Der süß traum In dem neuen ton Hans Sachsen. 1527. 1. Ich lag eins nachts in einem süßen traum: mich daucht, wie ich spaziert in einem walde, kam aus ein zirkelrunden plan, mitten darauf ein sinwel berg erscheine, darbei stunt ein rosengart blüent gröne Darum stunden rundweis vil schöner baum, mitten dardurch in einem roten merbel ein fischreich klares bechlein ran; do wurt mein herz klopfen der freuden schwengel; es gleicht dem paradeis mit seiner schöne. Ich blicket gen dem gartenwarz, darin ein edler vogel het gehecket, groß als ein adler, was kolschwarz; sein linke seiten, die war im bedecket mit lichten rosen, rot und weiß, geteilt mit fleiß, mit seim gefider macht er einen werbel um sein junge, hielt sie in hut, der wolgemut; er speiset sie aus durch den winter kalde; zier und geschmuck ist um in überal. ich hört sein stim, war lieblich als ein engel, durchklang überal berg und tal: ich dacht, er wer phenix, der vogel reine, als ich sach fein schön und hört sein getöne. 2. Doch het der edel vogel wenig ru vor sein feinden, die gerten in zu dempfen und im geferlich stelten nach aus neit und haß von wegen seiner stimme, die so hel erklang über manig meile; Mit netzen, gruben, pogaren darzu, die man im stellet heimlich und verborgen zu rings um den garten, ich sach. doch sang der vogel stet in seinem garten und was genzlich unschedlich seinem gegenteile. Etlich geflügel darzu holf falk, geier, habicht, fledermeus und raben greif, löwen, beren, schwein und wolf den garten unten und oben umgaben, kunten doch nit zureißen in; doch war ir sin, den großen adler verhetzen zu kempfen, das er in und die jungen sein brechte in pein; etlich stachen auf in abent und morgen; doch welcher im mit kampf zu nahent wolt, das tet er mit sein scharfen kloen warten und hackt in, als er billig solt; des wurden sein feint über in erst grimme und versuchten an im noch baß ir heile. 3. Ich sach vier freulein um den vogel kün: das erst in weiß bekleit, die trug ein zedel; den vogel lert sin scharfe sin, wie er sich und sein nest regiert, besunder dem aufsatz der vögel und tier entweiche. Das ander freulein war bekleit in grün und trug ein wag und auch ein schwert ganz bloße, darmit sie etlich jaget hin, die im on alle ursach taten drenge; mit der wag dienet sie im gar sinreiche. Das dritt freulein, bekleit in bla, die trug in irer hent die klaren sunnen und leucht unter die vögel da: aus scham, forcht, schrecken ir gar vil entrunnen. die vierte mit harnisch, panzer nach heldes ger gewapnet war und trug ein hamer große, darmit treib sie die wilden tier vom garten schier zu schutz dem auserwelten vogel edel, und machte um in einen weiten raum, das dem unziefer wart der walt zu enge. also ich von dem süßen traum erwacht und lag in herzlich tiefem wunder, wer mir den auslegt mit kunst miltikleiche?