Im Freundeskreise Hell sprühten des Kamines Flammen, Frisch war die Lampe angefacht, Im Kreise saßen wir beisammen In einer stillen Winternacht. Ein heit'rer Austausch von Gedanken Hingaukelnd zwischen Ernst und Scherz, Flocht seine duft'gen Blüthenranken Um jeden Sinn, um jedes Herz. Wir sprachen von der Menschheit Loosen, Wann sie den froh'sten Sieg errang, Und welche Zeit die schönsten Rosen Ihr krönend um die Stirne schlang; Wann von der Gottheit Angesichte Der Strahlen hellster auf sie floß, Wann sie am Quell vom Glück und Lichte Den reinsten Labetrunk genoß. Und Einer rief: »Mögt ihr noch fragen? Seid ihr der Antwort nicht gewiß? Es war in jenen heitern Tagen, Die Perikles die seinen hieß. O Hellas! Land der Heldensöhne! Der Kunst geliebtes Vaterland! Du hieltst des Lebens Kraft und Schöne In deinen Zauberkreis gebannt. Da war das Sein noch nicht gespalten Und Geist und Körper nicht im Streit, Der Stoff war von des Geistes Walten Beseelt, veredelt und geweiht! Den wir umsonst zu lösen streben, Der Zwiespalt zwischen hier und dort, Er blieb dir fremd und all dein Leben Ein voller, seliger Accord!« – Ein Zweiter sprach: »Nicht jenem Alter Der Menschheit klagt mein Sehnen nach! Dem spätern, wo sie gleich dem Falter, Durch ihrer Träume Hüllen brach, Wo vor des Kindes armer Krippe Sie betend auf die Kniee sank, Und von des Menschgeword'nen Lippe Das Heil und die Erlösung trank. Wo eine fremde Macht, der Glaube, Beseligend ihr Herz durchdrang, Wo sich dem niedern Erdenstaube Ein heil'ger Blüthenflor entrang, Wo von dem Strahl der Geistersonne Heraufgeführt der Weihetag, Wo in dem Schmerz die höchste Wonne Und Hoffnung in dem Tode lag! Ihr allzufrüh entschwund'nen Zeiten, Wie sehnt nach euer'm Friedensglück Mein Geist, erschöpft vom Kampf und Streiten Sich bang und wehmuthsvoll zurück! Da grünte schattenreich der Glaube Als Eiche, die gebietend steht – Doch unser Denken gleicht dem Laube, Das jeder Windeshauch verweht.« – Ein Dritter: »Wardst du noch nicht inne, Daß Glaube ein erborgter Strahl? Für heil'ger gilt in meinem Sinne Das selbsterrung'ne Ideal! Drum preis' ich jener Zeit Zerwürfniß, Wo sich die Menschheit unverzagt Ihr tiefstes, flammendstes Bedürfniß, Ihr schmerzlichst Missen abgefragt. Wo sie in stillen Mitternächten Zum Quell selbsteignen Forschens drang, Wo kühn sie mit des Zweifels Mächten, Wie Jakob mit dem Geiste rang, Bis abgestreift die Nebeldecken, Umsegelt war das dunkle Riff Und sie sich selbst, mit sel'gem Schrecken Als göttliche Idee begriff!« – Ich aber rief: Sind eure Herzen Der Vorwelt sehnend zugewandt, Mit meinen Freuden, meinen Schmerzen Bin ich an uns're Zeit gebannt! Und wie zum Vaterland die Liebe Sich nie verlernt und nie vergißt, Häng' ich an ihr mit frommem Triebe, Die meines Geistes Heimath ist. Mag es auch schön're Länder geben Und duft'ger blüh'n die fremde Flur, Es wurzelt unser wahrstes Leben Doch in dem Heimathboden nur. So hält mich uns're Zeit umschlungen, Die mich, bedingend und bedingt, Mit ihrem Hauch so tief durchdrungen, Wie sie der meine tief durchdringt. Ich bin ihr Kind und nicht ihr Richter! In meinen Adern wallt ihr Blut, Entbrannt sind meines Geistes Lichter Am Widerscheine ihrer Gluth, Sie ist an jedem Keim betheiligt, Der sich in meiner Brust erschloß, Als Mutter ist sie mir geheiligt, Und ihr Geschick, es ist mein Loos! O mater dolorosa! Thränen Verdunkeln deiner Augen Licht, Und deinem tiefsten frommsten Sehnen Noch ward ihm die Erfüllung nicht, Allein geheimnißvolle Zeichen Gewahr' ich rings, entzückt und bang, Und Ahnung will mich froh beschleichen, Daß keinem Schooß das Heil entsprang! – So nimm mich hin als dir zu eigen, Mit meines Wesens tiefstem Sinn! Laß mich in Wort und Thaten zeigen, Daß ich dein Kind, dein treues bin! Und mag ich gleich dem Laub zerstieben, Das jeder Windeshauch verstreut, Der Stamm, der zeugend mich getrieben, Er wurzelt in der Ewigkeit! –