Jene sternenlichte Bahne, Die allnächtlich ihm erschienen. Wie er ernstlich das bedachte, In dem Sinnen war entschlummert, Da erscheinet plötzlich nahe Hochgestaltet ihm ein Held, Würdevoll im Alter strahlend, Hohen Hauptes, freundlich schauend, Angetan mit braunem Mantel, Nach der frommen Pilger Weise Sanft gelehnt an mächt'gem Stabe. Dieser auf den Kaiser blickend, Wie, wenn er mit Augen fragte, Sprach zu ihm die sanften Worte: »Nun, mein Sohn, wohlan! was sagst du?« Jener alsbald ihm erwidernd! »O wer bist du, würd'ger Vater?« – »Christi treuer Schüler bin ich Und Johannis Bruder,« sprach er, »Der Jakobus, den der Herr einst Über wilde Meere sandte, Seine Liebe zu verkünden In den weit entlegnen Landen, Dessen Leichnam in Galicien Jetzo ruht, noch unbekannt ist; Denn noch herrschen Sarazenen Schmachvoll dort in jenem Lande. Wohl, mein Sohn, muß ich drob staunen, Da besiegt von deinem Arme So viel Völker dir sich beugen, Burgen dir erstürmt so manche, Sieg' erfochten auch unzählig, Daß du nur allein die Bande Meines teuren Landes dorten Nimmer noch zu lösen dachtest. Da der Herr dich nun zum Ersten Aller Erdenfürsten machte, Sieh'! so hat er dich erkoren Jener Heiden Grimm zu schlagen, Und mein gutes Land befreiend, Dich zu schmücken einst im Glanze Mit der ew'gen Siegerkrone. Jene lichte Sternenbahne, Die am Himmelsgrund du sahest, Liebevoll die Lichter strahlend, Spricht von dir und deinen Scharen, Wie ihr wandelt durch Gefahren, Durch die Drachen Bahn euch schlagend, In der Christen-Helden Glanze, Durch die fernen Lande wandelnd Bis zu meinem stillen Sarge, Zu dem dann die Völker alle, Fromm andächt'ge Pilger, wallen, Dort das bange Herz entladen, Dank und Preis dem Herren sagend. – Auf denn, eile nun alsbald Ich geleite dich fürwahr, Bin dein Bundsmann überall, Und für deine Mühe hart, Schaff' ich einst den Himmelskranz.« – Solchem Worte kühn vertrauend, Ruft der Kaiser seine Scharen, Zieht dahin mit mächt'gem Heere In das schöne Land Hispanien. Und die erste aller Burgen, Die sie zu bestürmen kamen, War von ehern festen Mauern, Pampelona sie mit Namen, Daß drei Monde schon vergebens Dort die Helden mühvoll harrten, Nimmer sie erstürmen mochten. Da der gute Karl nun sahe Solche Arbeit seiner Mannen, Zu Jakobus er sich wandte, Recht von Herzen im Gebete, An sein Wort ihn fromm gemahnend. Und alsbald erbebten jene Felsenmauern, stürzten krachend, Wie zersplittert, durch einander. Da die Heiden das vernahmen, Übergaben sie die Burgen, Beugten all' sich seinem Arme Und gelobten ihm Gehorsam, Warfen von sich gern die Waffen, Und verehrten hoch die schönen, Ritterlich geschmückten Franken, Die in Sieg und Freude zogen Hin zu des Jakobus Grabe, Und von dorten hin zum Meere, Wo der Kaiser seine Lanze Weit hin in die Wogen schluge, Gott und Sankt Jakobus dankend, Dem er von dem roten Golde, Was die Fürsten all' ihm gaben, Eine schöne Kirche baute, Ewig Denkmal seines Grabes; Und vom Meere bis zum Meere War nun sein das Land Hispanien.