Nr. 96. Der Welthund bei Stötterlingenburg und Lüttchenrode. Eine halbe Stunde westlich von Osterwieck liegt das Dorf Lüttchenrode um das ehemalige, auf einem Berge gelegene Nonnenkloster Stötterlingenburg herum. Nicht weit vom Kloster, am nördlichen Abhange des Berges, lag eine Oberförsterei; das Haus davon steht noch und zeugt von nicht geringem Wohlstande seiner Bewohner. Von einem der Oberförster erzählt man: er habe einen Jäger gehabt, der eines Tages einen armen Mann, der im Forste sich ein Bündel Holz gesucht, mit seinem Hunde gehetzt, und als derselbe sich noch verteidigen wollte, ihn mit dem Hirschfänger durchbohrt. Bald darauf wird er krank und wird im Fieber das Bild seiner unmenschlichen That nicht vor Augen los, und ehe er noch einen Geistlichen zur Vorbereitung auf den Tod bekommt, verscheidet er. Seit diesem Tage nun geht ein gewaltig großer Hund, Augenzeugen (und dies waren noch 1850 die ernsten Versicherungen der meisten Bewohner von Lüttchenrode) vergleichen seine Größe mit der eines Kalbes oder Esels. Auch soll der Welthund, so genannt, wie man sagt, weil er sich schon an vielen Orten hat sehen lassen, mit einem Esel große Ähnlichkeit haben. Grau auf dem Rücken, weißlich unterm Bauche, mit großen, feurigen, gequollenen Augen begegnet er, vorzugsweise des Winters, nach eingetretener Dunkelheit, meistens aber zwischen 10 und 11 Uhr nachts, den Menschen. Sein Ausgangspunkt ist im Giebel des Försterhauses. Unter einem Kastanienbaume entsteigt er der Erde, wo der Jäger, dem als Mörder der Friedhof nicht gegönnt wurde, beigescharrt sein soll, und springt jedesmal an einer bestimmten Stelle über den Zaun, kommt aber einen anderen Weg zurück. Er thut niemanden etwas zu Leide, aber alle Hunde, wenn sie ihn auch nicht sehen, geben durch Pfeifen oder Verkriechen ihre Angst zu erkennen. Im Kloster Heinigen soll sich der in den Welthund verwandelte Jäger auch oft sehen lassen, was wohl davon herrühren mag, daß die dortigen Wälder mit unter demselben Oberförster gestanden haben.