Der lockere Chorherr Nach dem Französischen. Wien im März 1786. Aus der Chorherrnschaar des alten Kirchenlehrers Augustin, Der, bis seine Mutter ihn Schärfer in der Zucht gehalten, Auch kein Mädchen von sich stiess, Gab ein junger lockrer Priester Satans üppigem Geflüster Nach und nach Gehör, und liess Sich mit einem schönen Kinde In ein Liebsverständniss ein. Lucifern die Nacht zu weihn, Wäre, dacht' er, keine Sünde, Wenn man nur die Morgenzeit Gott und seinem Dienste weiht. Als des Chorherrn Liebeshandel Seinem Abt zu Ohren kam, Fragt' er ihn, ob solch ein Wandel Mit der Keuschheit, Zucht und Scham Und der Regel sich vertrage. Aufgebracht durch diese Frage, Sprach der Chorherr rasch und kühn: Ich weiss meinen Augustin Selbst und besser auszulegen, Als so manches Kirchenhaupt, Das der stolzen Insel wegen Mehr als ich zu wissen glaubt. Das, was unsers Ahnherrn Lehren Feyerlich für Sünd' erklären, Billigt seine Lebensart; Denn er ist, wie ich gelesen, Vater eines Kinds gewesen, Eh' er Kirchenvater ward.