Friedrich Matthisson Gedichte aus den Studienjahren (1778–1781) Der Hügel 1778. Segen Gottes dem Mann, Segen des Enkels ihm, Und die Thräne des Danks ferner Jahrhunderte, Welcher schattende Wipfel Dir, o fröhlicher Hügel, gab! Und das duftende Grün deiner Gesträuche, die, Zweig geschlungen in Zweig, labende Kühlung streun, Und das Schnekkengewinde Deines blühenden Hekkengangs. Ueberirrenden Bliks, schauet mein Aug' umher, Ob kein Taxusgebild oder ein Buchsbaumrand Deine Schönheiten fälsche, Und, o Freude! ich späh' umsonst! Ungeschminkte Natur, eben so wunderschön Als in deinem Gefild, glükliches Schweizerland, Deinen blumichten Thalen, Und bewipfelten Felsenreihn, Weilt im Maiengewand, mütterlichliebevoll, Nachtigallen im Schoos, Blumen um ihrer Stirn, Hier im traulichen Schatten Melancholischen Fichtengrüns, Winkt und lächelt mir zu, winket und lächelt sanft, Schüttelt Blüthen herab, säuselt um mich herum, O ich folge, ich folge, Allbelebende Göttin, dir! Sieh! den Hügel hinan leitet die Göttin mich, Auf dem einsamen Pfad dämmernder Schattennacht, Zeigt des fröhlichen Hügels Ganze Fülle der Schönheit mir! Laubgewölbe voll Duft, welche dem Rastenden Kühlung bieten und Ruh', Rasen dem Schlummerer, Ueberhüllet von Geisblatt Oder rankendem Wintergrün; Und vom Gipfel herab, blühend wie Edens Flur, Das gesegnete Land, welches im Goldpallast Und in dörflicher Hütte Himmelselige Wohner nährt! Sag, o Hügel, mir an, warest vom Anbeginn Du von Düften bewölkt? sproßten dir Blumen auf? Und entwehte die Kühle Deinem zitternden Laube stets? Baumlos ragtest du einst, naket und dürftig auf, Sparsam keimte dein Gras unter dem Sand' hervor, Disteln zischten im Winde, Und dein Gipfel war schattenleer! Aber Blumen entblühn, Lauben bekleiden sich, Bäume treiben empor, lachender Mai beginnt, Wenn im Herzen des Edlen Nachweltliebe zu Thaten keimt. Solche Seelen belohnt, wenn in der Rasengruft Ihre Hülle von Staub lange der Ernte reift, Manches fühlenden Mädchens Einsamdankende Zähre noch. Segen Gottes dem Mann, Segen des Enkels ihm Und die Thräne des Danks ferner Jahrhunderte, Welcher schattende Wipfel Dir, o fröhlicher Hügel, gab.