17. Am Sontage Quinquagesimä 1. Corinth 13. Auff den 3. Psalm Wie viel sind der, o Herr. Hett' ich Beredtsamkeit Der Menschen weit und breit, Wenn ich wie Engel redte, Doch were solche Zier Ein nichtigs Thun bey mir, So ich nicht Liebe hette. Es were nur ein Thon, Der kömpt und fleucht darvon, Im Fall ein Ertz erklinget, Nur einer Schellen Schall, Die mit vergebnem Hall' Uns in die Ohren dringet. Weissagt' ich recht und wol, Wer' aller Gaben voll Und köndte Berge regen Durch meines Glaubens Krafft, So würde nichts geschafft Der Liebe Mangel wegen. Ließ ich den Armen hin, Das was ich hab' und bin Und liebe nicht von Hertzen, So würd' es allen seyn Nichts als ein blinder Schein, Ein blosser Schimpff und Schertzen. Die Lieb' ist jederzeit Begabt mit Freundligkeit, Läst bösen Eyfer bleiben; Die Liebe schalcket nicht, Sie denckt an ihre Pflicht, Kan nicht viel von ihr schreiben, Nicht ungebärdig seyn, Sie läst den Geitz nicht ein, Läst sich nicht zornig machen, Kan nicht nach Schaden stehn, Weiß auch nicht umbzugehen Mit ungerechten Sachen. Der Warheit ist sie huld, Gläubt, hofft, und trägt Gedult; Drumb wird sie auch bestehen, Die wahre Liebesbrunst, Wenn Sprachen, Witz und Kunst Und alles wird vergehen. Deß Menschen Müh und Fleiß, Das was er kan und weiß, Ist Stückwerck nur zu nennen; Man wird es nach der Zeit, Wenn die Vollkommenheit Wird angehn, nicht mehr kennen. Ich, als ich war ein Kind, War kindisch auch gesinnt Und that was Kinder machen: Nach dem ich ward ein Mann, Da hab' ich weg gethan Der Jugend leichte Sachen. Es siht jetzt unser Sinn Durch einen Spiegel hin, Steht weit vom rechten Liechte; Hernach ists also nicht, Man wird das Angesicht Recht sehn zu Angesichte. Was ich jetzt sehen kan, Ist Stückwerck umb und an In unsrer Schwachheit Orden; Nach dieser Zeiten soll Ich's kennen recht und wol, Wie ich erkandt bin worden. Was aber uns anjetzt Am allermeisten nützt, Ist Glauben, Hoffen, Lieben, Das Lieben sonderlich, In dem ein Hertze sich Soll besten Fleisses üben.