Der neue Simson Von edlem Kampfesmuth umlichtet Standst du einst drohend, kühn und hehr, Der Seele schönen Zorn gerichtet Gen der Philister schnödes Heer. Auf Thorheit, Wahn und Vorurtheile, Und auf der Lügen Molchgeschlecht, Entsandtest du die scharfen Pfeile, Als Kämpfer für ein höh'res Recht. Wie viel' auch deiner Feinde waren – Du hast sie ängstlich nie gezählt; – Es wichen zagend ihre Schaaren, Scheu vor dem Gott, der dich beseelt. Doch, als nach wechselnden Geschicken Dein großer, heil'ger Sieg dir nah, Da sandten sie, dich zu berücken, Der Sinnenfreude Dalila. Was keines Schwertes Flammenzungen, Was keines Kummers Pfeil vermocht, Ist ihrem falschen Kuß gelungen – Die Dirne hat dich unterjocht! Mit süßen Tändelworten raubte Sie deiner Seele Kraft und Schwung, Und riß von deinem trunknen Haupte Die Glorie der Begeisterung. Und als erschöpft du eingeschlafen In einer Nacht voll Saus und Braus, Da lieferte sie dich als Sklaven Den harrenden Philistern aus. Was jetzo auch dein Herz durchwühle, Du dienest ihnen doch als Knecht, Und mahlst ihr Korn dort auf der Mühle Und treibst, was ihnen eben recht. – O! blieb von deinem frühern Streben In dir ein leiser Wiederhall: So trachte, dich noch zu erheben Von deinem ungeheuern Fall! Versuch es, dich zu Gott zu wenden, Gedenke an dein früh'res Sein, Und stürze dann mit deinen Händen Den schnöden Götzentempel ein! Erfasse kühn die Säulenhalme, Vom Untergange nicht erschreckt! Ob dich und mich ihr Sturz zermalme Wenn er nur deine Schmach bedeckt!