Tägliches Bitt-Lied Eines jedweden Christlichen Hausvatters und einer jedweden Gottseligen Hausmutter, daß sie das Ihrige recht und wol mügen regieren. 1. O Vatter aller Gnaden, Von Kräften groß, von Hertzen treü Du hast Mich mild beladen Mit Ehr' und Gühtern mancherlei; Du hast Mir ja das Leben, Gesind' und Kinderlein Allein darüm gegeben, Daß Ich sol fleißig sein, Dieselbe zu regiren, Ja dir fein in der Still' Und Demuht zuzuführen: Das ist dein guhter Will'. 2. Ich bitte dich von Hertzen, Hilf, daß Ich wandl' auf ebner Bahn Und ja nicht müge schertzen, Wie mancher Spötter hat gethan. Laß Mich für allen Dingen Begehren, Herr, dein Reich Und nach dem Himmel ringen, So wirst du Mich zugleich In deiner Furcht erhalten Und lassen Mein Gesind' Auch seine Pflicht verwalten Treü, redlich und geschwind'. 3. Gib Mir des Geistes Früchte, Als Liebe, Sanftmuht, Gühtigkeit, Ein Ehrliches Gerüchte, Gedult in schwerer Leidenszeit. Laß fleißig Mich erziehen Auch Meine Kinderlein, Damit sie ja nicht fliehen Die Straff' und trotzig sein; Doch laß Mich sie nicht reitzen, O lieber Gott, zum Zorn, Behühte Mich für Geitzen, Dem schärffsten Seelendorn. 4. Laß Mich heut' oder Morgen (Herr, dieses bitt' Ich sonderlich) Die Meinen so versorgen, Daß Ich ja nicht erzürne dich. Laß Mich den Ehstand halten In ungefärbter Treü, Die Liebe nicht erkalten Durch List und Triegerei. Hilff, daß Ich hertzlich liebe Die Nachbahrn und zugleich In deiner Furcht Mich übe, So werd' Ich ewig reich. 5. Laß Mich Mein Brod erwerben Im Schweisse Meines Angesichts: Dein' Hand lässt nicht verderben, Theilt sie Mir mit, so fehlt Mir nichts. Ich bin gahr wol zu frieden Mit dem' in dieser Welt, Was du Mir hast beschieden Und gnädigst zugestellt; Nur laß Mich nicht gerahten In Armuht, Schand' und Spott; Kein Geld kan Mir doch bahten, Hilffst du Mir nicht, Mein Gott. 6. Laß Mich aus freiem Willen Von Meinen Gühtern ehren dich, Der Armen Nohtdurfft stillen Und ihnen steüren mildiglich. Laß Mich ja nicht mißbrauchen Die Schätze dieser Welt, Der Laster Feür nicht rauchen; Gib, daß noch Gold noch Geld Von dir Mich mache wanken; Hilff, daß Ich Sorgen-frei Dir allzeit müge danken Und gantz dein eigen sei. 7. Solt' Ich gleich Mangel leiden, Mein Gott, in dieser kurtzen Zeit, So kan Mich doch nichts scheiden Von deiner Lieb' und Freundligkeit. Wir sind in dieser Hütten Zwahr fremd, doch wird dein' Hand Uns reichlich überschütten In jenem Freüden-Land Und da mit Gühtern speisen, Welch' unvergänglich sind; Denn wird dich hertzlich preisen Dein außerwehltes Kind.