Andächtiges Buhßlied zu Gott, üm wahre Reü und Erkentniß der vielfältig begangenen Sünden Dises kan gesungen werden auf die Melodei des BuhßPsalmes: O Herre Gott, begnade mich. 1. Wie groß ist meine Missethat, Die dich, O Gott, erzürnet hat! Dir wil Ich gern bekennen Die Sünde, die mich brennen, Der mehr als schwehrer Sand am Meer Gehn über meine Scheitel her, Die mir das Hertz beschwehren, Ja Mark und Bein verzehren. Sie steigen gleich in vollem Lauff', O starker Gott, zu dir hinauff'. Mit dir kan Ich ja rechten nicht, Drüm fodre mich nicht ins Gericht, Den sonst bin Ich verlohren. 2. Mein Leib und Seel' ist gahr unrein: Wie könt Ich den gefällig sein Dir, der du frei von Sünden? Wer aber kan ergründen Die Tieffe meiner Missethat, Die leider mich bedekket hat? Die Sünd' hab' Ich ererbet, Ja Sünd hat mich verderbet. Mein böser Will, O Herr, ist dir Gantz widerspenstig für und für; Ich bin ein ungerahtner Knecht, Der nimmer dich erkennet recht Noch auch von Hertzen liebet. 3. Ich, der Ich dir vertraue nicht, Versäume täglich meine Pflicht, Von meiner zahrten Jugend Vergess' Ich aller Tugend. Gleich wie der Brunn ein Wasser quillt Das endlich Gründ' und Seen füllt, So quillt mein Hertz die Sünde, Welch' Ich in Mir empfinde, Alß Unzucht, Lügen, eigen Ehr', Auch Rachgier, Geitz und andre mehr Verdampte Laster, welcher Lohn Wird sein der Höllen Plag' und Hohn, Wie du fürlengst gedreüet. 4. Ach Gott! mein Hertz ist roh' und wild, Verlohren hab Ich gahr dein Bild; Ich bin im Sünder Orden Ein Bild des Satans worden: Mein frecher Geist ist Tugendloß, Ach HERR, mein Elend ist so groß, Daß Ich schier muß verzagen; Ich werde matt von Klagen. Mein Leben und Gerechtigkeit Ist ein beflektes Lasterkleid; Die Sünde wird Mich armes Kind Hinführen noch, gleich wie der Wind Die Spreüer läst verstieben. 5. Wie bößlich hab' Ich doch gelebt, In dem Ich dir, HERR, widerstrebt Und bin durch sündlichs Wallen Auß deiner Gunst gefallen! Daß Ich die Lust der kurtzen Zeit Vertauschet mit der Ewigkeit Zu fühlen Höllen Schmertzen, Das klag' Ich itz von Hertzen. Nun bin Ich dein verlohrner Sohn, Dein Grim ist mein verdienter Lohn. Mit recht heiss' Ich der Bettelmann, Der nimmermehr bezahlen kan; Wo soll Ich Hülffe finden? 6. Bey dir allein ist Hülff und Raht, Wen Menschen Hülff' ein Ende hat: Mein Gott, du kanst mich lehren, Du kanst mein Hertz bekehren. Du ziehst auß Mir den Lasterpfeil Und machest meine Wunden heil, Du kanst in disem Leben Ein fleischern Hertz Mir geben. O Helffer, den man Vater heist, Gib Mir doch einen neüen Geist; Sei gnädig und verwirff mich nicht So gahr von deinem Angesicht, Gedenk an deine Gühte. 7. Ich bin dein Schaf, Herr, suche mich, Laß mich nicht irren ewiglich. Hilff, daß Ich ja mit Thränen Nach dir mich müge sehnen; Den auß der Seelen Traurigkeit Komt wahre Reü in diser Zeit, Dadurch man kan auf Erden Des Trostes fähig werden. Gahr schleünig endigt sich der Schmertz, Im Fall Sich ein zerbrochnes Hertz Von Thränen nass' zu dir bekehrt Und dich in rechter Demuht ehrt: Das wirst du nicht verschmähen. 8. Ach Gott, es thut mir hiftig weh, Daß Ich so schändlich für dir steh' Und mit so faulen Schaden Der Seelen bin beladen. Ich trag' immittelst Leid und Reü, Daß du vor deine Lieb und Treü Nicht dankbahr mich erfunden; Diß schlägt mir tieffe Wunden. Wie trett' Ich denn nun für Gericht? Wie komm' Ich für dein Angesicht? Frei sag' Ichs her auf disem Plan Daß viel, viel Böses Ich gethan Und hefftig dich erzürnet. 9. Mein Gott, Ich hab es nicht bedacht, Alß Ich verlustig mich gemacht Der Kindschafft deiner Liebe; Doch der Ich mich betrübe, Verzweifle nicht zu diser Frist: Ich weiß, daß du mein Vatter bist, Drüm kanst du mich nicht lassen Noch unaufhörlich hassen. Dein Kind muß Ich doch endlich sein. O treüer Gott, erbarm dich mein Und gib, daß Ich nach disem Streit Dich preiß' in jenner Ewigkeit Um Christi willen, Amen.