Das scheue Wort Es war ein scheues Wort. Das war ausgesprochen Und hatte sich sofort Unter ein Sofa verkrochen. Samstags, als Berta das Sofa klopfte, Flog es in das linke, verstopfte Ohr von Berta. Von da aus entkam es. Ein Windstoß nahm es, Trug es weit und dann hoch empor. Wo es sich in das halbe, bange Gedächtnis eines Piloten verlor. Fiel dann an einem Wiesenhange Auf eine umarmte Arbeiterin nieder, Trocknete deren Augenlider. Wobei ein Literat es erwischte Und, falsch belauscht, Eitel aufgebauscht, Mittags dann seichten Fressern auftischte. Und das arme, mißbrauchte, Zitternde scheue Wort Wanderte weiter und tauchte Wieder auf, hier und dort. Bis ein Dichter es sanft einträumte, Ihm ein stilles Palais einräumte. – – Kam aber sehr bald ein Parodist Mit geschäftlich sicherem Blick, Tauchte das Wort mit Speichel und Mist In einen Aufguß gestohlner Musik. So ward es publik. So wurde es volkstümlich laut. Und doch nur sein Äußeres, seine Haut, Das Klangliche und das Reimliche. Denn das Innerste, Heimliche An ihm war weder lauschend noch lesend Erreichbar, blieb öffentlich abwesend.