Abschluß Darf ich dem dunkelsüßen Grauen, Das leis' durch meine Seele zieht, Als einer Ahnungsstimme trauen, So sing' ich bald mein letztes Lied, So reißet bald der Nebelschleier, So schwindet bald der Erde Schmerz, So sink' ich bald zu sel'ger Feier An meiner Musa Sonnenherz! Du räthselhafte Kraft des Sanges, Die Gott in meine Brust gelegt! Du Nachhall eines Himmelklanges, Der sich in meinem Busen regt! Du Perle aus dem Geisterhorte, Du Engel, der mich oft geletzt, Du standst an meines Lebens Pforte; Steh auch an seinem Ausgang jetzt! Hab' ich denn nicht für dich empfunden Der bösen Natter gift'gen Stich? Floß nicht aus aufgeriss'nen Wunden Mein bestes Herzblut hin für dich? Hab ich in diesen düstern Tagen, Dich wahrend als das höchste Gut, Den Fluch entschlossen nicht getragen, Der auf den dir Ergeb'nen ruht? Denn du bist von der Welt verfluchet, Wie Alles, was nicht aus dir stammt, Und wer in dir nach Freude suchet, Den hat ein leerer Wahn entflammt; Wer dir will folgen, muß entsagen Des Lebens buntbewegter Lust, Wer dir will folgen, darf nicht tragen Ein irdisch Bild in seiner Brust. Und durch die Erde muß er wallen, Verkannt, verlassen und allein, Von ihren tausend Gütern allen Darf ihm kein Gut zu eigen sein. Er darf nicht ruh'n im frischen Thale, Sein Weg geht auf einsamen Höh'n; Er muß am großen Freudenmahle Der Kreaturen bettelnd steh'n. Er muß es sehen, wie sein Trachten Den Andern halber Wahnsinn scheint, Wie sie den Genius verachten, Den einen Engel er vermeint! Er muß die Stirne der Gemeinheit Umlaubt seh'n mit dem Kranz des Ruhms! Nur tief'rer Schmerz und höh're Reinheit Wird ihm statt allen Eigenthums. Und wenn als unerschrockner Freier Die Proben alle er bestand; Wenn endlich sinkt der letzte Schleier, Wenn ihn bekränzt der Musa Hand: Da schallt es von vieltausend Lippen »Ja, du bist groß und auserwählt!« Doch zwischen früh'rer Schmerzen Klippen Liegt seiner Freude Sphynx entseelt! Das ist's, was du vermagst zu geben, Du Engelsbraut, du armes Kind! Und doch vor Allen, die da leben, Beseligt ist, wer dich gewinnt! Er braucht den Lorbeer nicht, den fahlen, Er braucht die Lust der Erde nicht, Umspielt von tausend Sonnenstrahlen Mit weltverklärend mildem Licht! Mein armes Lied ist keins von jenen, Die, ewig hell und ewig klar, Am weiten Horizont des Schönen Bestimmt zu glänzen immerdar; – Doch mir war's eine sich're Leuchte, Von Geisterhänden mir erbaut. Dahin mein Aug', das thränenfeuchte, Im Sturm des Lebens gern geschaut. Und mir war's auf dem Klippenwege Ein treuer, fester Hoffnungsstab, Ein zaubervolles Blüthgehege, Verdeckend Schmerz und Tod und Grab. Mir war's ein Hauch von Engelsküssen, Mir war's ein milder Jenseitsstrahl, Mir war's ein fromm in Gott Zerfließen, Mir war's – genug! es war mein All. Drum will ich, wenn von Weh und Fehle Mein bess'res Theil nun bald entflieht, Aushauchen meine freie Seele, In einem letzten Siegeslied! Drum will ich, wenn des Todes Grauen Die bleiche Stirne mir umspielt, Noch zu der Musa aufwärts schauen Als wie zu einem Gottesbild.