4. An Herrn David Müllern, über die Geburt seiner liebsten neuen Tochter Herr Müller gieng im Schertze Ein Wetten mit mir ein, Sein Trost und liebstes Hertze Brächt' ihm ein Töchterlein; Mein Urtheil war darwider Und rhiet' auff einen Sohn, Ich satzt' ihm meine Lieder, Er mir den Xenophon. Worauff er sey gegangen, Daß weiß ich warlich nicht, Ich sahe dieser Wangen Lebhasstes schönes Liecht Und glaubte, daß sie schreiben, Die Söhne machen roth; Nun muß es dabey bleiben, Ein Buch ist kein Gebot. Wiewol, was ist gefehlet, Weil doch ein Weibesbild Wird für ein Mensch gezehlet, Und auch nicht minder gilt? Wer anders schon wil sagen, Der kennt sich selber nicht; Dann Menschen Menschen tragen An dieses Tageliecht. Was rucken wir den Frauen Diß oder jenes für? Die Blumen auff den Auen Sind nicht von solcher Ziehr, Die Sonne, wann sie stralet Vom Mohrenlande her, Hat schöner nie gemahlet Das Land und breite Meer. Ein Mann der muß nur reysen, Ertragen Hitz und Frost, Muß ziehn durch Eyß und Eisen Bey schlechter Ruh und Kost, Muß bauen, Kriege führen, Steigt auff ein wildes Pferd, Wird mager beym studieren, Stirbt offtmals durch das Schwerd. Deß Frauenzimmers Jugend Wird sonder Sorgen groß, Erlernet Witz und Tugend In ihrer Mutter Schoß, Die sie mit Lust erziehen Biß zu derselben Zeit, Da sie auch lernen fliehen Die Last der Einsamkeit. Nun wachse, liebe Kleine, Sey deiner Eltern Ziehr, Brich künfftig mit dem Scheine Der edlen Zucht herfür; Gott lasse mich erfahren Den angenehmen Tag, Daß ich mit greisen Haaren Dein Brautlied schreiben mag.