14. An H. David Müllern, über seiner Haußfrauen Marien Renischin Absterben Die Zeit, so wir verschliessen, Pflegt als ein Strom zu fliessen Der keinen Halt nicht weiß; Wann unser Maß ist kommen Das Gott uns hat genommen, So fehlt der Kräuter Kein Winden und kein Drehen, Kein Zehren, Angst und Flehen Befreyet mich und dich; Ist schon der Geist verflogen Und auß der Haut gezogen, Er kömpt nicht hinter sich. Diß hier das mein' und deine, Was Adern hat und Beine, Das muß verweset seyn; Der Tod streckt seine Hände An jedes Ort und Ende Und greifft uns allen ein. Der ersten Erden Scharen, So Gott am nechsten wahren, Die rasten längest schon, Ihr Samen, seine Kinder, Und Kindeskind nicht minder, Sind tausend mal darvon. Dein Tod ist schon erkohren Eh als du bist gebohren! Diß ist deß Lebens Pflicht. Wir können sonst in Sachen Uns kein Raitung machen, Das Sterben fehlet nicht. Kein Mensch kan ihm verheissen, Er wolle sich entreissen Auch nur auff einen Tag; Wann wir am besten blühen, Heißt er uns weiter ziehen, Dem nichts entkommen mag. Herr Müller, wer wil sagen, Ihr sollt nicht Kummer tragen, Der muß kein Mensch nicht seyn. Wer bey zertheiltem Hertzen Bleibt unberührt von Schmertzen Ist Stahl und Marmorstein. Die euer Liecht zu Morgen, Zu Abend eurer Sorgen Gewündschte Ruhstatt war, Die Lust, der Trost, das Leben, Die euch kundt' alles geben Ist hin zur meisten Schar. Ihr Lob, Zucht, Thun und Handel, Ihr unbefleckter Wandel Bleibt nur unabgemeyt; Diß ists, was sie von hinnen Mit sich hat nemen können, Die Ziehr der Erbarkeit. Euch hat sie hinterlassen Ein Leyd, ein Freudehassen Und eurer Heyrath Frucht, Das Bildnüß ihrer Tugend, Der Kinder zarte Jugend, So jetzt die Mutter sucht. Was wollt ihr euch beklagen Und von dem Tode sagen? Sie lebt in ihnen noch. Die Eh' ist zwar zertrieben, Jedennoch ist euch blieben Der Ehe süsses Joch. In diesem Bilde schauet Was Gott euch vor vertrauet Und jetzt genommen hat; Im Uebrigen bedencket, Daß er, der euch jetzt krencket Noch wisse Trost und Rath. Er hat ja Vatter-Sinnen, Die nichts als lieben können, Auch wann er zornig ist. Die Hoffnung denckt und schauet Auff den, der in sie bauet Und ihren Trost erkiest. Nach rauer Lufft und Regen, Nach Plitz und Donnerschlägen Kömpt heller Sonnenschein. Der Winter ist verjaget, Deß Mertzens Wärme saget, Jetzt werde Früling seyn.