3. Der Morgen findet sie vereint Beim kärglich schlichten Frühmahl sitzen. Verklärt der Mutter Antlitz scheint, Mac Dugalds Augen leuchten, blitzen, Indem er ihr erzählt, was er An Mühen, Nöten und Gefahren, An Kämpfen ernst und heiß und schwer, Bestanden in der Trennung Jahren Und wie zuletzt sich doch zum Glück Zum Guten alles mußte fügen! Sie lauscht und lauscht und kann den Blick Nicht wenden von den teuern Zügen. Hat ihn verschönert denn ein Trank, Gebraut am nächt'gen Zauberherde! Sein Aug' so kühn, sein Wuchs so schlank, So stolz und edel die Gebärde! Als nun zu Ende sein Bericht, Fragt er, wie es denn ihr ergangen. Sie schüttelt leis' das Haupt und spricht: »O trage darnach nicht Verlangen! Wozu auch das vergang'ne Leid Gespensterhaft heraufbeschwören, Und dieser Stunde Seligkeit Mit Qualerinnerungen stören? Was war mein Jammer und mein Schmerz? Daß du, mein Dugald, mir entrissen! Was drang als Glutpfeil in mein Herz? Dich, meinen einzigen Sohn zu missen! Die Pein, die damals mich beschlich, Wie könnte ich sie jetzt noch fassen? Mein bist du, mein! ich halte dich Um nimmermehr von dir zu lassen.« Befremdet blickt sie Dugald an. »Wie mögt Ihr Mutter also sprechen? Ihr wißt, ich bin des Königs Mann Und darf ihm meinen Eid nicht brechen. O glaubet mir! leicht wird mir's nicht, Die Heimat neuerdings zu meiden, Allein der strenge Ruf der Pflicht Heißt mich schon morgen von Euch scheiden.« Ein Donnerschlag trifft sie dies Wort, Wild springt sie auf von ihrem Sitze. »Du wolltest, – – wolltest wieder fort, Du meines Alters einz'ge Stütze? So willst du, daß verzweifelnd sich Das Herz in meinem Busen spalte? Und meinst du denn, ich ließe dich, Da ich dich endlich wieder halte?« »Wie, Mutter, wie? nicht fasse ich Was Euern Sinn umstrickt, bethöret, Daß Ihr so heiß und flehentlich Unmögliches von mir begehret! Sagt selbst! soll ich ein niedrer Wicht Dem Dienst des Königs feig entlaufen, Verletzen die beschworne Pflicht Und Freiheit mir mit Schmach erkaufen?« »Schmach nennst du es, wenn stolz und rein, Frei wie die Luft auf seinen Bergen, Der Sohn des Hochlands nichts gemein Will haben mit den fremden Schergen? Ich nenn' es Schmach dem Sassanagh, Dem frechen Kronendieb zu dienen! O Fluch dem unheilvollen Tag, Wo seine Scharen hier erschienen! Geh hin durch's Land und frage, wie Sie hier gehaust in diesen Thälern, Die Schlösser, Hütten zähle, die Verwandelt sie zu Grabesmälern! Empor zum Himmel hör' das Blut Der Frommen schreien, der Gerechten, Und dann, dann diene wohlgemut Noch länger jenen Henkersknechten! Doch nein! o nein! vergib den Hohn! Ist's Thorheit doch, mich so zu quälen! Ich weiß es: nimmer wird mein Sohn Der Schande Teil für sich erwählen! Es galt ja nur, von deinem Aug' Die Binde falschen Wahns zu streifen, Das that ich, und jetzt wirst du auch Das rechte, festen Sinns, ergreifen.« »Und wähnt Ihr denn, daß sie mich hier Nicht baldigst suchten, baldigst fänden?« »O freilich wohl! Doch wollen wir Dem Dorf alsbald den Rücken wenden. Wir wollen flieh'n zur Waldesschlucht, Nach unserer Berge steilsten Höhen, Von Aar und Möwe nur besucht, – Dort wird kein Häscher dich erspähen. Dort wirst du leben frank und frei, Wie Wallace einst in alten Tagen, Die Klipp' erklettern nach dem Weih, Das flücht'ge Reh, den Damhirsch jagen. Die Brust von frischem Mut geschwellt, Treu deinem König, deinem Gotte, Lebst du in deiner eig'nen Welt, Ein freier Mann, ein echter Schotte!« So dringt sie in ihn, bittet, fleht, Den Sinn des Jünglings zu erweichen. Stumm mit verschränkten Armen steht Mac Dugald vor der Schmerzenreichen. Bewegt sieht er ihr Angesicht Das teu're, überströmt mit Zähren, Doch was sie heischt, er darf es nicht, Bei Gott! er wird es nicht gewähren. »Nein!« ruft er endlich, »nein! und nein! Genug habt Ihr mit Euern Bitten Die Seele mir erfüllt mit Pein, Mir tief genug in's Herz geschnitten. Fahrt Ihr damit noch länger fort, Könnt Ihr mir neue Qual bereiten, Doch nimmermehr wird Euer Wort Zu schnödem Treubruch mich verleiten. Ihr wißt es, Mutter, Euer Leid Kann ich nicht heben, ach! nur teilen. Verpfändet hab' ich meinen Eid, Nicht länger als drei Tag' zu weilen.« »Und wenn du eine läng're Frist Dich unterfingest zuzugeben?« »So wahr ich ein Soldat und Christ, Nichts rettete alsdann mein Leben!« »Nichts?« fragt sie leise, und ein Licht Flammt plötzlich auf in ihrem Blicke, Als ob durch Nebel, schwer und dicht, Der Sonne Strahl belebend zücke. »Nichts?« wiederholt sie langsam und Von ihrem Antlitz flieht das Bangen, Wie Hoffen zuckt's um ihren Mund, Es röten sich die bleichen Wangen. Welch ungeahnter Himmelsstrahl Hat tief sich in ihr Herz ergossen? Ward aus dem Labyrinth von Qual Ein Ausweg plötzlich ihr erschlossen? So ist es! einen Rettungsport Ersah ihr Auge freudetrunken! Sie lächelt still, sie spricht kein Wort, Und steht in Sinnen tief versunken.