Zwei Fenster 1. Ein Fenster hinter blendenden Gardinen, Das hoch und groß den Blick hinein verstattet; Vom hellen Sonnenglanze ist's beschienen, Der an den blanken Scheiben nicht ermattet. Umzogen ist's von grünen Epheuranken, Lorber und Myrte miteinander streiten, Jasmin und Rosen wollen blühend danken Für treue Pflege selbst in Winterszeiten. Ein Vöglein singt aus offenem Gebauer Und holt sich Zucker von der Jungfrau Lippen, Die an dem Fenster näht, wie leiser Schauer Durchrieselt sie's bei ihres Vögleins Nippen. »Gefangen Du, wie Er«, so spricht sie leise, »Doch hast Du nie gekannt ein freies Leben Und singst es täglich mir in froher Weise, Daß ich Dir all, was Du begehrst, gegeben!« Und zu den Blumen ihre Blicke irrten: »Der Lorber wächst – ihn hat er längst erworben Und Trieb und Blüten sprießen an den Myrten Kein einzig Rosenknöspchen ist verdorben! – O dürft ich diesen holden Zeichen trauen! Dürft ich die Blumen an sein Gitter senden – Wann wird er endlich Lenz und Blüten schauen? Wann darf die Trennung, wann sein Kerker enden?« Ein Seufzer, eine Thräne – dann aufs neue Greift sie zur Arbeit, die sie ihn bereitet – Singt dazu leis ein Lied von Lieb' und Treue, Von Gottes Hand, die ihn wie sie geleitet. –