Erinnerungen auf dem alten Schlosse zu Baden 1814. Wir stehen hier und schauen In ein gelobtes Land. Ringsum die deutschen Gauen, Gebaut von deutscher Hand. Doch dort an den Voghesen Liegt ein verlornes Gut, Da gilt es deutsches Blut Vom Höllenjoch zu lösen. Wir denken an den Starken, Der diesen Bau gethürmt, Er hat des Landes Marken Mit guter Treu geschirmt; O Markgraf, Markgraf, weine, Man spielte böses Spiel, Und wie dein Haus, zerfiel Das schöne Land am Rheine. Wie sie das Reich erbauten Nach ihrer besten Kunst, Die Männer, und vertrauten Auf sich und Gottes Gunst; Da galt noch hohes Trachten Und ächter Rittersinn, Nach jenen Zeiten hin Zieht uns ein tiefes Schmachten. Und wenn die Felsen wanken, Der Mensch in Staub zerfällt, Wo bleiben die Gedanken, Die seine Brust geschwellt? Sie müssen hier noch weilen Auf diesen stillen Höh'n, So mag ihr leises Weh'n Auch unsre Schmerzen heilen. Ihr lieben alten Bilder, O zieht an uns vorbei, Daß unsre Sehnsucht milder In eurer Nähe sei. Komm altes freies Leben, Komm alter Sonnenschein, Daß wir nach langer Pein Das Haupt in dir erheben. In dieses Fensters Bogen Stand manche Fürstenbraut, Die nach des Rheines Wogen Wie nach dem Freund geschaut. Wem fließen deine Thränen, Du stilles frommes Kind? Dein Ritter kämpft und minnt, Der Himmel schützt dein Sehnen. Wo solch ein Bund geschlossen, Von rechter Glut und Zucht, Sieht man ihm bald entsprossen Viel edle Himmelsfrucht. Bemooste Steine melden Uns manches zarte Bild, Manch' Fräulein, schön und mild, Als Mutter vieler Helden. Ein fröhliches Gewimmel Erfüllt das ganze Haus, Dort rufet Schlachtgetümmel, Hier winkt ein Heldenstrauß: Denn adligem Gemüthe Und froher Ritterbrust Ist Kampf die höchste Lust, Ist Blut die schönste Blüte. Da schallt von hundert Thürmen Ein Ruf an jedes Herz, Es naht in ew'gen Stürmen Ein tiefer heil'ger Schmerz, Und alle sind getroffen Von wunderbarem Pfeil Und ziehen hin in Eil', Wo sie Genesung hoffen. Gleich bitter und gleich süße Erklang der fremde Laut, Wie bange Scheidegrüße Von einer fernen Braut. Ja winke nur, sie kommen, Du heilige Gestalt, Das Herz im Busen wallt Den Sündern wie den Frommen. Wol mag die bittre Märe Erweichen Stahl und Stein, Wie Sarazenenheere Des Heilands Grab entweihn. Die Ritter stehn im Bügel, Die Kreuzesfahnen glühn, Die Streiter Christi ziehn Herab von diesem Hügel. Was wallen jene Haufen Zum fernen Meeresstrand? Der letzte Hohenstaufen Kämpft um der Väter Land. Da geht ein tiefes Trauern Durch Deutschland, durch die Welt; Mit seinem Konrad fällt Ein Prinz aus diesen Mauern. Ist nimmer noch die Flamme Des Hasses groß genug? Es war von welschem Stamme Der Räuber, der ihn schlug, O Baden, Baden wasche Sein Bild in Feindesblut, Nicht ohne Sühnung ruht Der theuren Helden Asche. Das hat ein Herz voll Treue Als Knabe hier gedacht, Ein Held, ein rechter Leue, Der wohl das Reich bewacht. Prinz Ludwig war gestiegen An dieses alte Thor, Da drang zu seinem Ohr Der Schall von jenen Kriegen. Fort zog viel hundert Stunden Des Kaisers General, Den Türken schlug er Wunden Mit seinem scharfen Stahl; Auch baut er schöne Schanzen Dort unten an dem Fluß, Da spielt' ein Kriegergruß Den Welschen auf zum Tanzen. Zum stolzen Siegesmahle, Zur kurzen Heldenrast Baut er im nahen Thale Den glänzenden Palast. Da schloß er hohe Zeichen Der kühnen Siege ein, Am Donaustrom, am Rhein, Ein Feldherr ohne Gleichen. Das alles ist vorüber, Und vor uns steht der Schmerz. Und unser Blick wird trüber Und schwerer unser Herz. Ach, daß es nimmer hörte Der sel'gen Väter Schaar, Wie sich von Jahr zu Jahr Das heil'ge Reich zerstörte. Sie werden einst erscheinen Auf diesen ernsten Höh'n, Da wird man hören weinen, Man wird verzweifeln sehn. Die Väter werden sitzen Im Grimme zu Gericht, Wenn Gott sein Urtheil spricht, Umstrahlt von ew'gen Blitzen. Der Letzte, der hier oben Gewaltet und geruht, Herr Christoph, sehr zu loben, Hing treu am alten Gut; Er sah mit wachen Sinnen Der Hölle nahen Sieg, Sah Schmach und Bruderkrieg In seinem Haus beginnen. Er hörte viele Nächte Ein Wehgeschrei vom Rhein, Da hüllten güt'ge Mächte Sein Haupt in Dämm'rung ein; Und was er noch gesehen, Die Wonne wie den Schmerz, Kann erst ein deutsches Herz In dieser Zeit verstehen. Vom schnöden Sündenleben Im Flammenbad erneut, Sein deutsches Volk sich heben Sah er in ferner Zeit. Die Tochter sah er kommen Mit Kerzen in der Hand, Die sie von Moskaus Brand Gen Deutschland mitgenommen. Daran hat sich entzündet Eine Flamme warm und klar, Darauf hat sich verbündet Eine edle, treue Schaar. Nun darf kein Deutscher klagen, Der Himmel ist uns hold, Und ob der Teufel grollt, Drum wird kein Mann verzagen. So füllet nun die Becher Mit Weine bis zum Rand, Wir sind bewährte Zecher, Wenn's gilt fürs deutsche Land; Wir können mehr als trinken, Auch beten, schlagen auch Nach altem deutschem Brauch, Wenn Gottes Fahnen winken. Wir wollen uns verschwören An diesem grauen Stein, Ihr Geister sollt es hören Und du dort, alter Rhein. Wir wollen ehrlich fechten Mit Wort und That und Schwert, Bis Gott den Sieg beschert Dem Wahren und dem Rechten. Und wie die Epheuranke Den Felsenbau umzieht, Ist's auch nur ein Gedanke, Der unser Herz durchglüht; Die Lust an den Geschichten Von alter Kraft und Treu, Der Glaube, daß wir neu Der Väter Haus errichten. Nun zu den warmen Quellen, Zum Thale folgt der Bahn, Der Erde Brüste schwellen Vom Segen Gottes an: Der hat gar viel gegeben Der stillen Menschenbrust, Die süße Erdenlust Und einst bei Ihm das Leben!