Ländliche Kurzweil An Constanze Hartlaub Um die Herbstzeit, wenn man abends Feld und Garten gerne wieder Tauschet mit dem wärmern Zimmer, Bald auch schon den lang verschmähten Ofen sieht mit andern Augen, Jetzo noch zweideutigen: Haben wir hier auf dem Lande Noch die allerschönsten Stunden Müßig halb und halb geschäftig Plaudernder Geselligkeit. Jüngst so waren wir am runden Tisch versammelt um die Lampe. Eine Freundin, aus der Ferne Neulich bei uns angekommen, Saß, ein holder Gast, im Kreise. Abgetragen war das Essen, Nur das Tischtuch mußte bleiben. Reinliche Gefäße vor sich Eiferten die guten Frauen, Wer des vielkörnigen Mohnes Größern Haufen vor sich bringe; – Weißen hatten wir und blauen – Emsig klopften, unbeschadet Des Gespräches, ihre Messer, Während ich, zunächst dem Lichte, In den Haller Jahresheften Blätterte und hin und wieder Einen Brocken gab zum besten. Doch nach einer kleinen Stille, Plötzlich wie vom Zaun gebrochen, Sagte meine Schwester Clärchen, Schadenfrohen Blicks nach mir: »Geld auf Zinsen auszulehnen Ist wohl keine üble Sache, Wenn man es nur christlich treibt; Denn vom Hundert zieht man immer, Wo nicht fünfe, doch fünfthalbe, Das ist einem wie geschenkt; Aber wer in müßger Weile An dem Mohnfeld einst vorüber Schlenderte, der grünen Häupter Eines an der Seite spaltend, Kleine Münze drin verbarg, Hoffend, daß es groß und größer, Eine Wunderfrucht, erwachse, Und so viel es Körner trüge So viel nagelneue Kreuzer Künftig in der dürren Hülse (Eine feine Kinderklapper, Eine seltne Vogelscheuche!) Klingend in dem Winde schüttle, Der ist übel angeführt. Nicht nur, daß die Interessen Fehlen, auch die schönen Samen Sind vergiftet, schwarz gemodert, Und der unfruchtbare Mammon Lauter Grünspan, ganz unkenntlich, Garstig, wie dies Beispiel zeigt!« Und hiermit warf sie den Kreuzer Auf den Tisch, da lachte alles. »Lassen Sie sich das erklären!« Sagt ich, zu dem Gast gewendet: »Wer in Schwaben einen neuen Rock anhat zum ersten Male, Muß von Freunden und Bekannten In das neue Taschenfutter Einen blanken Kreuzer haben; Und so ward mir, ländlich sittlich, Auch der meine vorgen Sommer Für den hübschen Schlafrock, eben Den man gegenwärtig sieht. Jenen Morgen nun erging ich Guten Mutes mich im Garten, Tat auch wirklich wie sie sagt, Doch was ich dabei mir dachte, Muß ich wohl am besten wissen. Ein Orakel sollt es sein, Das der Herbst erproben würde: Bringt die Kolbe blauen Samen, Ist der liebe Gast nicht kommen; Bringt sie weißen, wird er dasein Eben wenn man sie eröffnet; Und um sie genau zu zeichnen Legt ich jene Münze ein. Aber bald war dieses alles Bis den Augenblick vergessen. Und nun seht« – »Nichts!« rief die Schwester: »Nein, ich lasse mir's nicht nehmen, Spekulieren wolltest du! Und der Fall beweist nur wieder, Was oft, dich in Schutz zu nehmen, Andere mit mir bezeugten: Daß mein teuerster Herr Bruder Bei dem allerbesten Willen Zum Kapitalisten eben Einmal nicht geboren ist.«