Aller-Seelen-Tag 1871 Zum Friedhof, wo bei gelber Blätter Fall Matt im Novemberlicht die Kreuze glänzen, Nun strömt das Volk, bei Trauerglockenschall Geliebte Gräber zu bekränzen. War je der Jahre, die gewesen sind, So mördrisch eins wie dies? Mehr Hoffen Hat es, als Blätter der Novemberwind, Mit gift'gem Todespfeil getroffen. Wie viele schleppten matt und todeswund Von Frankreichs blutgedüngten Stätten Die Glieder heim, nur um auf deutschem Grund Zur letzten Ruhe sich zu betten! Und neidenswert noch ihr, die in den Schoß Der Heimat ihr gesenkt die Euern! Wie manche Mutter sehnt sich schlummerlos Nur nach der Asche ihrer Teuern! Der Abend kommt; im Kreise um sie her Versammelt hat sie ihre Lieben; Doch stumm blickt sie, das Auge thränenschwer, Auf einen Platz, der leer geblieben. Sie hofft umsonst je von des Sohnes Hand Noch werde regen sich die Klinke, Vergebens, daß, gekehrt ins Vaterland, Er an das Mutterherz ihr sinke. Auf ferner Heide streiten nun vielleicht Um seine Leiche sich die Raben; Der Wind, der kalt durch die Vogesen streicht, Hat sie vielleicht in Schnee begraben. Doch nein, nicht so! Verstumme, Grabgeläut, Und hemmt, ihr Mütter, Brüder, Schwestern, Den Klagelaut! Vergaß das kleine Heut So schnell schon das gewalt'ge Gestern? Denkt, wie, als wär' ein Himmel aufgethan, Lächelnd zum Vollglanz unsrer Siege, Empor vom Sterbebett die Greise sahn, Die Säuglinge aus ihrer Wiege! Da warfen stolz, dem Heldentod geweiht, Gleich jener heil'gen Schar von Theben, Die Euren hin ihr niedres Staubeskleid, Um in Unsterblichkeit zu leben; Glückselig sie, die, während sie der Sieg Umrauschte aus des Banners Falten, Der deutschen Sonne, welche glorreich stieg, Ins Antlitz schau'nd, nach jenseits wallten. Betrügt sie denn durch Klagen, wie zum Hohn, Nicht um den Ruhm, ihr teures Erbe; Nein, bleibt euch nach den andern noch ein Sohn, So lehrt ihn, daß wie sie er sterbe! Hinweg mit Seufzern und dem weißen Kranz, Mit Threnodien und Trauerschleiern! In jedem Auge Freudenthränenglanz, Soll Deutschland seine Toten feiern!