Lydia Noch ist dein Antlitz hell und mild Und sanft sind deine Augen; Du könntest zum Madonnenbild, Mit himmlischem Genügen In jungfräulichen Zügen, Dem frömmsten Maler taugen. Noch könnt' ein starkes, schlichtes Herz, Nicht achtend deines Falles, Mit stumm zurückgewies'nem Schmerz Bekränzen, früh Verirrte, Dein Haupt mit weißer Myrte – Verzeiht doch Liebe Alles! Noch könntest du so treu, so gut – Wenn du mit reu'ger Thräne In jenes Herzens milder Hut Gebüßt die Schuld der Erden – Zum reinsten Weibe werden, Wie einstens Magdalene. Das könntest du! – Doch büßen bleibt Ja fremd der raschen Jugend; Das Leben zum Genusse treibt – Wer möcht' es ihr verargen, Daß sie verlacht den kargen Und matten Lohn der Tugend? Wohlan denn – so genieße, Kind! Laß deine jungen Sinne – Wie Wölkchen oft vom Frühlingswind Zu heimlichen Gewittern Herangefächelt – zittern Im heißen Strahl der Minne. Doch wenn die Stunde kommen muß – O dann beglücke Jenen, Der längst nach deinem Feuerkuß, Nach deines Gürtels Sinken Und deiner Glieder Blinken Gelechzt mit trunk'nem Sehnen. Der längst erkannt, daß deinem Haupt, Dem schwer zurückgebog'nen, Der Unschuld erster Kranz geraubt – Daß mit bewußtem Trachten Schon diese Augen schmachten, Die bläulich leicht umzog'nen. Und was du hast an Gluth und Blut, Das lasse glüh'n und wallen – Und laß, umwogt von hoher Fluth, Wenn sich die Lippen pressen In seligem Vergessen Den letzten Schleier fallen! Das könntest du. – Doch matt und schwach Schlägt in der Brust das Herz dir – Und sorglos trägst du deine Schmach: Denn jener Tag vor allen, An welchem du gefallen, Bracht' weder Lust noch Schmerz dir. Nicht einmal zürnen kannst du, Weib, Wie schön es dir auch stünde; Du schmückst nur lächelnd deinen Leib, So schwach im Widerstreben, So treulos ohne Beben – So kühl selbst bei der Sünde. Ich aber, wie Pygmalion, Der schönheitstrunk'ne, wilde, Ich nahe mich zertrümmernd schon, Weil ich mich müh' vergebens Um einen Strahl des Lebens, Dem stummen Götterbilde!