Miltons Rache Am Grab der Republik ist er gestanden, Doch sah er nicht des Stuart Schiffe landen, Ihn hüllt' in Dunkel eine güt'ge Macht: Er ist erblindet! Herrlich füllt mit lichten Gebilden und dämonischen Gesichten Die Muse seines Auges Nacht... Ein eifrig Menschenantlitz neigt sich neben Der müden Ampel, feine Finger schweben, Auf leichte Blätter schreibt des Dichters Kind Mit eines Stiftes ungehörtem Gleiten Die Wucht der Worte, die für alle Zeiten In Marmelstein gehauen sind... Er spricht: »Zur Stunde, da« – Hohnrufe gellen, Das Haupt, das blinde, bleiche, zuckt in grellen, Lodernden Fackelgluten, zürnt und lauscht... Durch Londons Gassen wandern um die Horden Der Kavaliere, Schlaf und Scham zu morden, Von Wein und Übermut berauscht: »Schaut auf! Das ist des Puritaners Erker! Der Schreiber hält ein blühend Kind im Kerker! Der Schuhu hütet einen duft'gen Kranz! Wir schreiten schlank und jung, wir sind die Sünden Und kommen ihr das Herzchen zu entzünden Mit Saitenspiel und Reigentanz! Vertreibt den Kauz vom Nest! Umarmt die Dirne!...« Geklirr! Ein Stein!... Still blutet eine Stirne, Den Vater schirmt das Mädchen mit dem Leib, Die Bleiche drückt er auf den Schemel nieder, Ein Richter, kehrt zu seinem Lied er wieder: »Nimm deinen Stift, mein Kind, und schreib! Zur Stunde, da des Lasterkönigs Knechte Umwandern, die Entheiliger der Nächte... Zur Stunde, da die Hölle frechen Schalls Aufschreit, empor zu den erhabnen Türmen... Zur Stunde, da die Riesenstadt durchstürmen Die blut'gen Söhne Belials...« So sang mit wunder Stirn der geisterblasse Poet. Verschollen ist der Lärm der Gasse, Doch ob Jahrhundert um Jahrhundert flieht, Von einem bangen Mädchen aufgeschrieben, Sind Miltons Rächerverse stehn geblieben, Verwoben in sein ewig Lied.