Klagelied einer Bäuerin (1772.) Die lieben Sommerrosen blühn Nun endlich auch im Garten; Da ging ich jeden Morgen hin, Und konnt' es kaum erwarten. Die allerschönste dacht' ich mir Aufs Kirmesfest zu pflücken, Und meines Wilhelm Hut mit ihr Beim Ringeltanz zu schmücken. Ach, aber keine pflück' ich ab, Auf seinem Hut zu blühen! Ihr Rosen, nur auf seinem Grab Sollt ihr ein Kreuz umziehen. Du guter Wilhelm, dachten wir Dies noch vor wenig Tagen, Als wir den ganzen Abend hier Auf Schlüsselblumen lagen? Rings um uns wehte frische Luft, Die Vogel sangen munter; Und süßer Apfelblütenduft Goß sich vom Baum herunter! Wir lagen, Hand in Hand, vertraut, Und küßten uns und kannten Kein größer Glück, als wenn wir Braut Und Bräutigam uns nannten. Dann aber trübten nach und nach Sich deine frohen Mienen, Und unbekannte Wehmut sprach Mit bangem Blick aus ihnen; Noch immer seh' ich dein Gesicht, Wie du ein Sträußchen pflücktest, Und zitternde Vergißmeinnicht Mir in die Hände drücktest! Da schlug mein Herz, ich konnte kaum Die Ahnung dir verhehlen; Und in der Nacht kam Traum auf Traum, Mein armes Herz zu quälen. Du guter Himmel, allzusehr Ist alles eingetroffen! Was kann ich nun auf Erden mehr, Als, auch zu sterben, hoffen?