Friedrich Matthisson Wanderjahre in Deutschland (1784–1787) Die Liebe Sag' an, o Lied, was an den Staub Den Erdenpilger kettet, Daß er auf dürres Winterlaub Sich wie auf Rosen bettet? Das bist du, süsse Liebe! du! Du giebst ihm Trost, du giebst ihm Ruh' Wenn Laub und Blumen sterben! Und, ach! wenn sein zerrißnes Herz Aus tausend Wunden blutet, Was sänftigt dann den Seelenschmerz Der drinnen ebb't und fluthet? O Liebe! Liebe! Oel und Wein, Träufst du den Todeswunden ein, Tränkst ihn mit Himmelsfreuden. Wenn ihn Verzweiflung wild umfängt, Mit hundert Riesenarmen, Gewaltig ihn zum Abgrund drängt, Wer wird sich sein erbarmen? Du, Liebe! du erbarmst dich sein, Führst ihn, wenn tausend Tode dräun, Noch sanft zurück ins Leben! Wenn er am Sterbebette weint Von Todesgraun umnachtet, Wo angstvoll seiner Jugend Freund Dem Grab' entgegen schmachtet, Was stillt dann des Verlaßnen Gram? O Liebe! was der Tod ihm nahm, Giebst du verschönt ihm wieder! O Liebe! wenn die Hand des Herrn, Der Welten Bau zertrümmert, Kein Sonnenball, kein Mond, kein Stern, Am Firmament mehr schimmert: Dann wandelst du der Erde Leid, Gefährtin der Unsterblichkeit! In Siegsgesang am Throne!