Magdeburg am 10. Mai 1631 erobert und zerstört. Schweig nur, Homerus, schweig und laß dein Troja fahren, Du kanst dein Klagen jetzt im Schreiben wol ersparen, Daß Ilion im Feur, jedoch durch Trug und List (Versteh das große Pferd), so gar zerstöret ist. Hie ist ein' andre Stadt, hie sind auch andre Feinde, Ja Feinde, die man noch muß ehren wie die Freunde. Hier wird Parthenope, die allerschönste Magd, Die Helena beschämt, geschändet und geplagt, Zuletzt gar umgebracht. Hie gilt nicht Paris Rauben; Man greift einander hie viel härter auf die Hauben, Als dazumal geschah; hie gilt kein Hektor nicht, Kein Herz, kein tapfrer Mut, kein freudig Angesicht; Wer hie wil trefflich sein, der muß tyrannisieren, Der muß der Laster Schaar im Mund und Herzen führen, Ja, toben grimmiglich mit Morden, Raub und Brand; Wer solches nun wol kan, wird aller Welt bekant. Das ist, o Magdeburg, damals an dir erwiesen, Als Tilli kam heran mit seinen starken Riesen, So wie die Titanes ehmals des Himmels Schloß Zu stürmen meineten mit Bergen und Geschoß. Der Held aus Mitternacht war eben auf der Straßen, Als sich der alte Greis hat ehlich eingelassen Mit dieser schönen Magd, und suchte dieß allein, Daß ja sein Hochzeittag möcht' allzu blutig sein; Drum eilt er heftig sehr, das schnöde Fest zu enden, Eh' durch Gustavus Glück das Blatt sich thäte wenden, Und ihm das Jungfreulein durch Treu und Tapferkeit Würd' etwa ritterlich gerissen von der Seit. Er und sein Pappenheim, die thaten sich bemühen, Der guten Stadt ihr Heil und Leben zu entziehen, Und das so grausamlich, daß sie den heißen Mut Zu kühlen wünscheten im jungfreulichen Blut. Sie gaben schöne Wort, jedoch aus falschem Herzen, Und thaten unterdeß mit Schwert und Flammen scherzen, Bis sie die liebe Magd, die solches nie gedacht In großer Sicherheit, zum schweren Fall gebracht. Nun, dieser Wunsch gelang. Ach, daß ichs muß gedenken! Es that sich allgemach mit dieser Nymphen lenken Zum Tod und Untergang. Es war die gute Stadt Ihr selber nicht getreu; es mangelt ihr an Rat, Witz, Klugheit und Vernunft. Man hatte viel versehen, Da sonst der ganz Krieg ehmals pflag beizustehen. Das war nun viel zu spät. Es nahm ein Jeder wahr Sich selber und sein Gut, verlachte die Gefahr, Die Allen war so nah. Es muß sich Alles schicken, Wann uns die schwere Not von oben her sol drücken Und reißen grimmig hin durch kriegerisch Gewalt, Auch fast im Augenblick, Reich, Arme, Jung und Alt. O Stolz und Uebermut, wie viel habt ihr verdorben! O Geiz und Sicherheit, durch euch ist ja erstorben Die weit berühmte Magd; ihr Städte, nehmts in Acht: Sie ist durch Eigennutz in Not und Tod gebracht. Es war fast um die Zeit, daß Phoebus seinen Wagen Hieß wiedrum gehn hervor und ließ den Himmel tagen, Damals brach an die Stund' und das betrübte Licht, Die dir, o schönste Stadt, dein lieblichs Angesicht So sehr verwüstet hat; da war es anzusehen, Als wenn der starke Feind gedacht' hinweg zu gehen, Hielt auch mit Schießen auf, drum war die Stadt in Ruh' Und gieng in Sicherheit fein stil dem Grabe zu. Der Held von Falkenberg war eben Rat zu schlagen Geritten in die Stadt, weil Tilli lassen fragen, Ob er die Thore nicht zu öffnen wär' bedacht? Die Bürger giengen heim, die sonst die ganze Nacht Gestanden auf der Hut; die auf den Wällen blieben, Die waren müd' und matt, bis daß es war um sieben, Da gieng das Stürmen an, sie fielen an mit Macht Und schossen grausamlich, daß Berg und Thal erkracht'. Die Stadt war Lärmens vol, so bald sie nur vernahmen Die Feinde, so den Wall hinan gestiegen kamen In einer schnellen Frist, da that der Bürger Schar Sich samlen in der Eil' und was fürhanden war Von Knechten hie und da. Man ließ zu Sturme schlagen Und, was nur dienlich war, zur Wehr zusammentragen, Doch leider viel zu spät! Das Fechten war umsunst, Hie half kein Schießen mehr, kein Schwert, Macht, Witz noch Kunst. Denn wie die tapfren Knecht und Bürger ohnverdrossen Dem Feinde widerstehn, wird Falkenberg erschossen, Der theure werte Held, von welches großem Mut Man rühmen wird so lang die Zeit sich ändren thut. Drauf weichen sie zurück, indem der Wall erstiegen Und man viel Todte sah um ihre Graben ligen Von denen, die sich zwar als tapfre Teutsche noch Gewehret und verflucht das schwer Maranen Joch. Da fällt der Feind herein und öffnet schnell die Pforten Der großen Räuberschar, die drauf von allen Orten Sich drang zur Stadt hinein, vermeinend, daß hie frei Mehr denn sechs Königreich' hinweg zu rauben sei. 1 Wie nun dieß grausam Volk der Wahlen und Croaten Nach Gottes Willen ist in Magdeburg geraten, Da gieng solch' eine Not und bittrer Jammer an, Die auch kein Cicero zur Gnüg' erzählen kan. Was hilfts, ich sag' es frei, es ist nicht auszusprechen Der Feinde Grausamkeit, das Herze wil mir brechen, Wenn ich daran gedenk, ich schreib es kümmerlich, Mein Angesicht verbleicht, die Thränen netzen mich; Denn hie wird Christenblut wie Wasser ausgegossen, Hie ist zu würgen auch fast keiner nicht verdrossen, Hie ligt ein tapfrer Mann, hie Weib, hie Kind, hie Knecht, Hie Bürger, hie Soldat, hie gilt kein Ehr' noch Recht. Die Feind' erfreuen sich, in Menschenblut zu baden, Sie nehmen kümmerlich die Kinderlein zu Gnaden, Sie morden Jung und Alt, sie rauben Alles hin Und schänden was kaum lebt, aus übermachtem Sinn. Indessen wird getobt mit Stücken und Musketen, Es werden Groß und Klein ermordet und zertreten; Hie stürzet Roß und Mann, hie heulet Weib und Kind, Hie schlachtet man den Wirt mit allem Hausgesind. Ach, es ist gar zu viel! Theils Kinderlein, die ligen Und seufzen nach der Milch in blutgefärbten Wiegen, Die Mütterlein sind tot, gestrecket in den Sand, Und halten theils noch fest ihr allerliebstes Pfand, Das sie vor kurzer Zeit mit Schmerzen erst geboren; Der Ehwirt hat sein Weib, die Frau den Mann verloren; Hie würget man den Knecht, dort schändet man die Magd; Ja, die getödtet ist, wird auf das neu geplagt. Hierunter läßt der Feind die hellen Pauken rühren Und allen Raub zum Thor hinaus ins Lager führen, Den Raub, den er mit Macht gestolen, mehr mit List, Und der von Menschenblut umher besudelt ist. Was mehr? Man sieht sie auch der Kirchen nicht verschonen, In welchen ja noch Zucht und Tugend solte wonen; Sie dringen grimmiglich zu denen auch hinein, Die sonst im höchsten Chor vermeinten frei zu sein, Sie lösen ihnen ab die Häubter von den Leibern; Dieß ist fürwahr geschehn an mehr denn fünfzig Weibern, Die, wie ein' Lämmerherd', mit ihren Kinderlein Recht unter dem Gebet grausam erwürget sein. Als nun die liebe Zeit mit Mord in allen Ständen, Mit Rauben Geld und Gut, mit geilem Weiberschänden, Mit Schlachten Jung und Alt so grausam zugebracht, Da brennet es und geht das Sengen an mit Macht. Das frißt nun eilig fort, bis daß die Häuser krachen Und stürzen unter sich mit so viel schönen Sachen Durch Kraft der starken Glut recht mitten in den Kot, Der nun mit Menschenblut gemalet ist ganz rot. Das Feur nimt überhand und steiget in die Höhe So, daß man ferne sieht die Magdeburger Löhe, Dadurch die schöne Stadt in einer kurzen Frist Zur Staub- und Aschenburg, oh weh! geworden ist. Die Flamme frißt das Blut, die Menschen und die Zinnen. Es weiß nun keiner mehr, wie er es sol beginnen, Daß er sein Leben rett', es ist doch Raub und Mord, Feur, Hitze, Rauch und Dampf an allem End und Ort. Die Spitzen neigen sich recht mitten in den Flammen Und fallen aus der Höh' auf Haufen jetzt zusammen; Die Glocken brausen sehr, wann sie das Feur erreicht, Dadurch denn ihr Metall von ihnen mählig schleicht. Die Kirchen zittren schon, es wacklen ihre Seulen, Man hört sehr jämmerlich die schönen Orglen heulen; In Summa, alles fällt zertrümmert und zubricht, Das grimmig Element verschonet keines nicht, Bis daß die schöne Stadt, samt Kirchen und Palästen, So gar zerstöret ist von diesen leichten Gästen. Nun ligt sie wüst und öd und lehret jederman, Wie die Gerechtigkeit vom Himmel strafen kan. Was wollen wir nun viel vom alten Troja sagen, Und, daß Carthago sei durchs Feuer zerstört, beklagen? Komt, schauet Mageburg, die nun so ganz und gar Vulcanus eigen ist, ja mehr, als Troja war. Was schelten wir doch viel des losen Nero Thaten, Als der in solchen Grimm und Wüterei geraten, Daß er das Haubt der Welt mutwillig hat befleckt Und Rom an manchem Ort' erbärmlich angesteckt? Hie ist ein solcher Mann, dem Nero weit muß weichen Wiewol er leis' und stil einhero pflag zu schleichen. Doch jenner und sein Volk sind Heiden nur allein, Und diese wollen noch sehr gute Christen sein. Wo hat der Sultan wol viel grausamer gewütet? Wann hat der Tartarn Volk jemalen das verhütet, Daß, die erschlagen sein durch ihres Säbels Macht, Hernach wie sichs geziemt nit sind ins Grab gebracht? Hie ward der Menschlichkeit so ganz und gar vergessen, Daß man die Toten auch ließ von den Hunden fressen Und zwar die meisten noch zur Elbe warf hinein Und ließ sie in der Tief' ein Schleck der Fische sein. Nun, Herr, du großer Gott, wir haben dieß verdienet Und was dein Grimm mit uns noch mehr und mehr beginnet; Du strafest deine Freund' auch wol in solchen Zorn Und wilt doch gleichwol nit, daß jemand sei verlorn. Ich weiß, es thut dir ja nach unserm Heil verlangen, Wiewol wir leider nicht von Herzen angehangen Den Worten und Befehl, die du der ganzen Welt Durch Mosen deinen Knecht zum Spiegel vorgestellt. Doch weißt du deine Feind' auch endlich wol zu strafen, Daß sie uns trotzen nicht: »Ihr Gott, ihr Gott thut schlafen«. Ach, Herr, du bist gerecht, dein ist allein die Rach'; Ei, drum so stellen wir dir heim die ganze Sach'. Ach, Herr, streit' unsern Streit und beuge ja den Nacken Der Feind', auch schlage sie ganz grimmig auf die Backen, So preisen wir dich stets, und bitten dieß allein: Du wollest Magdeburg und uns barmherzig sein. Fußnoten 1 »Man schreibet, es habe Graf von Tilli seinen Soldaten vor der Eroberung der Stadt Magdeburg vertröstet, daß die Beuten, so sie aus selbiger Stadt würden davon bringen, etliche Königreiche wert zu schätzen wären. Ob nun ein so großer Reichtum von den Ueberwindern gefunden worden, mögen sie selber am besten wissen.« Rist.