Andreas Baumkircher 1471 1. »Das also der Lohn für stete Treu, Für Hilfe in Todesnöten, Daß, spottend jeglicher Scham und Scheu, Mein Recht sie mit Füßen treten? Dem Kaiser zu helfen, hab' ich mein Schloß, All' meine Güter verpfändet, Dem Kaiser, deß schuft'ger Schreibertroß Mich tückisch beraubt und schändet! Nachdem sie mich wie ein Wild gehetzt, Genarrt mich hüben und drüben, Erklären sie meine Ford'rung jetzt, Die Schurken! für übertrieben! Zu deutsch besagt dieser Worte Sinn, Ich habe den Kaiser betrogen, Aus seinem und des Landes Ruin Gewinn und Vorteil gezogen! Als Retter aus der höchsten Gefahr Begrüßt' er mich einst in Hulden; Jetzt läßt er mich mit ergrautem Haar Die schwerste Unbill erdulden! Verlustig deiner irdischen Hab', An deiner Ehre geschädigt, Baumkircher! lege dich nur ins Grab! Dein Tagewerk ist erledigt!« – Mit kaiserlichem Siegel den Brief Wirft er zerknüllt in die Ecke, Dann stöhnet er auf, so schwer, so tief, Und starret empor zur Decke. Es fliegt sein Herz, es fiebert sein Hirn Von finstrer Gedanken Schwalle; Von heißem Zorn gerötet die Stirn, Durchmißt er ruhlos die Halle. Und wie er in's stolze Herz zurück Gewaltsam dränget die Klage, Da steigen empor vor seinem Blick Die Bilder vergang'ner Tage. Er denkt der Zeiten, in denen er Mit jugendlich kühnem Wagen, Ein Wetterstrahl, das Magyarenheer Bei Neustadt zurückgeschlagen. Er denkt, wie am Wienerthor er dort, Beim Anprall der Feindesbanden, Nur er der Stadt und des Kaisers Hort, Den blutigen Strauß bestanden! Er sieht sich, als, im Tode noch grimm, Die Seinen im Staube lagen, Allein noch kämpfen, bis hinter ihm Die Brücke war abgetragen! O wie die wechselnden Bilder ihn, Ein Zauberreigen, umschweben! Der Kaiser in seiner Burg zu Wien Belagert, von Feinden umgeben! Mit seinen Bürgern in schwerem Streit, Bedroht mit Speeren und Spießen, Gebrochnen Mutes, schon halb bereit Schmachvollen Frieden zu schließen. Wer war's, der ihn da mit starker Hand Geschirmt vor Rebellenscharen? Wer war es, der ihn flehend vermahnt, Die Würde des Throns zu wahren? Wer hielt bei ihm aus mit Rat und That, Ein Felsen im Braus der Wogen, Bis, Hilfe bringend, Herr Podiebrad Aus Böhmen herangezogen? Und als, da die lange Kriegesfrohn Des Schatzes Truhen geleeret, Die Söldner den rückständigen Lohn, Mit Abzug drohend, begehret: Wer hielt sie mit freud'gem Opfermut Im Dienste Friedrichs zurücke? Wer wagte sein, seines Kindes Gut An Habsburgs schwanke Geschicke? Er war es! er selbst! Und jetzt! o Gott! Kaum weiß er sein Elend zu fassen! Von Gläub'gern bedrängt, der Feinde Spott, Von seinem Kaiser verlassen! Die Wahrheit in schnöden Trug verkehrt, Das Recht in Unrecht verwandelt, Und er, wenn er das Seine begehrt, Als frecher Bettler behandelt! »Weh euch, die ihr mir mein Recht verwehrt! Ich schwör's mit heiligem Eide!« Er zuckt mit der Rechten nach dem Schwert, Und reißt es halb aus der Scheide. Des Greises Augen funkeln und glüh'n Gleich unheilkündenden Sternen, Und finster murmelt er vor sich hin: »Sie sollen mich kennen lernen!«