15. An Goethe Wenn auch Natur mir Weihe verlieh, und auch, Tonreicher Brust Urbilder ans Licht zu ziehn, Mir Geisteskraft gab, ihr verschwisternd Eine bewegliche, weiche Seele: Mehr als Natur liehn Zeit und Geschick, sie liehn Mir Wert des Daseins, Fülle des Gegenstands Durch Ihn, den Schmuck Deutschlands und Bayerns, Der das Erhabene denkt und ausführt. Auf fernem Eiland wandelte schweifend ich; Doch drang bis hieher, über Gebürg und Meer, Wie König Ludwig dir, o Goethe! Reichte den spätesten, schönsten Lorbeer. Dies ist ein Kranz, Gleich jenem, wodurch Athen Glorreichen Lohn schlang dichtender Siegerstirn, Ja, welker ist, Glanzloser jener Kapitolinische Zweig Petrarcas. Denn daß die Dichtkunst irgend ein edles Volk Aufregend hinreißt, Staunen erweckt es kaum; Doch wer erstaunt nicht, wenn ein deutscher König im Busen erzieht Begeistrung? Schutzherr der Kunst wird? Seltener, seltner ist's, Als jenes Manns Kronperle, die leuchtende, Die einst der Ehrgeiz Kleopatras Warf in den Becher und stolz zermalmte. Dein friedlich Dach, Fußtritte der Könige Noch nicht gewohnt, ehrwürdiger Sänger, der Eugenien schuf uns, Iphigenien, Eleonoren und Dorothea, Weiht König Ludwigs heilige Gegenwart Zum Tempel ein. Dich kränzte Verdienst, o Greis, Und König Ludwig lebt, als müßt er Werben um die er besitzt, die Krone.