Kurzweilige Liebesbegebenheit wie die eifersüchtige Jungfrau Klyzia von dem heidnischen Sonnengott Apoll, sonst auch Phöbus genannt, in eine Sonnenwende verwandelt wurde. Wien im Brachmond 1785. In einer Stadt (war's Stockholm, Wien, Fünfkirchen, Koppenhagen, Konstantinopel oder Brün, Das konnt' ich nicht erfragen). Lebt' einstens Jungfer Klyzie, Ein blühend Kind. Stäts blinzelte Ein Heer verliebter Ritter Nach ihrem Fenstergitter. Doch Thetys, ihre Frau Mama, Litt keinen Pflastertreter, Und Ocean, der Herr Papa, Rief: fort, ihr Schwerenöther! Er war ein Seemann, der, ergieng Ihm's nicht nach Wunsch, gleich jedes Ding Bey seinem Namen nannte, Und keinen Weltton kannte. So ward die Kleine fromm und zahm Erzogen nach dem Schnürchen: Sie eilte, wenn ein Festtag kam, In mehr als zwanzig Kirchen, Und liebte Mess' und Rosenkranz Mehr als Theater, Spiel und Tanz, Bis Phöbus sie erblickte, Und ihr den Kopf verrückte. Mich wundert's nicht; Herr Phöbus war Ein Mann, der durch Koncerte Und Wunderkuren Jahr für Jahr Sein Geldchen brav vermehrte. Auch trugen seine Reimereyn Ihm manchmal ein paar Groschen ein: Er reimt', als ob er hexte. Doch weiter nun im Texte! Apoll wollt' eben heimwärts schon Die Sonnenrosse führen, Um noch mit Wielands Oberon Ein Stündchen zu passiren: Da sah er plötzlich Klyzien In eines Gartens schattichten Kastanienalleen Nach einer Grotte gehen. Flugs band der feurige Galan Der Hengste goldne Zügel Fest an des Steinbocks Hörner an, Sprang über Ebne, Hügel, Steinklippe, Berg und Gartenzaun, Stiess sich die Nase blau und braun, Und kam in vollem Trotte Zum Mädchen in die Grotte. Nett wie ein Klosterkandidat, Und rings mit goldnen Tressen Bebrämt, war Phöbus in der That Ein Stutzerchen zum Fressen. Er sprach: Pardon, ma belle enfant, Si mon amour trop brusquement ... Mais je suis hors d'haleine: Excusez–moi, ma Reine! Wen suchen Sie so hastig? ach! Wer sind Sie? rief die Schöne. Ich bin der Herr des Lichtes, sprach Apoll, und notabene. Auch Arzt, Poet und Musikus, Und kam, weil ich's doch sagen muss, Mit meinem Herzchen Ihnen, Mein schönes Kind, zu dienen. Viel Dank! sprach Klyzie, nicht wahr? Glaubt' ich den süssen Lügen, So könnt' ich in dem nächsten Jahr Ein Jungferkindchen wiegen? Nein, Engel, nein! schwur Phöbus ihr, Man raube meine Gottheit mir, Wenn ich, du liebe Kleine, Wenn ich's nicht redlich meine! Man reisse mich mit Stumpf und Stiel Heraus aus dem Kalender, Zerschmettre mir mein Saitenspiel, Häng' einen Bratenwender Mir statt des Köchers um den Leib, Und meinen Lorber soll ein Weib Zum Strohwisch sich verwandeln, Sollt' ich nicht edel handeln! Fest schlang er nun den Arm um sie, Und prägt' ein feurig Mäulchen Ihr auf den Mund. Die Schöne schrie, Wie's Jungfern ziemt, ein Weilchen, Scholt, und zerzauste wacker ihm Die Locken: doch ihr Ungestüm Ward mählich immer lauer; Ihr Muth war nicht von Dauer. Ermüdet musste sie zuletzt Dem Feind den Wahlplatz lassen. Potz Blitz! wie hurtig sah man jetzt Apollen Posto fassen! Sie wurde von des Feindes Hand Recht ritterlich traktirt, und fand, Dass ihre Niederlage Ihr trefflich wohl behage. Seit diesem kleinen Duodram Gab's tägliche Visiten. Die Ältern selbst, als Bräutigam Ihn schon betrachtend, bieten Herrn Phöbus alles an im Haus, Und machen sich viel Ehre draus, So einen feinen Knaben Zum Schwiegersohn zu haben. Denn vor den Ältern that Apoll Gar ehrbar und bedachtsam, Als wär' er noch so unschuldsvoll: Er schwatzte traulich nachts am Kamin dem alten Ocean Ein Märchen vor vom Tamerlan, Und gab der Mutter Pillen, Die Gicht und Hundswuth stillen. Dafür durft' er mit Klyzien Auf dem beblümten Anger Selbander sich erlustigen. Wenn's dann zu kühl ward, sang er Zu Haus ihr Weissens Lieder vor, Und amüsirte drauf ihr Ohr Mit Arien der beyden Tonkünstler Gluck und Hayden. Verführt von eitlem Selbstvertraun, Begann nun Jungfer Klyzchen Manch Schlösschen in die Luft zu baun. Erhob ihr Nasenspitzchen Von Tag zu Tage mehr, und liess Schon deutschen Atlas von Paris Nebst Schmuck und Zobelfellen Zum Brautkleid sich bestellen. Doch Klyzchens treuer Seladon Ward plötzlich zum Verräther; Denn unstät war Latonens Sohn Gleich einem Thermometer. Er schlich durch Schmeicheln unversehns Sich in das Herz Leukothoens, Und Klyziens Karessen Begann er zu vergessen. Entzückt von seiner neuen Wahl, Hielt er sein Schelmenstückchen Für löblich; denn Apolls Moral War links und rechts voll Lückchen, Und da an Reitz Leukothoe Viel reicher war, als Klyzie, So schien sein Fehltritt freylich Noch halb und halb verzeihlich. Indess zum drittenmale nun Die Sonne meerwärts sinket, Und bey dem Wassergott Neptun Den Sauerbrunnen trinket, Erfährt die Tochter Oceans Den Meineid ihres Herrn Galans, Und fängt, trotz Wäschernymphen, Erbärmlich an zu schimpfen. Voll Eifersucht und voll Verdruss, Wie ein gereitzter Kater, Trollt sie zum alten Orchamus, Dem königlichen Vater Leukothoens, sich hin, und spricht: Herr Graubart, traut Apollen nicht! Er schläft zur Zeit der Mette In eurer Tochter Bette. Der Teufel soll's dem Lumpenhund Vergelten! sprach der Alte, Und warf das Pfeifchen aus dem Mund: Es drängte Falt' an Falte Auf seinem Antlitz sich. Hatschier! Lauft alsogleich, und holet mir Die unverschämte Dirne! Rief er mit finstrer Stirne. Leukothchen kam. »Was that Apoll »In deinem Schlafgemache? »Du läugnest? Ha! dein Heucheln soll »Dich reun, du falscher Drache!« So schrie der grausame Papa, Und liess in prima furia In einen Sarg sie stecken, Und rings mit Erde decken. Nach ein paar kurzen Nänien Zu seines Liebchens Ruhme Verwandelt Phöbus Klyzien In eine Sonnenblume, Die seit der Zeit noch, wie ihr wisst, Der Eifersücht'gen Sinnbild ist, Und wo Apoll sich zeiget, Ihr Köpfchen zu ihm neiget. Ihr Schönen, Klyzchens Strafe mag Zur Toleranz euch leiten; Denn Eifersucht taugt heut zu Tag Noch minder, als vor Zeiten. Die Dame, die zu leben weiss, Giebt ihren Trauten willig preis, Und lässt von muntern Gästen Für den Verlust sich trösten.