Seligmann Hirsch 1. I. Die Saison in dem kleinen Kurorte, wo ich auf Anraten des Arztes das »kalte Wasser« gebraucht hatte, ging zu Ende. Die defekten Menschenexemplare, welche sich hoffnungs- und vertrauensselig hier zusammengefunden: ältere Standespersonen mit eingewurzelten Übeln, jüngere Lebemänner mit verdorbenen Säften, blutarme, an den Nerven leidende Damen – und endlich solche, die in dem anmutigen Tale bloß die Sommerfrische samt allerlei geselligen Zerstreuungen genießen wollten, waren nach und nach abgezogen. Selbst die letzten Kurgäste, die außer mir, der ziemlich spät eingetroffen war, noch am längsten ausgehalten: ein mürrischer Finanzrat, der von heftigen Kongestionen geplagt wurde und beständig ohne Kopfbedeckung, zu gewissen Stunden auch ohne Fußbekleidung umherging; eine etwas zweifelhafte Dame aus Wien, die mit einer höchst auffallenden Toilette die Reste einstmaliger Schönheit zur Schau trug; ein alter Geck und Bade-Habitué, der ihr den Hof machte – und last, not least ein interessanter, am Rückenmarke leidender Schöngeist, welcher in seinem Rollwägelchen der Gegenstand des allgemeinen weiblichen Mitleids gewesen war, mich aber durch unausgesetzte literarische Gespräche zur Verzweiflung gebracht hatte: auch diese vier Standhaften ergriffen jetzt infolge des plötzlich eingetretenen rauhen Herbstwetters, dem sich sogar ein tüchtiger Schneefall beigesellte, einhellig die Flucht – und ich blieb allein zurück. Zwar wurde mir nunmehr das Kurhaus sozusagen vor der Nase gesperrt, denn der ärztliche Leiter der Anstalt hatte schon längst alle Vorbereitungen getroffen, um seine winterliche Praxis in der Landeshauptstadt wieder aufzunehmen. Aber das kümmerte mich wenig. Ich hatte genug »Abreibungen« und »Einpackungen« genossen, infolge deren ich mich, um die Wahrheit zu bekennen, auch sehr wohl fühlte, und da mir die Gegend gefiel, so beschloß ich, noch einige Zeit zu verweilen, – ein Vorhaben, das von dem Besitzer des Gasthofes zu den »Drei Monarchen«, wo ich untergebracht war, mit großer Anerkennung begrüßt wurde; blieb ihm doch jetzt wenigstens ein Mensch erhalten, dem er die Rechnung nach dem üblichen Badetarif stellen konnte. Zudem war, wie ich vorausgesehen, den verfrühten Vorboten des Winters das herrlichste Wetter, ein wahrer Nachsommer, gefolgt. Klar und blau spannte sich der Himmel aus, die Bergeshäupter schimmerten im milden Sonnenglanze, und linde Wärme breitete sich über Flur und Wald, welch letzterer in seinem bunten Schmuck an die Worte des Dichters erinnerte: »Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln, Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln!« Welch ein Genuß war es jetzt, in sicherer Einsamkeit zwischen den hohen Buchen und Fichten dahin zu wandeln! Wie lohnend, eine Anhöhe zu ersteigen, auf den malerisch gelegenen Ort hinab- und in die weite Gebirgsferne hineinzublicken, ohne durch Ausbrüche landläufigen Entzückens gestört zu werden! Wie angenehm, auf der Terrasse des Gasthofes zu frühstücken und statt nachbarlichen Tassen- und Löffelgeklappers samt obligatem Badeklatsch bloß das Rauschen des Flusses zu vernehmen, der sich unten silberhell durch grüne Triften schlängelte! Es war eben, als trete erst jetzt die ganze Landschaft in voller, ungetrübter Schönheit hervor. Selbst mein Zimmer, das mir früher wie die Abteilung eines Taubenschlages vorgekommen, heimelte mich, seit das Haus leer geworden, ganz wohnlich an. Um es recht bequem zu haben, mietete ich noch ein anstoßendes kleineres dazu – und so befand ich mich endlich wieder in dem behaglichen Zustande tätigen Alleinseins, der mir im Leben stets der erwünschteste gewesen ist. Eines späten Nachmittags – ich pflegte um diese Zeit zu essen – saß ich, bei Kaffee und Zigarre angelangt, im Speisezimmer des Gasthofes und vertiefte mich in die Zeitungen, welche eben mit der Post eingetroffen waren. Die Hängelampe über dem Billard, das in der Mitte des Raumes stand, war bereits angezündet, und eine trauliche Stille herrschte, die nur hin und wieder unterbrochen wurde, wenn draußen in der Schankstube, wo einige harmlose Kleinbürger in ziemlich schweigsamer Geselligkeit beisammen saßen, ein frisches Glas begehrt und gefüllt wurde. Plötzlich waren von dort her Schritte eines Eintretenden zu vernehmen – und gleich darauf eine überlaute, schnarrende Stimme. »Ha! Ha! Noch immer die alte Gesellschaft beisammen! Grüß Gott, Herr Schreinermeister! Und auch Sie, Herr Lederermeister! Willkommen, Herr Gamilschegg! (Das war der Krämer des Ortes.) Freut mich, Sie alle wieder zu sehen!« Der Sprecher schien kein Gewicht darauf zu legen, daß diese Begrüßung offenbar sehr kleinlaut erwidert wurde, und fuhr fort: »Auch die hübsche Cilli noch hier! (Das galt dem Schenkmädchen, welches nebenbei die Dienste einer Kellnerin verrichtete.) Also noch immer nicht verheiratet? Und auch an Kurmachern wird es mangeln, seit die Kurgäste fort sind. (Er belachte das Wortspiel sehr laut und selbstgefällig.) Am Ende werd' ich alter Knabe doch noch aushelfen müssen! Oder sollte gar Ihre Frau Ursache zur Eifersucht haben, Herr Matzenoër? (Damit war der Hotelwirt gemeint, der eigentlich Matzenauer hieß; aber der Ankömmling schien den Diphthong an bisweilen wie o auszusprechen.) Ich will nicht hoffen! – Und wie sieht es denn da drinnen aus? Gewiß auch noch alles auf demselben Fleck!« Schwere, schlurfende Tritte näherten sich der offenen Tür, die in das Speisezimmer führte, und die robuste, breitschulterige Gestalt eines Mannes zeigte sich, der auf der Schwelle stehen blieb und weit vor sich hin ausspuckte. Er mochte ungefähr sechzig Jahre zählen. Sein fleischiges, gerötetes Gesicht, das buschige Brauen, stark entwickelte Backenknochen und eine plump geschwungene Nase aufwies, war von einem teilweise ergrauten Barte, einem sogenannten collier grec eingerahmt. Auf dem Kopfe saß ihm, schief und zerknüllt, eine phantastische Reisemütze; ein langer Überwurf mit Pelzkragen stand vorne offen und ließ abgetragene, nicht allzu reinlich gehaltene Unterkleider, aber auch eine große Busennadel aus Brillanten und eine massive goldene Uhrkette sehen. In der kurzfingerigen, mit Ringen überladenen Hand hielt er eine ungeheure Zigarrenspitze aus Bernstein, an welcher er pustend sog, die Füße steckten in weiten Stiefeln mit Tuchbesatz. Die ganze Erscheinung hatte etwas Groteskes und dabei Fremdartiges; der Mann sah aus wie ein Armenier oder Bulgare. Er räusperte sich und spuckte noch einmal, dann trat er ein. Als er jetzt meiner ansichtig wurde – ich saß ziemlich abseits – stutzte er, grüßte jedoch nicht, obgleich er mich, während er langsam das Billard umschritt, mit einem lauernden Seitenblick im Auge behielt. Dann ließ er sich in einiger Entfernung von mir auf einen Stuhl nieder und starrte mich an. Diese Musterung wurde mir unangenehm; ich kehrte mich zur Seite. Nunmehr erhob er sich wieder, langte ein illustriertes Journal herab, das im Halter an der Wand hing, und begann, nachdem er einen Nasenklemmer aufgesetzt, mit dem Rücken an das Billard gelehnt, die Bilder zu betrachten. Nach und nach vertiefte er sich auch in den Text. Er bewegte dabei nach Art mancher alten Leute die Lippen, gleichsam jedes Wort im stillen nachsprechend. Allmählich aber gab er auch ein Geräusch von sich. Zuerst war es ein dumpfes Gemurmel, dann ein vernehmbares Buchstabieren – endlich fing er, gewissermaßen in Fluß kommend, mit lauter Stimme zu lesen an. Erst jetzt erkannte ich an der eigentümlich singenden und gezogenen Aussprache den Juden. Seiner Redeweise mit anderen, die im ganzen etwas Weitläufiges hatte, konnte dies nicht entnommen werden; nun aber, da er sich selbst überlassen war, traten die spezifischen Merkmale hervor. Dabei hatte seine Stimme, obwohl sie eines gewissen sonoren Klanges nicht entbehrte, doch etwas so unangenehm Lautes und Eindringendes, daß es mir durch Mark und Bein ging und alle Nerven in Aufregung brachte. Ich konnte nicht länger an mich halten und rief: »Mein Herr, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie nicht allein sind!« Er schrak zusammen und blickte mich mit offenem Munde an. Dann lüftete er mit demütiger Gebärde Mütze und stammelte: »Entschuldigen Sie.« Aber gleich darauf nahm er eine vornehme Haltung an und sagte herablassend: »Ist Ihnen vielleicht die Zeitung gefällig?« »Danke. Ich habe das Blatt schon gelesen.« Damit drehte ich ihm den Rücken. Ich vernahm, wie er das Journal beiseite legte, ein paarmal, wie unschlüssig, am Billard hin und her ging – dann einen Seufzer ausstieß und behutsam aus dem Zimmer schlich, so zwar, daß es mich schon gereute, ihn derart angelassen zu haben. Aber draußen in der Schankstube stimmte er sofort wieder seinen lautesten, jovialsten Ton an. »Nun, Herr Matzenoër, wie steht's mit dem Abendessen? Gibt es Forellen?« »Leider nicht, Herr von Hirsch. Wie sollte ich jetzt –« »Verstehe! Verstehe! Keine Nachfrage in dieser Zeit! Keine Gäste! Aber ein Huhn wird mir die Frau Gemahlin doch einfangen können? Was?« »Gewiß, Herr von Hirsch.« »Also ein Huhn! Mit Salat! Es wird wohl auch eine Weile dauern – ich gehe indessen hinauf. Adieu, meine Herren! Auf Wiedersehen!« Diese letzten Worte galten jedenfalls der Tischgesellschaft, die sich aber ganz schweigend verhielt. Als er sich entfernt hatte, pochte ich an ein Glas, worauf sofort Herr Matzenauer erschien, der als echt ländlicher Hotelier seine Gäste, soweit es anging, selbst bediente. »Sagen Sie mir doch, wer war denn das?« rief ich ihm zu. »Ein Herr Hirsch aus Wien«, erwiderte er mit seinem gewohnten, verschmitzt offenherzigen Lächeln. »Kennen Sie ihn nicht?« »Den Teufel auch. Wer soll alle Hirsche kennen! Aber was macht er denn hier?« »Er erwartet seinen Sohn, der gegenwärtig mit Familie in Italien ist. Sie wollen hier zusammentreffen, um dann gemeinschaftlich nach Wien zurückzureisen.« »Und wann wird das sein?« »Ja, das weiß ich nicht. Etwa in acht Tagen.« »Wo haben Sie ihn denn untergebracht?« »Auf Nummer 5.« »Was? So nahe bei mir?« »Es war ohnehin meine Absicht, ihn auf Nummer 12 zu geben; aber er wollte durchaus sein früheres Zimmer haben.« »Sein früheres Zimmer?« »Er ist ja ein alter Bekannter. Vor zwei Monaten hat er hier die Kur gebraucht; gerade als Sie eintrafen, zog er ab. Wo er sich inzwischen aufgehalten, ist mir nicht bekannt. Wahrscheinlich in Graz. Wenigstens ist er jetzt von dort gekommen. Aber entschuldigen Sie, ich muß nach der Küche sehen.« Damit ging Herr Matzenauer lächelnd ab und ließ mich in recht übler Laune zurück. Denn dieser unvermutete Gast legte mir unter allem Umständen einen gewissen nachbarlichen Verkehr auf, der mich um so mehr aus meiner glücklichen Ruhe und Stimmung zu bringen drohte, als der neue Ankömmling eben sein besonders angenehmer Mann war. Endlich erhob ich mich und ging auf mein Zimmer. Dort zündete ich die Lampe an und nahm ein Buch zur Hand. Aber mit dem Lesen ging es nicht; meine Gedanken schweiften beständig zu diesem Herrn Hirsch hinüber, den ich auch ganz deutlich in seinem Zimmer rumoren hörte; wahrscheinlich packte er seine Koffer aus. Und dabei erkannte ich neuerdings, wie dünn die Wände waren und erinnerte mich, was ich schon früher unter den verschiedenartigen Geräuschen gelitten hatte, die von allen Seiten zu mir herübergedrungen waren. In gelinder Verzweiflung trat ich ans Fenster und blickte hin aus, um zu sehen, ob nicht wenigstens für heute ein abendlicher Spaziergang möglich sei. Pfadlose Dunkelheit lag über der Gegend; ich war also ein Gefangener. Da fiel mir ein, daß ich einige notwendige Briefe zu schreiben habe, ein Geschäft, das ich schon ungebührlich lange hinausgeschoben. Zu derlei kann man sich zwingen – und ich zwang mich. Als ich mich an den Schreibtisch setzte, verließ mein Nachbar das Zimmer und stapfte die Treppe hinunter. Nun hatte ich Luft – und bald war ich derart in meinen Gegenstand vertieft, daß ich mich erst wieder auf die Umstände besinnen mußte, als nach etwa zwei Stunden Herr Hirsch, von unserem Wirte geleitet, zurückkehrte. »Also gute Nacht, Herr Matzenoër!« rief er. »Eigentlich wär' es die Pflicht der Cilli gewesen, mir heraufzuleuchten – aber Sie sind ein vorsichtiger Mann!« Dabei gab er eine dröhnende Lachsalve von sich. Herr Matzenauer empfahl sich. Herr Hirsch aber schritt im Zimmer auf und ab, wobei er polternd einige Gegenstände zurecht schob. Hierauf begann er eine Arie aus Norma zu pfeifen und in allen Tonarten zu singen. Endlich trat einige Ruhe ein, und ich glaubte zu erkennen, daß er anfing, sich zu entkleiden; wirklich fielen nach einer Weile seine schweren Stiefel mit dumpfem Schall zu Boden. Bald nachher folgte ein lautes, langgedehntes »Ah!« des Behagens, ein Zeichen, daß er sich im Bett ausgestreckt habe. Rasch entschlossen, bereitete auch ich mich zur Nachtruhe, schlüpfte unter die Decke und blies das Licht, aus. Schon lag ich in halbem Schlafe, als ich plötzlich durch ein entsetzliches Röcheln aufgeschreckt wurde; es war, als würde nebenan jemand erdrosselt. Sollte dem alten Mann etwas zugestoßen sein? – und schon wollte ich aus dem Bette springen. Aber meine Angst war grundlos. Denn ich hatte bald erkannt, daß jenes Röcheln nur das Präludium eines so kräftigen Schnarchens gewesen, wie ich es im Leben niemals vernommen. In allen Modulationen erklang es: bald wie der ruckweise, gleichmäßige Gang einer Sägemühle, bald in zitternden, gequetschten Gurgel- und Nasenlauten – bald mit so furchtbarem, langgezogenem Gerassel, als wollte es das stille, nachtschlafende Haus in seinen Grundfesten erschüttern. 2. II. Am Morgen stand es bei mir fest: mit diesem Manne konnte ich nicht unter einem Dache bleiben. Die Frage war nur, was beginnen? Aber hatte ich mir denn nicht schon längst vorgenommen, einmal nach Graz zu fahren? Ich mußte mich ja mit manchem Notwendigen, vor allem mit gewissen Büchern, versorgen, die ich in jener Stadt aufzutreiben hoffte. Auch fiel mir jetzt ein, daß dort einer meiner Verwandten lebe, den aus solcher Nähe aufzusuchen, eigentlich meine Pflicht war. Ich konnte mich ja mehrere Tage, konnte mich eine Woche ferne halten – und bis dahin würde Herr Hirsch wohl abgereist oder doch wenigstens nicht lange mehr hier sein. Also nach Graz! Ich beeilte mich, diesen rettenden Gedanken mit Benützung des nächsten Bahnzuges zur Tat zu machen, kleidete mich, während mein Nachbar noch hörbare Schlummertöne von sich gab, rasch an und begab mich zum Frühstück hinunter, wobei ich meinen Entschluß Herrn Matzenauer ankündigte. »Was?« rief dieser betreten. »Sie wollen fort? Doch nicht etwa wegen des Herrn Hirsch?« »Allerdings.« »Das sollten Sie nicht. Lernen Sie ihn nur erst näher kennen. Er hat zwar seine Eigenheiten – ist aber ein ganz gemütlicher alter Mann.« »Er schnarcht wie ein Bär.« »Daran würden Sie sich bald gewöhnen. Auch könnten Sie ja ein anderes Zimmer nehmen.« »Das ist mir zu umständlich«, sagte ich kurz abweisend. »Nun, ich meinte ja nur. Sie begreifen, wie leid es mir tut, Sie zu verlieren; ich hatte gehofft, daß Sie über Neujahr bleiben würden. Wenn Sie übrigens wirklich wieder kommen – –« »Gewiß komme ich wieder. Ich lasse ja meine Sachen zurück und nehme nur das Notwendigste mit. Ich hätte mich jedenfalls auf kurze Zeit nach Graz begeben, denn ich habe dort zu tun. Erwähnen Sie daher Herrn Hirsch gegenüber nichts; ich möchte nicht gerne jemanden verletzen.« Nach einer halben Stunde fuhr ich mit Plaid und Handkoffer ab. * * * Als ich wieder eintraf war meine erste Frage: »Nun, ist er fort?« »Noch immer nicht«, erwiderte Herr Matzenauer verlegen und überdies sichtlich verstimmt. »Er hat einen Brief von seinem Sohn erhalten, worin dieser mitteilt, daß er sich noch einige Tage in Venedig auf zuhalten gedenke.« »Das war vorauszusehen!« rief ich ärgerlich. »Aber was haben Sie denn? Sie machen ja ein ganz saueres Gesicht.« Herr Matzenauer kratzte sich leicht am Hinterhaupte. »Ich will Ihnen nur gestehen,« sagte er, »daß es mir jetzt auch schon zu viel wird.« »Wieso?« »Nun sehen Sie: ich bin Hotelbesitzer, und als solcher muß ich auf Gewinn bedacht sein. Daher war mir auch das Erscheinen eines neuen Gastes sehr angenehm. Herr Hirsch ist ein reicher Mann – oder vielmehr sein Sohn ist es – und der Alte läßt viel aufgehen. Aber er macht auch die unglaublichsten Ansprüche. Alle erdenklichen Möbel will er in seinem Zimmer haben; kein Stuhl ist ihm weich, kein Bett lang und breit genug, fast täglich muß irgend ein Umtausch getroffen werden. Und jederzeit sollen Leckerbissen da sein. Die sind aber auf dem Lande – und nun gar für eine Person – schwer zu beschaffen; in erster Linie kosten sie Geld. Infolgedessen findet Herr Hirsch, der bei allem Wohlleben mit dem Kreuzer knickert, die Rechnung immer zu hoch beziffert. Meine Frau will schon gar nicht mehr für ihn kochen, weil ihm kaum eine Speise recht zubereitet ist; ich muß mich rein aufs Bitten verlegen.« »Hm –« »So anspruchsvoll war er doch im Sommer nicht. Freilich hatte er da eine gewisse Diät zu befolgen – auch mußte er sich der anderen Gäste wegen Zwang auferlegen; denn er hatte noch das Kurhaus in frischer Erinnerung.« »Das Kurhaus?« Herr Matzenauer errötete leicht. »Ich Hab' es Ihnen früher verschwiegen – aber jetzt sollen Sie's wissen. Er hatte sich bei der ganzen Badegesellschaft unleidlich gemacht. Jedermann wich ihm aus, besonders die Damen – und schließlich wollte man ihn nicht einmal mehr am Kurhaustische dulden. Da hat er sich zu mir geflüchtet, damit er doch etwas zu essen bekommt.« »Sehen Sie wohl! Aber was hilft's?« fuhr ich resigniert fort. »Man muß Geduld haben. Er wird doch nicht ewig hier bleiben.« »Das hoff' ich auch. Wenn er mir nur nicht die paar Stammgäste aus der Schankstube vertreibt. Ich muß sie jetzt im Winter doppelt schätzen. Es sind stille, ernsthafte Leute, und seit die Abende länger geworden, machen sie gern unter sich eine Tarockpartie. Herr Hirsch aber, der sich zu Tod langweilt und überdies aufs Spiel versessen ist, wie der Teufel, möchte immer mithalten. Die anderen wollen jedoch durchaus nicht; man hat hier zu Lande noch immer eine gewisse Antipathie gegen die – Sie verstehen mich. Und überhaupt wollen sie mit keinem Fremden spielen. Das aber können sie ihm doch nicht verwehren, daß er sich zu ihnen setzt und dem Spiel zusieht. Und wenn er sich ruhig verhielte, möcht' es immerhin sein. Aber er macht in einem fort Bemerkungen und Ausstellungen; dabei werden die Leute konfus und ärgern sich. Erst vorgestern sagte der Tischler, der nicht gerade der Feinste ist, zu mir: Sie, Herr Matzenauer, wenn Sie uns den alten Juden nicht vom Tisch halten, so wandern wir in die Sonne aus. – Denken Sie nur, in die elende Kneipe am untersten Ende des Platzes! Hierauf hab' ich dem Hirsch die Sache sehr deutlich zu verstehen gegeben – aber am nächsten Tage saß er schon wieder dort. Am Ende kommt es noch zu einem Skandal.« Mit diesem Ausruf schloß Herr Matzenauer seine Auseinandersetzungen und entfernte sich eilig, da draußen nach ihm verlangt wurde. Ich aber blieb bei dem Glase Bier sitzen, das ich mir bei meiner Ankunft in das Speisezimmer hatte bringen lassen. Der Tag neigte sich dem Abend zu. Die letzten Strahlen der Novembersonne fielen schräg durch die Scheiben auf den Fußboden des Gemaches; im Ofen flackerte, der Jahreszeit angemessen, ein leichtes Feuerchen; aus der Schankstube herein tönte das Ticken der Schwarzwälderuhr – und hin und wie der ein Wort, ein Ausruf, welcher samt leisem Kartengeräusch anzeigte, daß die Winterstammgäste bereits mit einer nachdenklichen Tarockpartie begonnen hatten. Dies alles heimelte mich wieder ganz traulich an, und nur das Bewußtsein, daß Herr Hirsch noch immer im Hause sei, ließ kein volles Behagen in mir aufkommen. Da vernahm ich, wie er draußen eintrat. »Aha! Die Spielratten schon beisammen! Glück auf, Herr Gamilschegg! Sie haben gestern Pech gehabt. Aber Sie haben auch miserabel gespielt. Warten Sie, heute setz' ich mich zu Ihnen. Da wird es gleich besser gehen!« Der Ortskaufherr murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Herr Hirsch aber rückte sehr hörbar einen Stuhl heran, während das Spiel seinen Fortgang nahm. Und es dauerte nicht lange, so begann er Kritik zu üben. »Aber warum denn eine Farbe, Herr Gamilschegg? Tarock hätten Sie bringen sollen. Also jetzt Tarock! Nicht so nieder – höher! höher!« »Sie machen mich ja ganz irre, Herr von Hirsch – –« »Nichts da! Nur fort so – Tarock und wieder Tarock!« »Sie haben leicht raten, Herr Hirsch«, warf eine brummige Stimme ein, die offenbar dem Tischler an gehörte. »Sie sehen ja in alle Karten!« »Wie heißt sehen?« rief Hirsch, bei dem sich im Eifer spezifische Anklänge geltend machten. »Nichts seh' ich! Gar nichts! – So, Herr Gamilschegg! Und jetzt den Scüs drauf! Gewonnen! Was hab' ich gesagt?« Die Karten wurden gemischt und von neuem umgegeben. Aber Herr Gamilschegg schien wieder nicht zur Zufriedenheit seines Mentors zu spielen; denn dieser erschöpfte sich in Verweisen und Ratschlägen. Das dauerte noch eine Weile; endlich schien es den anderen zu viel zu werden. Karten wurden auf den Tisch geworfen, und gleich darauf erdröhnte die vorige Stimme: »Entweder Sie halten Ihr Maul – oder wir hören zu spielen auf!« Einen Augenblick war es still. Auf solche Worte zeigte sich Herr Hirsch zweifelsohne nicht vorbereitet. Endlich stammelte er: »Seien Sie doch nicht so grob, Herr Schreinermeister.« »Grob oder nicht. Wir brauchen niemand, der uns beständig dreinred't!« »Dreinreden? Ich rede ja gar nicht darein!« »Gewiß, Sie stören das Spiel, Herr von Hirsch«, warf der Krämer sehr artig, gleichsam als Entschuldigung ein. »Ich meinte es ja gut! Ich habe Ihnen helfen wollen – –« »Das ist nicht notwendig!« donnerte der Tischler. »Der Herr Gamilschegg weiß selbst, wie er zu spielen hat. Und kurz und gut: Schauen Sie, daß Sie weiter kommen, sonst zeigen wir Ihnen, wo die Tür ist.« Auf diese Tathandlung wollte es der so roh Zurechtgewiesene jedenfalls nicht ankommen lassen, denn er erschien sofort im Speisezimmer, bleich, mit schlotternden Knien. Er wankte mühsam bis zu einem Stuhl, der in der Nähe des Fensters stand, sank darauf nieder und bedeckte sein Antlitz mit den beringten Händen. »Gott, du Gerechter! Nirgends will man mich dulden – überall stößt man mich weg – was soll ich tun, was soll ich beginnen, ich armer, geschlagener Mann!« Dieser halblaute Ausbruch eines tiefen, verzweiflungsvollen Schmerzes hatte etwas Ergreifendes. Ich war, um es offen zu bekennen, der dramatischen Szene, die sich nebenan abgespielt, nicht ganz ohne Schadenfreude gefolgt; nun aber schlug diese sofort in Mitleid um. Ich machte eine Bewegung. Jetzt erst gewahrte er mich und sah mich lange mit steigender Aufmerksamkeit an; er wollte offenbar Erinnerungen sammeln, was ihm aber nicht zu gelingen schien. Endlich stand er auf, näherte sich mir und sagte ohne jegliches Zeichen der Beschämung oder Verlegenheit, nur im Tone einer vorwurfsvollen Anklage: »Haben Sie gehört, wie man mich da draußen behandelt hat?« »Leider hab' ich es hören müssen. Aber nehmen Sie die Sache nicht zu schwer. Sie hätten sich mit diesen Leuten gar nicht einlassen sollen.« »Da haben Sie recht! Es ist gemeines Volk. Aber ich bin nun einmal ein vorurteilsloser Mann und kenne keine Standesunterschiede – obgleich ich allen Grund hätte, solche zu machen. Denn ich habe im Leben mit den höchsten Persönlichkeiten verkehrt – und erst unlängst bei einer Whistpartie assistiert, an welcher ein General und zwei Hofräte teilgenommen.« »Desto vorsichtiger hätten Sie sein sollen.« »Richtig! Ganz richtig! Vorsichtig hätte ich sein sollen! Leider, leider bin ich es nie gewesen! – Aber mit wem habe ich eigentlich die Ehre, zu sprechen?« fuhr er fort, indem er plötzlich eine stolze Haltung annahm. Ich nannte meinen Namen. Er sah nachdenklich in die Luft und schüttelte dann den Kopf, um anzudeuten, daß er diesen Namen niemals gehört habe. »Und sind Sie von hier?« »Nein.« »Und von wo, wenn ich fragen darf?« »Aus Wien.« »Aus Wien!« rief er laut und breitete die Arme aus, als wollte er mich ans Herz drücken. »Aus Wien! Da kennen Sie gewiß meinen Sohn!« »Ich habe nicht die Ehre.« »Was? Sie kennen den Hirsch nicht? Den Ritter von Hirsch? Großhändler – Direktor der *Bank? – Aber Sie sind wohl nicht von der Geschäftswelt?« »Nein, ich bin nicht von der Geschäftswelt.« »Und was sonst, wenn ich mir erlauben darf?« »Ich privatisiere.« Diese Antwort hatte ich schon ganz anderen Leuten, als Herrn Hirsch, erteilt. »Ah so! Ah so! Und was machen Sie denn hier?« »Ein Landaufenthalt – –« »Ein Landaufenthalt? Um diese Zeit? Bei beginnendem Winter? Seltsamer Geschmack! Wenn ich mit meinem Sohn, der gegenwärtig in Venedig ist, nicht hier ein Rendezvous hätte, würde mich dieses Nest nicht mehr zu Gesichte bekommen haben.« Und dann ganz plötzlich: »Spielen Sie Karten?« »Niemals!« »Was? Ein Wiener – und nicht Karten spielen? Schämen Sie sich! Aber doch Billard? Wie?« »Nun ja, hin und wieder – wenn sich's gerade trifft – –« »Schön! Da können wir uns gleich unterhalten!« Und er rannte auf das Billard los. Ich wollte Einwendungen erheben. »Nein! Nein! Sie dürfen es mir nicht abschlagen! Sie müssen mit mir spielen!« Und da ich immer noch keine rechte Bereitwilligkeit zeigte, fuhr er in flehendem Tone fort: »Ich bitte, spielen Sie mit mir!« »In Gottes Namen! Fünf Partien.« »Bravo! Fünf Partien! Aber wir müssen Licht haben – es wird schon ganz dunkel. Herr Matzenoër! Herr Matzennoër!« Und als dieser in dienstfertiger Eile erschien: »Zünden Sie die Lampe an! Ich werde mit diesem Herrn Billard spielen!« Er war offenbar in gehobenster Stimmung und hatte den unangenehmen Vorfall bereits vollständig vergessen. Herr Matzenauer sah mich erstaunt an, machte Licht und begab sich in die Schankstube zurück, aus der sich die Gäste inzwischen entfernt zu haben schienen. »So, nun können wir beginnen«, rief Herr Hirsch, einen Kugelstab aus der Lade ziehend. »Wählen Sie nur eine gute Queue – das ist die Hauptsache. Ich gebe Acquit. Und nun zeigen Sie, was Sie können.« »Da werden Sie nicht viel sehen. Ich bin ganz aus der Übung.« »Bescheidenheit! Pure Bescheidenheit! Ich bin überzeugt, daß Sie vortrefflich spielen. Aber an mir sollen Sie Ihren Meister finden.« »Daran zweifle ich nicht«, erwiderte ich, den ersten Stoß vollführend. »Ausgezeichnet! Sehen Sie, wie Sie es treffen! Aber geben Sie acht, nun komme ich!« Damit legte sich Herr Hirsch mit der ganzen Wucht auf das Billard und zielte lange. Da er aber zu tief ansetzte und übermäßig stark zustieß, so sprang der Ball in die Höhe und über den Rand hinaus. »Oho! Nicht geschmiert! Wo ist die Kreide? Wer schlecht schmiert, fährt schlecht!« Er lachte laut über den abgedroschenen Witz. Die Partie nahm ihren Fortgang. Herr Hirsch lobte mein Spiel überschwenglich, suchte mich aber stets durch prahlerisch angekündigte »Kunststöße« zu überbieten. Da jedoch diese fast durchgehends mißlangen, so kam es, daß ich zuletzt Sieger blieb. Als ich jetzt die Queue aus der Hande legen wollte, gab dies mein Gegner nicht zu. Er könne sich nicht überwunden geben, sagte er, und es müßten noch fünf Partien gespielt werden. Ich machte gute Miene, da ich mich aber bereits entsetzlich langweilte und infolgedessen sehr unaufmerksam spielte, so gewann diesmal Herr Hirsch. »Und jetzt die Meisterpartie!« rief er. »Was?« »Gewiß! Nunmehr stehen wir gleich; eine letzte Partie muß den Ausschlag geben.« Es kam mir nicht mehr darauf an, und um wirklich ein Ende zu machen, ließ ich ihn gewinnen. »Sehen Sie,« rief er strahlend vor Triumph, »ich hab' es Ihnen vorausgesagt! – Aber nun wollen wir soupieren! Sie werden wohl auch zu Abend essen und mir erlauben, daß ich mich an Ihren Tisch setze.« Ich konnte nichts dagegen haben und ließ es geschehen, daß er den Wirt herbeirief. »Herr Matzenoër, ich werde mit diesem Herrn soupieren! Was Sie mir zu bringen haben, wissen Sie. Auch eine kleine Flasche Bordeaux!« Da ich in Graz sehr früh zu Mittag gegessen hatte, bestellte auch ich etwas. Als wir an dem frischgedeckten Tisch saßen, füllte Herr Hirsch sein Spitzglas und hob es, mir zutrinkend, empor. »Auf unsere Bekanntschaft!« sagte er mit Emphase. Plötzlich aber hielt er inne und blickte mich starr an. »Seltsam! Ich muß Sie doch schon irgendwo gesehen haben.« »Gewiß«, erwiderte ich lächelnd. »Vor acht Tagen auf demselben Platze.« Im Antlitz des Herrn Hirsch vollzog sich eine unbeschreibliche Veränderung; es ging sozusagen aus den Fugen. »Das waren Sie?« stammelte er. Dann verstummte er, und seine Unterlippe sank herab. Mit einemmal aber lachte er laut auf, stemmte die Hände in die Seiten und rief: »Was haben Sie damals von mir gedacht?« Ich zuckte ausweichend die Achseln. »Nein, nein! Nur heraus damit! Sie haben sich gedacht: dieser Mann hat keine Lebensart.« »Nun – wenn Sie selbst – –« »Nicht wahr, ich hab' es getroffen? O, ich weiß, ich weiß! Man glaubt das allgemein von mir. Aber ich sage Ihnen, ich habe Lebensart – ich muß Lebensart haben, denn ich bewege mich in Wien in der feinsten Gesellschaft. Auf dem Lande freilich, in der Fremde, laß ich mich gehen.« Wie um diese Behauptung zu erhärten, fuhr er mit dem Messer in einen kleinen Berg von Kaviar, den man ihm auf einem Schüsselchen vorgesetzt hatte, und führte die Spitze zum Munde. »Ausgezeichnet! Echter Astrachan! Davon müssen Sie kosten! Ich habe ihn eigens für mich kommen lassen. Aber so versuchen Sie doch!« Ich wollte ihn nicht verletzen und nahm ein bißchen von dem großkörnigen Roggen, der in der Tat vortrefflich war. »Sie sind ein Feinschmecker«, sagte ich. »Ja, das ist meine Schwäche – meine einzige Schwäche. Wenn Sie so lange leben, wie ich, werden Sie gleichfalls dahinter kommen, daß ein guter Bissen der reellste Genuß ist. Und ich kann's vertragen. Meine Verdauung läßt nichts zu wünschen übrig. Für wie alt halten Sie mich?« »Etwa sechzig –« »Fehlgeschossen! Weit fehlgeschossen! Siebzig, sage ich Ihnen, siebzig! Zweiundsiebzig! Ja, man sieht es mir nicht an. Ein wenig Gicht in den Beinen – im übrigen bin ich vollkommen gesund und nehme es noch mit manchem Jungen auf. – Aber nun raten Sie, was ich mir nach dem Kaviar bestellt habe?« »Nun, was denn?« »Wildschwein! Köstliches Wildschwein, das ein benachbarter Förster in die Küche geliefert hat. Es ist jetzt gerade die Zeit. Sie sehen mich an? Sie lachen? Sie wundern sich, daß ich als Jude derlei esse.« »Daran habe ich gar nicht gedacht.« »Sie haben! Sie haben! Aber Sie sehen keinen Orthodoxen vor sich – obgleich ich in Galizien unter solchen aufgewachsen bin. Ich war seit jeher ein Freidenker, ein Aufgeklärter, und habe deswegen in früherer Zeit – jetzt ist es freilich ganz anders – manches Ärgernis erregt. Und nun gar bei meiner Frau! Die war – Gott lasse sie ruhen – in solchen Dingen von einer Strenge – eine wahre Chassidim! Etwas zu genießen, was gegen die Speisegesetze verstieß, erschien ihr als das größte Verbrechen. Seligmann, sagte sie oft zu mir, wenn ich in dieser Hinsicht gesündigt hatte, Seligmann – so heiße ich nämlich – du bist ein Abtrünniger! Und erst am Sabbat! Da hatt' ich meine Not. Keine Pfeife durfte ich mir anzünden – damals rauchte man noch aus Pfeifen –, keinen Brief durfte ich schreiben – nicht einmal lesen. Aber dabei war sie eine prächtige Frau, wie man heutzutage keine mehr findet. Und von einer Schönheit! Geweint hab' ich, geweint wie ein Kind, als man ihr am Hochzeitstag die tiefschwarzen Haare abschnitt. Welch ein Unsinn! Aber damals ging es nicht anders. Ja, das war eine Frau, meine Gittel!« Er versank in sich und seine Augen wurden feucht. Jetzt erschien der Eberbraten. Herr Hirsch blickte empor. »Nun? Sieht das nicht appetitlich aus? Nehmen Sie doch auch ein Stückchen!« Und trotz meiner Einwendungen legte er mir eine Schnitte auf den Teller und fuhr, während er behaglich zu schmausen anfing, fort: »Es ist seltsam, wie sich manchmal die Dinge fügen. Ich habe eine eingefleischte Jüdin zur Frau gehabt, obgleich ich selbst, wie schon gesagt, niemals ein besonders guter Jude gewesen bin. Mein Sohn ist es viel mehr als ich – und sehen Sie, der hat wieder eine Frau, die sich ihres Judentums schämt. Sie stammt aus sehr feinem, vornehmem Hause – und gebildet ist sie – gebildet! Alle Sprachen spricht sie – und Bücher liest sie, von denen wir beide keine Ahnung haben. Aber sie ist auch eitel, sehr eitel! Alles, was in Wien irgendwie hervorragt, soll sich in ihrem Hause versammeln: Staatsmänner, Gelehrte, Künstler und Schriftsteller. Und die meisten kommen auch – obgleich man noch immer sehr gegen uns eingenommen ist – und diejenigen, die es nicht merken lassen wollen, sind es am meisten. Alle diese Leute erscheinen wohl im Salon, setzen sich auch nicht ungern an die Tafel – sobald sie aber wieder draußen sind, schütten sie sich schon auf der Treppe gegen die Juden aus. Ich weiß das. Und auch meine Schwiegertochter weiß es, obwohl sie es sich nicht eingestehen will. Daher fühlt sie sich im geheimen verstimmt, gedemütigt. Und mein Sohn liebt sie. Fabelhaft ist es, wie er sie liebt. Zehn Jahre sind sie schon verheiratet – und noch immer ist er so feurig, so voll Anbetung, wie am ersten Tage. Und sie ist nichts weniger als schön. Geist hat sie freilich – Geist und Energie. Sie wird es dahin bringen, daß sich mein Sohn taufen läßt – oder wenigstens die Kinder, damit sie nicht mehr als Hebräer in der Welt herumlaufen.« »Und wäre Ihnen dies sehr unerwünscht?« »Unerwünscht? Mir? Mein Gott, Sie wissen ja, daß ich kein Fanatiker bin, und schon vor Jahren hab' ich es zum Entsetzen der Gemeinde ausgesprochen, daß uns allen schließlich nichts anderes übrig bleiben wird. – Und selbst wenn es mir nicht recht wäre, was könnt' ich dagegen tun? Man muß seine Kinder gewähren lassen.« Er seufzte und schob nachdenklich den Teller beiseite. »Haben Sie mehrere Kinder?« fragte ich nach einer Pause. »Gehabt! Gehabt! Im ganzen waren es vier; zwei davon sind schon in früher Jugend gestorben. Nur dieser Sohn ist mir geblieben – und eine Tochter.« Er schwieg eine Zeitlang, dann fragte er plötzlich: »Kennen Sie den König Lear von Shakespeare?« (Er sprach Liar und Schikispir aus.) »Ja – ich kenne das Stück.« »Nun also, ich bin auch so ein König Liar! Doch nein,« fuhr er mit hastiger Einschränkung fort, »Sie dürfen nicht glauben, daß meine Tochter eine Recha oder Gonowril ist – aber sie ist auch keine Ophelia. Ich will Ihnen die Sache erklären.« Er lehnte sich weit zurück und fuhr nach einer Pause fort: »Wie Sie mich da vor sich sehen, bin ich ein armer Mann. Das heißt, wie man's nimmt – ich habe, was ich brauche. Aber ich bin einst ein reicher, sehr reicher Mann gewesen. Und das zweimal. Das erstemal in Polen. Ich stand dort mit dem ganzen Adel in Verbindung, der meine Hilfe in Anspruch nahm, wenn er sich in Verlegenheit befand. Und da war ich zu gutmütig; ich konnte nichts abschlagen – und so verlor ich fast mein ganzes Vermögen. Mit dem Rest ging ich samt den Kindern – meine Frau war inzwischen gestorben – nach Wien. Sie können sich keinen Begriff machen, wie schwer es damals für unsereinen war, dort Fuß zu fassen. Aber es gelang mir. Ich knüpfte nach und nach Geschäftsverbindungen an – und wurde wieder der reiche Hirsch. Mit der Zeit war meine Sarah – das ist die Tochter – mannbar geworden. Eine Schönheit, sag' ich Ihnen! Freilich ganz anders als die Mutter – aber eine Schönheit. Die heutigen Maler, die immer nur Weiber mit roten Haaren malen, würden sich um sie gerissen haben. Gefärbtes Haar kommt jetzt sehr häufig vor; aber das ihre war von Natur rotes Gold, und aufgelöst, fiel es wie eine Schleppe zu Boden. Nun besaß ich einen Geschäftsfreund, der hieß Mandel – ein sehr wohlhabender Mann, wohlhabender als ich. Der hatte einen Sohn, und dieser verliebte sich natürlich sofort in die Sarah. Eines Tages kommt der alte Mandel zu mir und sagt: ›Hören Sie, Hirsch, geben Sie Ihre Tochter meinem Sohn. Ich werde ihm kaufen ein Gut in Ungarn – das war schon nach dem Jahre Achtundvierzig – und Ihre Sarah kann werden eine Schloßfrau.‹ Ich sagte nicht ja, ich sagte nicht nein. Die Partie war gut, sehr gut – aber der junge Mandel gefiel mir nicht. Er war mir zu unansehnlich, zu häßlich – mit Respekt zu melden, eine wahre Vogelscheuche. Ich rief mir also die Sarah und sagte: ›Sarah, sagt' ich, der junge Mandel hat um dich geworben. Ich rede dir nicht zu. Nimmst du ihn, so nimmst du ihn, wenn nicht, nicht.‹ Nun hatte ich erwartet, daß sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und aus dem Zimmer laufen würde. Aber nichts da! Sie erwiderte ganz ruhig: ›Warum soll ich den jungen Mandel nicht nehmen, Vater? Ich nehm' ihn.‹ Bald darauf war Hochzeit, eine glänzende Hochzeit. Ich aber drückte mich dabei in ein Nebenzimmer, denn ich schämte mich, daß meine Tochter einen solchen Untham zum Mann genommen, während die andern glaubten, ich hätte mich zurückgezogen, um im stillen Freudentränen zu vergießen wegen der reichen Heirat. Und so haben mich die Menschen niemals verstanden – niemals!« Er riß bei diesen Worten mit heftiger Armbewegung eine Zigarrendose aus der Brusttasche und schickte sich zu rauchen an. Nachdem er einige mächtige Wolken von sich geblasen, fuhr er fort: »Mit dieser Hochzeit begann wieder mein Unglück. Denn bald darauf erlitt ich Verluste – ungeheure Verluste. Die Börse! Die Börse! Was sollte ich beginnen? Ich war ein Bettler und schämte mich, auf die Straße zu gehen. Mein Sohn, der nun für sich selbst sorgen mußte, trat, obgleich er eben die Jura absolviert hatte, in ein Wollgeschäft – und ich, – nun, ich begab mich zu meiner Tochter nach Ungarn. Empfangen haben sie mich dort sehr anständig – sehr, das muß ich sagen. Aber es dauerte nicht lange, so nahm die Sache eine schiefe Wendung. Ich bin seit jeher ein tätiger Mann gewesen und kann nirgends so ganz müßig zusehen. Ich wollte daher meinem Schwiegersohne bei Verwaltung des Gutes an die Hand gehen; denn ich hatte in Polen allerlei Einblicke in die Landwirtschaft bekommen. Meine Tochter aber legte sich sofort ins Mittel. ›Reden Sie doch‹ – damals sagten die Kinder noch Sie zu mir – ›reden Sie doch dem Aladar‹ – eigentlich heißt er Aron – ›nicht darein, lieber Vater; Sie sind ein Schlemihl.‹ Das tat mir weh – von meinem eigenen Fleisch und Blut. Aber recht hatte sie! Ich war ein Schlemihl. Also schwieg ich und kümmerte mich um nichts mehr. Doch was sollte ich den ganzen geschlagenen Tag in dem öden Schlosse auf der ungarischen Pußta? Ich suchte zuweilen ein nahe gelegenes Städtchen auf, wo sich die Landedelleute aus der Umgebung in einem Kaffeehause zusammenzufinden pflegten. Dort wurde, besonders an Markttagen, stark gespielt. Ich war nicht ganz ohne Mittel, denn mein Sohn verdiente bereits und schickte mir von Zeit zu Zeit, was er entbehren konnte – und so hielt ich mit. Aber das Unglück verfolgte mich nun einmal – ich verlor – bis ich endlich eine Spielschuld auf mir sitzen hatte. Nicht allzu hoch, aber zahlen könnt' ich sie nicht und mußte mich, wenn auch ungern, in meiner Verlegenheit an Sarah wenden. Sie hatte zwar von mir eine ansehnliche Mitgift erhalten; aber ich wußte, daß sie seit jeher geizig war, sehr geizig. ›Wozu brauchen Sie zu spielen, Vater? Diesmal will ich Ihnen das Geld geben, aber spielen dürfen Sie nicht mehr; Sie sind jetzt ein armer Mann.‹ Das war das Zweite. Aber recht hatte sie: ich war ein armer Mann. Rührte also keine Karte mehr an. Doch dabei blieb's nicht. Es kam zum Vorschein, daß ich zu wählerisch im Essen und Trinken sei, und als ich eines Tages zufällig ein wenig hustete, hieß es: ›Sie rauchen zu viel, Vater. Warum rauchen Sie so viel? Es wird Ihnen schaden.‹ Ich verstand den Wink – und der riß den Faden entzwei. Denn wer mir meine Zigarre nimmt, der nimmt mir mein Leben. Ich erwiderte nichts, obgleich mir das Herz zerspringen wollte; am nächsten Tage aber reiste ich ab und ließ Sarah mit ihrem Aladar allein. Denn Kinder haben sie nicht.« Er war bei dieser Erzählung in Aufregung geraten und als er jetzt schwieg, atmete er heftig. Die geliebte Zigarre war ihm ausgegangen, aber er machte keinen Versuch, sie wieder anzuzünden, und blickte starr vor sich hin. »Fast könnte man sagen,« fuhr er nach einer Weile mit tonloser Stimme fort, »auf diese Weise straft sie Gott. Denn auch meine Tochter ist eine echte Jüdin: sie kränkt sich, daß sie unfruchtbar geblieben.« Ich wollte ihn ermuntern und sagte: »Dafür erleben Sie ja, wie es scheint, an ihrem Sohne um so größere Freude.« Er sah betroffen empor. »An meinem Sohne? O ja! Gewiß! Mein Sohn ist ein edler Mensch – von dem kann ich haben, was ich will. Aber« – er warf sich dabei in die Brust – »er ist mir auch Dank schuldig. Ich habe an seiner Erziehung nichts gespart und ihm sogar einen Hofmeister gehalten. Wie schon gesagt, er ist Jurist und hätte, wie mancher andere, in Staatsdienste treten – hätte Karriere machen können. Im vorigen Jahre wollte man ihn um jeden Preis in den Reichsrat wählen. Aber er hat es vorgezogen, ganz und gar Kaufmann zu bleiben. Und als solcher ist er einzig. Seine Kombinationen, seine Unternehmungen gehen ins Großartige. Er ist bereits Millionär.« »Ich gratuliere. Und Sie leben bei ihm in Wien?« »Natürlich! Natürlich! Das heißt, ich habe bei ihm gelebt. Aber da war wieder die Schwiegertochter der Stein des Anstoßes. Sie begreifen: die doppelte Eifersucht der Gattin und Mutter. Die Frau weiß, welche Stücke mein Sohn auf mich hält – und dann die Enkel! Ach, wenn Sie meine Enkel kennen würden!« fuhr er mit aufleuchtenden Augen fort. »Ein Knabe und ein Mädchen. Wahre Engel! Besonders die Kleine, die Jenny – sieben Jahre ist sie alt. Reizend, sage ich Ihnen, reizend! Und ihren alten Großvater lieben sie abgöttisch! Da gab es denn immer Neid und Zwistigkeiten im Hause – so daß ich es endlich vorzog, für mich allein zu wohnen. Aber ganz in der Nähe, ganz in der Nähe; ich kann jeden Augenblick –« Er brach plötzlich ab, als fehle es ihm an Atem, und rückte, in Gedanken versinkend, unruhig auf seinem Sitze hin und her. Ich erwiderte nichts, und so trat längeres Schweigen ein. Er schien ganz und gar um seine mitteilsame Stimmung gebracht und beachtete mich kaum mehr. Sein Blick hatte etwas Erloschenes, Verglastes bekommen, seine Wangen waren eingesunken, seine Züge schlaff geworden – er sah mit einem Male wirklich sehr alt aus. Jetzt stand er ganz unvermittelt auf und sagte: »Ich gehe zu Bett. Wohnen Sie auch hier?« Und ohne meine Antwort abzuwarten oder gute Nacht zu sagen, hatte er sich entfernt. Ich blieb nachdenklich sitzen. Ich hatte den Alten ohne Zweifel an einer sehr empfindlichen Stelle berührt, und bei einigem Nachsinnen konnte ich leicht herausbringen, wie das zusammenhing. Trotz seiner Unformen und Schwächen flößte er mir jetzt Teilnahme ein; denn ich empfand, daß er ein unglücklicher Mann war. Als nunmehr Herr Matzenauer erschien und mich, während er den Tisch abräumte, mit einiger Ironie fragte, wie ich mich mit Herrn Hirsch unterhalten habe, gab ich gar keine Antwort. Bald darauf in meinem Zimmer angelangt, hörte ich meinen Nachbar bereits schnarchen. Aber nicht so entsetzlich wie damals. Oder schien es mir nur so? 3. III. Als ich am nächsten Tage von meinem gewohnten Morgenspaziergange nach Hause zurückkehrte, stand Herr Hirsch unten am Tore. Er sah wieder ganz frisch und munter aus und hatte einen von Neuheit funkelnden Zylinderhut unternehmend auf dem rechten Ohre sitzen; in der Hand hielt er eine kleine Reisetasche. Er schien mich kaum wiederzuerkennen und erwiderte meinen Gruß fast wie den eines Fremden. »Nun, wie haben Sie geschlafen?« fragte ich in meiner Betroffenheit. »Vortrefflich!« entgegnete er herablassend. »Und jetzt fahre ich nach M ... Es ist zwar ein wenig frostig heute; aber das tut nichts. Kennen Sie den Ort?« Ich verneinte. »Ein ganz stattlicher Marktflecken, wo jeden Tag herrschaftliche Beamte zusammenkommen. Sie haben eine Art Kasino errichtet, und da geht es ganz lustig zu. Ich bin in diesem Sommer öfter dort gewesen und begreife gar nicht, daß ich diese Gesellschaft nicht schon längst wieder einmal aufgesucht habe, statt mich hier wie ein Mops zu langweilen. Kommen Sie vielleicht mit? Die Züge gehen ganz bequem; um zehn Uhr abends sind wir wieder zurück.« Ich lehnte dankend ab. »Nun dann Adieu!« Er legte einen Finger an die Hutkrämpe und schlug den Weg nach dem Bahnhofe ein, der, außerhalb des Ortes liegend, mit einem kurzen Gange zu erreichen war. So also benahm sich heute der Mann, der mir gestern sein ganzes Herz ausgeschüttet! Sein Entschluß aber, nach M ... zu fahren, konnte mir nur angenehm sein. Denn trotz der Teilnahme, die ich für ihn zu hegen begonnen, hatte ich doch mit einem gewissen Bangen einer erneuten Einladung zum Billardspiel und sonstigen geselligen Anforderungen entgegengesehen. Als er nachts zurückkehrte, saß ich in meinem Zimmer und las. »Famos hab' ich mich unterhalten – famos!« rief er jemandem, wahrscheinlich Herrn Matzenauer, im Flur so laut zu, daß ich es bis herauf hörte. »Das sind ganz andere Leute, als die hiesigen. Gleich morgen fahre ich wieder hin!« In der Tat war Herr Hirsch am nächsten Tage nicht zu sehen, auch nicht am nächstfolgenden – und am dritten blieb er sogar über Nacht weg. »Herr Hirsch wird Ihnen ja ganz und gar untreu«, sagte ich beim Frühstück zu unserem Wirte. »In Gottes Namen!« entgegnete dieser ärgerlich. Es schien ihm doch nicht recht zu sein, daß der anspruchsvolle Gast sein Geld anderswohin trage. »Aber wissen Sie, was er in M ... macht? Er spielt – und das ziemlich hoch. Denn dort ist eine richtige Bande beisammen. Der Verwalter und der sogenannte Forstmeister eines freiherrlichen Gutes, beide so verschuldet wie der Besitzer selbst, und ein verlotterter Winkelschreiber, der früher einmal in der Gegend Amtmann gewesen, die drei rupfen den alten Vogel, was das Zeug hält. Gestern mußte er von mir schon hundert Gulden borgen, und in der Hitze des Gefechts hat er sicherlich den Zug versäumt. Wenn er nur bis Mittag heimkommt. Es liegt oben ein Telegramm für ihn – wahrscheinlich von seinem Sohn.« Wirklich traf Herr Hirsch um zwölf Uhr ein. »Ein Telegramm!? Ein Telegramm!?« schrie er, während er die Treppe hinauf in sein Zimmer polterte. »Wo ist das Telegramm?« Dann nach einer Pause: »Mein Sohn kommt! Mein Sohn! Also jetzt gilt's, Herr Matzenoër! Machen Sie Ihrem Hotel Ehre! Das andere Zimmer ist doch, wie ich befohlen, in den letzten Tagen geheizt worden? Und dann einen Wagen! Einen Wagen auf sechs! Mein Sohn kommt zwar leider allein – nicht mit Familie, wie ich gehofft – aber zu Fuß kann er nicht gehen. Zu Fuß nicht! Und sagen Sie Ihrer Frau, daß sie sich zusammennehmen soll. Das Essen muß exquisit sein. Ein Diner! Ein Diner! Mein Sohn wird Appetit haben; denn ich weiß, daß er während der Fahrt nie etwas zu sich nimmt.« Als er sich jetzt allein befand, rannte er bald in seinem, bald in dem für seinen Sohn bestimmten Nebenzimmer hin und her. Ich dachte, er würde vielleicht, erregt, wie er war, zu mir herüberkommen, um mich von dem großen Ereignisse in Kenntnis zu setzen. Aber es geschah nicht; er hatte mich offenbar bereits ganz vergessen. Nun war ich aber denn doch ein wenig neugierig auf Herrn Hirsch junior, und da meine Essensstunde mit der betreffenden Bahnzeit zusammenfiel, so konnte ich voraussetzen, daß ich ihn im Speisezimmer würde sehen können. Ich hatte auch eben mein Mahl beendet, als der Wagen angefahren kam und gleich darauf Vater und Sohn eintraten; der letztere eine distinguierte, aber keineswegs anspruchsvolle Erscheinung. Kleiner und viel zarter gebaut als sein Vater, wies er mit diesem überhaupt keinerlei Ähnlichkeit auf. Er hatte ein ausgesprochen jüdisches, scharf geschnittenes Profil; seine hohe und breite Stirn erschien infolge einer frühen Glatze noch ausdrucksvoller und bedeutender; die Augen blickten etwas müde durch eine feine Stahlbrille. Er nahm geräuschlos an dem Tische Platz, den Herr Matzenauer mit großer Sorgfalt gedeckt hatte und auf welchem vier Kerzen in einer silberplattierten Girandole brannten. »Da siehst du das Speisezimmer!« rief Herr Hirsch senior pathetisch. »Zwar nicht elegant, aber gemütlich. Laß dir nur gleich ein Glas Bier geben; ich weiß, du trinkst es gern. Es ist auch ganz ausgezeichnet – eigentlich das einzige Gute, das man hier haben kann. – Aber den Richard hättest du doch mitbringen können!« »Ich habe dir schon gesagt, lieber Vater,« erwiderte der andere mit gedämpfter Stimme, »daß beide Kinder stark erkältet sind. Man mußte also trachten, sie so rasch wie nur möglich nach Hause zu bringen.« »Nun ja, nun ja – aber an der Bahn hätt' ich sie doch sehen können.« »Dann hätte man auch den langsamen Postzug benützen müssen – und das ist überhaupt unangenehm für Frauen und Kinder. Der Eilzug hält ja hier nur während der Badesaison.« »Es ist wahr, es ist wahr – – Nun, ich werde ja die lieben Engel morgen in Wien ans Herz drücken!« Der Sohn erwiderte nichts. Er schien nachdenklich und kostete zerstreut von dem Biere, das man ihm gebracht. Ich aber wollte nicht länger Zeuge dieses Familiengespräches sein, das der Alte in seiner gewohnten Ungebundenheit mit lautester Stimme führte, stand auf und entfernte mich. Draußen war es mondhell. Ich ging, meine Zigarre zu Ende rauchend, eine Zeitlang auf dem verödeten Platze des Ortes auf und nieder; dann zog ich mich in mein Zimmer zurück. Nach Ablauf einer Stunde kamen auch die beiden anderen die Treppe hinangestiegen und traten gleich von außen in das Gemach, welches für den Angekommenen in Bereitschaft stand. Dort begann nun eine Unterredung, die immer lebhafter wurde, so daß der Ton der Stimmen mehr und mehr zu mir herüberdrang. Plötzlich hörte ich den Alten ausrufen: »Nach Venedig?! Was soll ich in Venedig?« Er war dabei in sein Zimmer getreten und durchmaß es mit heftigen Schritten. Sein Sohn, der offenbar keine Ahnung hatte, daß außer ihnen noch irgend jemand hier oben wohne, war ihm nachgefolgt und sagte jetzt begütigend: »Aber lieber Vater, du hast doch schon oft den Wunsch ausgesprochen, Venedig zu sehen.« »Ja, mit euch! Mit euch wollt' ich es sehen – mit euch wollte ich reisen. Aber allein! Was soll ich alter Mann allein in Venedig? Ich kann kein Wort Italienisch.« »Das ist auch gar nicht notwendig. In dieser Familie wirst du dich wie zu Hause fühlen. Man wird in jeder Hinsicht für dich sorgen – und auf diese Art wirst du nach und nach ganz bequem das eigentümliche Leben der Stadt kennen lernen.« »Ich will es aber nicht kennen lernen! Was kümmert mich das Leben von Venedig? Ich habe an mei nem eigenen genug. Und bei diesen Schnorrern will ich schon gar nicht sein!« »Es sind keine Schnorrer. Der Mann hat einen sehr ansehnlichen Posten bei einem dortigen Bankhause.« »Durch wen aber hat er ihn erhalten? Durch dich! Durch dich! Ich sehe schon, unter Aufsicht soll ich stehen. Überwachen soll man jeden meiner Schritte!« »Das bildest du dir ein.« »Nichts bild' ich mir ein! Nichts! Ihr verschwört euch hinter meinem Rücken! Ihr verbannt mich! O, ich weiß, ich weiß! Schon diesen Sommer sollte ich nicht bei euch in Hietzing zubringen – die Villa wäre doch groß genug – und so ist es geschehen, daß mir der Arzt eine Kaltwasserkur und längeren Aufenthalt im Gebirge verordnet hat. Mir fehlt gar nichts! Ich bin ganz gesund!« »Gott sei Dank, daß du es bist, lieber Vater. Desto mehr wirst du in Venedig genießen können.« »Wenn ich aber nicht will und nicht mag! Und wenn ich auch möchte, wie könnt' ich's – ferne von euch! Bernhard!« fuhr er flehentlich fort, »lieber Bernhard, verstoße mich nicht! Ich weiß, der Vorschlag kommt nicht aus deinem Herzen, die Frau will mich weg haben!« »Du irrst. Die Stellung, welche ich gegenwärtig anstrebe, die Verbindungen, die ich infolgedessen unterhalten muß – mit einem Wort, die Verhältnisse ma chen es durchaus notwendig, daß du diesen Winter nicht in Wien zubringst.« »Ich werde auch nicht dort sein – für keinen Menschen werde ich dort sein! Einmieten will ich mich in irgend einer Vorstadt – kein Auge soll mich erblicken! Nur alle acht Tage laßt mich kommen auf eine Viertelstunde, daß ich dich sehen kann – und umarmen die Enkelchen!« »Wie oft hast du das schon gesagt! Derlei unwürdige und unnatürliche Abmachungen wären ja auch gar nicht notwendig, wenn du nur ein wenig Vernunft annehmen wolltest. Aber darin liegt es. Wenn du nicht den ganzen Tag im Hause sein kannst, wenn du nicht zu jedem Diner, zu jeder Gesellschaft mitgeladen wirst, so fühlst du dich aufs tiefste gekränkt, machst uns die heftigsten Vorwürfe, die unerquicklichsten Szenen. Und dann – so weh es mir tut, es dir neuerdings sagen zu müssen –« Er verstummte; denn ich hatte mich jetzt sehr nachdrucksvoll geräuspert. Die unfreiwillige Lauscherrolle, die ich spielte, war mir bereits höchst peinlich geworden. Man zog sich drüben sofort in das anstoßende Zimmer zurück und schloß die Verbindungstür. Nun war es still. Aber nicht lange. Der Auftritt setzte sich drei Zimmer weit von mir fort. Allerdings verstand ich jetzt nicht mehr, was gesprochen wurde; aber die Stimme des Alten drang von Zeit zu Zeit an mein Ohr: bald klagend, bald drohend, bald flehend. Endlich ein dumpfer Aufschrei – dann trat vollständige Ruhe ein. Bald darauf kam Herr Hirsch in sein Zimmer geschlichen und legte sich zu Bett. Aber das gewöhnliche Schnarchen erfolgte nicht. Ich hörte ihn seufzen, leise stöhnen – und, wie ich glaubte, auch leise weinen – bis ich einschlief. * * * Am nächsten Morgen war der Angekommene bereits wieder abgereist. Sein Vater hatte ihn zur Bahn begleitet und kam jetzt im Wagen zurückgefahren. Er trat in das Speisezimmer, wo ich soeben gefrühstückt, und sah sehr bleich und angegriffen aus. Als er meiner ansichtig wurde, machte er eine Anstrengung, sich zu ermuntern, und schüttelte mit erkünstelter Lustigkeit seinen Hut aufs rechte Ohr. »Aha, Sie hier? Guten Morgen! Guten Morgen! Haben Sie meinen Sohn gesehen? Der ist schon wieder fort – denn er muß noch heute abend in Wien sein. Und wissen Sie, wohin ich zur Abwechslung gehe? Nach Venedig! Was sagen Sie! Nach Venedig! Es ist schon lange mein Wunsch gewesen – und mein Sohn hat es mir möglich gemacht, den Winter dort zuzubringen. Ich werde bei einer sehr feinen Familie wohnen und mir nichts entgehen lassen, was die wunderbare Stadt bietet. Ich freue mich schon auf die Gondelfahrten. Schade, daß ich nicht jünger bin – denn die Venezianerinnen sollen einzig sein!« Er versuchte ein frivoles Gelächter aufzuschlagen, verstummte aber plötzlich; man sah, daß ihm das Weinen nahe war. Ich wünschte ihm glückliche Reise und ließ ihn allein. * * * Noch am selben Tage zog Herr Hirsch ohne weitere Verabschiedung von dannen. Ich aber verblieb, während nun der Winter mit aller Macht hereinbrach, in dem Gasthause zu den »Drei Monarchen«. 4. IV. In den Sälen des Wiener Musikvereins fand einer großer Ball statt. Es war eines jener glänzenden Wohltätigkeitsfeste, wie sie jetzt infolge der steigenden Not – aber auch der zunehmenden Eitelkeit – immer häufiger veranstaltet werden. Seit einer Reihe von Jahren hatte ich an derlei Vergnügungen nicht mehr teilgenommen; hauptsächlich schon deshalb, weil ich oft und lange von Wien ferne gewesen. Heute aber hatte ich mich eingefunden, um wieder einmal die »große Welt« auf mich wirken zu lassen und sie in ihren neuen und neuesten Erscheinungen zu beobachten. Diese letzteren waren in der vorwiegenden Mehrzahl, und so kam es, daß ich mich bald in dem bunten Gewühl, das die strahlenden Räume durchwogte, fremd und vereinsamt fühlte. Selbst ältere Bekannte hatten einige Mühe, sich meiner zu entsinnen, und reichten mir dann bloß mit einem flüchtigen: »Ah, Sie sind wieder da!« im Vorübergehen die Hand. Etwas nachhaltiger, wenn auch mit ähnlichen Worten, wurde ich von einem stattlich und vornehm aussehenden Herrn begrüßt, der, als ich mich jetzt eben in eine Ecke zurückziehen wollte, auf mich zugeschritten kam. Dieser Mann war eine stadtbekannte Persönlichkeit und nahm in der Gesellschaft eine eigentümliche Stellung ein. Aus einer sehr angesehenen jüdischen Familie stammend, hatte er von seinen Vätern zwar Reichtum, jedoch nicht die Gabe ererbt, ihn zu vermehren oder auch nur zu bewahren. Früh auf Reisen gegangen, hatte er längere Zeit in Paris gelebt – und war dann später in Wien durch allerlei noble Passionen mit seinem Vermögen glücklich zu Rande gekommen. Da er aber fast mit der gesamten Geldaristokratie in verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen stand, so konnte man ihn von jener Seite nicht fallen lassen und verschaffte dem Ärmsten allerlei geschäftliche Sinekuren, die ihm keine andere Verpflichtung auferlegten, als zu gewissen Terminen gewisse Dividenden einzustreichen. Infolgedessen konnte er mit einiger Einschränkung seinen bisherigen Gewohnheiten treu bleiben und war in der Lebewelt, männlichen sowohl, wie weiblichen, daher auch in Künstlerkreisen, ob seines beweglichen Geistes und schlagfertigen Witzes sehr beliebt; im übrigen aber wurde er nicht besonders geachtet. Da er dies, je länger, je tiefer empfand, so überkam ihn bei zunehmenden Jahren das Bedürfnis sich zu rächen, und zwar damit, daß er die ätzende Lauge seines Spottes über alles und jedes – und nicht am wenigsten über seine eigenen Stammesgenossen ausgoß. Kein eingefleischter Antisemit konnte gegen das jüdische Wesen ärger losziehen, als dies Herr X bei jeder Gelegenheit mit dem breitesten Behagen zu tun liebte. »Also wo haben Sie denn wieder so lange gesteckt?« fragte er. »Auf dem Lande? Sie werden noch ganz und gar verbauern. – Aber was sagen Sie zu der heutigen Crême der Gesellschaft? Zu unseren modernen Größen? Unseren modernen Schönheiten? Schwindel! Pofel! Glänzender Pofel – nichts weiter! Und finden Sie nicht das nationale Element (damit meinte er das jüdische) sehr in den Vordergrund gerückt? Ich möchte wetten, daß zwei Drittel der verehrten Anwesenden mosaischer Konfession sind – wie man sich in meiner Jugend euphemistisch auszudrücken pflegte. Und auch die Ball-Patronessen sind zur Hälfte Jüdinnen.« Er wies dabei auf eine Gruppe von Damen, die nicht allzuweit von uns im Gespräche beisammen standen. »Betrachten Sie nur gefälligst diese Nasen! Diese runden Rücken! Die gute Baronin Hirtburg ist auch dabei. Zehn Jahre lang war es ihr kühnster Traum, mit der Fürstin M ... als Patronesse zu figurieren – nun hat sie's erreicht. Was ihr an Haltung abgeht, hat sie durch Schmuck ersetzt. Dort – die dicke Person meine ich, die eben mit der Fürstin spricht. Sieht sie nicht aus wie in Brillanten gefaßt?« Ich blickte nach der bezeichneten Dame, die in der Tat eine geradezu fabelhafte Kleider- und Diamantenpracht entfaltet hatte. »Auch ihr Gemahl ist, wie gewöhnlich, in der Nähe«, fuhr X mit einem Seitenblicke fort. »Ein höchst bemerkenswerter Mann. Man schätzt ihn bereits auf zwanzig Millionen. Und er kann's noch weiter bringen, wenn sich die Herren Anarchisten nicht ins Mittel legen. Denn er ist ein außergewöhnlich feiner Kopf – eine Art Geschäftsgenie. Aber kein Lotos ohne Stengel. Das heißt, jeder Mensch hat seine besondere Dummheit. So auch er. Er liebt nämlich seine Frau bis zum Exzeß. Beachten Sie nur, wie er dasteht und in ihrem Anblick schwelgt. Wie ein Verzückter!« Ich hatte mich nach der angegebenen Richtung hin gewendet und den Herrn ins Auge gefaßt. Je länger ich ihn betrachtete, desto bekannter kam er mir vor. »Wie haben Sie vorhin die Dame geannt? Baronin Hirtburg? Heißt denn jener Herr nicht Hirsch?« Mein Cicerone lachte laut auf. »Man sieht, daß Sie weiß Gott wo leben. Hirsch hieß er – Hirtburg heißt er. Er hat sich diesen Namen mit dem Baronat erworben – oder sagen wir gekauft. Auch der Taufe war er schon nahe. Aber er würde sich damit um allen Kredit gebracht haben; denn Israel setzt gegenwärtig wieder mehr denn je seinen Stolz darein, dem Wasser auszuweichen.« »Und wissen Sie vielleicht, was mit seinem Vater geschehen ist? Lebt er noch??« »Der alte Seligmann? Haben Sie den gekannt?« »Ganz oberflächlich. Ich bin vor Jahren irgendwo mit ihm zusammengetroffen.« »Seien Sie froh, daß Sie ihn nicht näher kennen gelernt. Ein ganz unmögliches Individuum. Wissen Sie wirklich nicht, wie er geendet hat?« »Nein.« »Dann will ich's Ihnen sagen. Selbst wenn Sie ihn nur einmal gesehen haben, werden Sie begreifen, daß man einen solchen Vater nicht im Hause haben kann. Das hätte sich übrigens in irgend einer Weise arrangieren lassen. Aber der alte Jobber, der selbst einmal ein ganz hübsches Vermögen besessen, konnte das Börsenspiel nicht lassen. Wie oft sein Sohn die Differenzen für ihn gezahlt haben mag, weiß ich nicht. Endlich aber wurde es diesem doch zu viel. Da griff denn der Herr Papa, um seine Leidenschaft befriedigen zu können, zu allerlei seltsamen Ressourcen – zuletzt verlegte er sich gar wieder auf unsaubere Wachergeschäfte, mit welchen er einst seine Laufbahn begonnen hatte, und die ihn schließlich noch mit den Gerichten in Konflikt zu bringen drohten. Wie kompromittierend für das zukünftige freiherrliche Haus! Also mußte er um jeden Preis aus Wien entfernt werden. Man schickte ihn fürs erste in kleine Bäder – dann internierte man ihn in Venedig. Nun denken Sie sich den alten Hirsch in Venedig! Ein Rhinozeros in einem Aquarium! Aber Scherz beiseite. Der alte schwachsinnige Mann, der gleich allen Juden an seiner Familie hing, wie das Eiweiß am Dotter, ist darüber verrückt geworden, ohne daß es die Leute, die ihn in jeder Hinsicht überwachen sollten, gleich bemerkt hätten. Eines schönen Morgens, als er sich seiner Gewohnheit nach am Kinn eigenhändig den Bart abnahm, hat er das Messer um einen Zoll zu tief angesetzt und sich einen ganz kleinen Schnitt am Halse beigebracht. Und dieser Schnitt, sehen Sie, ist der wunde Fleck im Hause Hirtburg. Was sag' ich Fleck! Ein Abgrund ist's, den der Herr Baron gern mit ein paar Millionen ausfüllen möchte, wenn es ginge – denn er hat – auch das ist unbegreiflich! – seinen Vater außerordentlich geliebt. Aber sieh' da: Hirtburg, der Jüngste!« Er deutete mit den Augen nach einem jungen Manne, der eben auf den Baron zuschritt. »Was sagen Sie zu diesem Exemplar? Ist er nicht ganz sein Großvater in nuce? Seit Darwin kennt man die Sache. Ein solcher Sohn könnte mir gestohlen werden. Dafür aber ist die Tochter desto reizender. Geradezu bezaubernd. Woher sie's hat, weiß ich nicht. Eine der wenigen jüdischen Schönheiten, die ich gelten lasse. Kommen Sie, ich werde sie Ihnen zeigen«, setzte er, sich auf den Fußspitzen erhebend, hinzu. »Wenn ich nicht irre, tanzt sie dort eben wieder mit einem jungen Diplomaten, einem Marquis der république française. Der scheint es auf ihre goldene Hand abgesehen zu haben.« Er hatte mich unter dem Arme gefaßt, und wir drängten uns durch den Kreis von Zusehern, der sich um die Tanzenden gebildet. »Sehen Sie dort die hohe, schlanke Gestalt mit den Teerosen auf dem Kleide? Nun, was sagen Sie? Ist das ein Wuchs? Sind das Bewegungen? Die Grazie selbst. Und dieses Profil! Diese Augen – diese Haare –« »In der Tat, ein wunderbares Geschöpf!« » Voilà: die Enkelin von weiland Seligmann Hirsch.«