Abendempfindung Wie süß im dämmerhellen Walde, Wenn Harzduft von den Bäumen trieft, Zu ruhen an der Bergeshalde, In alter Sänger Lied vertieft! Rings Stille, daß vom Lärm der Erde Kaum einen Ton dein Ohr vernimmt, Als das Geläut der Ziegenherde, Die einsam an der Halde klimmt. Und, wie dich aus den alten Rollen Der Hauch vergangner Zeit umquillt, Versinkt das Heut mit seinem Wollen Und Thun dir wie ein Schattenbild. Ist diese Luft, die mir mit leisen Windhauchen um die Schläfe spielt, Nicht noch dieselbe, die den Weisen Chaldäas einst die Stirn gekühlt? Sah dem verglüh'nden Sonnengolde Im Westen dort nicht so wie du An ihres Tristans Arm Isolde Vom Waldesrande träumend zu? Unsterblich, wie vor tausend Jahren, Blühn noch die Fluren, grünt das Laub, Und die Geschlechter, welche waren, Sie wären Asche nur und Staub? Nein! in dem Werden und Entfalten Zieht immer das Gewes'ne nur Durch alle Formen und Gestalten Der rastlos kreisenden Natur. Nicht anders lebst du selbst als jene, Die vor Jahrtausenden gelebt; Alt, wie die Erde, ist die Thräne, Die eben dir am Auge bebt. Du denkst es; schon am Waldessaume Erlosch die Glut des Abendscheins; Es dunkelt, und du wirst im Traume, Mit allen, die gewesen, eins.