Höllenfahrt Da ragt der wilde Waxenstein hoch in der Lüfte zitterndes Blau; – zur Hölle soll dort der Eingang sein, so sagte mir eine alte Frau. Ich bin ihr begegnet im tiefen Tann, dahin mich vertrieben die Mittagsglut. Sie trug den kecken Tirolerhut und sah mich mit lauernden Blicken an. »Der Eingang zur Hölle reizt mich schier. Ich war im Himmel in dieser Nacht; seine selige Wärme behagte mir, – nun bin ich lüstern nach feuriger Pracht, nach der ewigen Glut für Seele und Leib, – wo geht der Weg in die Hölle, Weib?« Und sie wies mit der dürren vertrockneten Hand auf des Waxen steiltrotzige Felsenwand, der in steinerner Ruhe, ein Warner, stand. Um seine Höhen kein Lebenshauch, auf seinen Schroffen nicht Gras noch Strauch, die Wache hielten hier Tod und Graun. Und ich ging den Weg, denn ich wollte schaun. Ich ging ihn sicher und stieg empor und stand vor der Hölle granitnem Tor. Dreimal schlug ich mit starker Hand an die lockende, klingende, brennende Wand. Dreimal tönte der Widerhall aus der schwindelnden Tiefe wie Glockenschall. Dreimal klang er von Horst und Riff aus der schwindelnden Höhe wie Geierpfiff. Als er das erstemal verhallt, sah ich in dem Stein einen schmalen Spalt. Und als er verklungen das drittemal, lag mir vor den Augen das Höllental. Kein loderndes Licht, keine flammende Schau, stahlhart die Wände und glimmerblau. Von den Höhen fiel es wie Silber weiß, und im Fallen erstarrte die Flut zu Eis. Aus dem schäumenden Schlund, wo der Wildbach tost, reckte die knöcherne Hand der Frost. Und was er streifte, ward blinkend Eis; in der Wurzel erstarb das Edelweiß. In den toten Tiefen lag Schnee und Schnee, und mir fror das Blut, und mein Herz tat weh. Ein Schauder durchkroch meinen warmen Leib: »Das ist die Hölle! Wahr sprachst du, Weib! Das ist das Ziel unsrer Pilgerbahn, – und die ewige Glut ist ein flammender Wahn.« Mich packte der Schwindel. Mit sinkendem Blick mit tastenden Schritten nur fand ich zurück in den rauschenden Wald, an die strömende Flut, in die sonnige, selige Sommerglut.