Aschenbrödel Was für ein ärmlich traurig Leben Mit fahlen Fäden dich umspinnt! Der Freuden mußt du dich begeben, Du armes, du verlass'nes Kind. Von gold'ner Zier, von Sammt und Seide Wird deiner Schwestern Reiz verklärt, Umwallt vom grauen Alltagskleide Sitzt Aschenbrödel still am Herd. So sitzt sie schon seit manchen Jahren Und wirkt und schafft den ganzen Tag, Aufsammelnd für die Undankbaren, Der Mühen köstlichen Ertrag, Zerstreut, gedankenlos empfangen Sie, was die Arme ihnen reicht, Und merken nicht, wie ihrer Wangen Sanft blühend Rosenlicht erbleicht. Nur selten, wenn für flücht'ge Stunden Des Kummers fast vergess'ne Macht Den Weg zu ihrer Brust gefunden, Wird Aschenbrödels auch gedacht. Da muß das treue Herz sie laben, Das sie so oft, so schwer verkannt, Und Trost, den sie ihr niemals gaben, Empfangen sie aus ihrer Hand. Doch, wenn aus dem geriss'nen Schleier Die Sonne freundlich wieder blickt, Wenn neu beginnt die Freudenfeier Wird Aschenbrödel fortgeschickt. Da stürzen sie ins Weltgebraus'e Mit hast'ger Ungeduld hinein, Und wieder sieht im öden Hause Arm Aschenbrödel sich allein. Sie kann dem Gram nicht länger wehren, Der ihr verlass'nes Herz bezwingt; Still fließen ihre heißen Zähren – Doch was ist dieß? das Fenster klingt, Durch ihre Kammer rauschen Töne Voll Himmelslust, voll sel'gem Weh, Und vor ihr steht in Zauberschöne Die Poesie, die gute Fee! Hold lächelnd neigt sie sich hernieder Und segnet das gebeugte Haupt: Von meiner Huld empfange wieder, Was dir das Leben hat geraubt. Mit meinem Strahlendiademe Verklär' ich jeden reinen Schmerz, Die von der Welt Verstoss'nen nehme Ich liebend an mein Sonnenherz. Wo trüb und einsam eine Seele Verkümmern will im starren Frost, Und ird'sche Hilfe fern, da stehle Ich mich zu ihr mit lindem Trost, Bis sie, die trauernd stand im Leben, Ein fremder, unwillkommner Gast, Die Luft der Heimat trinkt, daneben Das Glück der Glücklichen erblaßt. Drum bin ich dir auch jetzt erschienen In meines Kummers trüber Nacht! Sieh, was an Perlen und Rubinen Ich meinem Kinde mitgebracht! Voll stolzer Mutterfreude schmück' ich Mit reicher'm dich als Königsglanz In deine weichen Locken drück' ich Den unverwelkbar heil'gen Kranz.« Doch wie ihr also herrlich prangend Das Spiegelglas ihr Antlitz zeigt, O wie sie schüchtern da und bangend Das Haupt in frommer Demuth neigt! »Der Glanz auf meinem Angesichte Ich nenn' ihn nun und nimmer mein! Er ist von einem ew'gen Lichte Geheimnißvoller Widerschein!« Hinweg aus ihrer armen Klause Sieht sie mit süßem Schreck sich jetzt In eines Festes Lustgebrause Mit einem Zauberschlag versetzt. Die sonst mit herrisch stolzen Mienen Gekränkt des Kindes weichen Sinn, Die huldigen ihr nun und dienen Ihr wie der schönsten Königin. – Doch wehe! wehe! kalt und nüchtern Herein das Licht des Morgens fällt, Von seinem Strahl entfliehet schüchtern Die vielgeliebte Traumeswelt, Dahin die Perlen, das Geschmeide, Die heitre Pracht, die ihr beschert! Umwallt vom grauen Alltagskleide Sitzt Aschenbrödel still am Herd. Allein ihr Stern ist nicht verglommen, Und freudig lächelt sie in Weh, Sie weiß, bald wird sie wiederkommen Die schöne, die geliebte Fee! Bald nimmt sie, was ihr Kind auch quäle, Von hinnen mit Erlösungsmacht – Und ahnend harrt die Dichterseele Entgegen ihrer Weihenacht.