198. Der Werwolf. Gewisse Leute können sich vermittelst eines umgelegten Gürtels, der aus der Haut eines Gehängten geschnitten ist und durch eine Schnalle mit sieben Zungen zusammen gehalten wird, in einen Wolf verwandeln. Ein solcher Wolf heißt Werwolf ( bërwulf ); er ist schwarz und von der Größe eines mittelmäßigen Kalbes. Schlägt man den Werwolf gerade dahin, wo die Schnalle sitzt, und diese springt auf, so steht der Werwolf als nackter Mensch da. 1. Auf der Erichsburg sollte eine Menge alter Sachen, die auf einer Kammer aufbewahrt wurden, von Amts wegen verkauft werden. Darunter befanden sich alte Jagdgewehre, die den Wilddieben abgenommen waren, aber auch mehrere Werwolfsgürtel. Des Amtmanns Bedienter sollte nun die Sachen, darunter die Gürtel, herunterholen. Zufällig kam er mit einem andern Manne darüber in ein Gespräch, ob es wirklich möglich wäre sich durch Umlegen eines solchen Gürtels in einen Werwolf zu verwandeln. »Das will ich bald wissen,« spricht er, läuft hinauf und schnallt einen solchen Gürtel um. Alsbald ward er zum Wolf und lief als solcher nach Hunnesrück. Der Amtmann, dem das auf der Stelle gemeldet ward, setzte sich sogleich aufs Pferd und eilte ihm nach. Ueber Hunnesrück auf dem Bruche holte er ihn ein. Kaum hatte ihn der Wolf erblickt, als er auch schon das Pferd anfiel; der Amtmann aber, der ein gutes Schwert bei sich hatte, hieb zu und schlug den Wolf gerade über den Rücken. Glücklicher Weise hatte er die Schnalle getroffen, so daß der Gürtel aufsprang. In demselben Augenblicke stand der Bediente wieder vor ihm.