99. Gut Gewissen Ohne Leben lebt der Welt, Wer nicht gut Gewissen hält; Gut Gewissen in der Zeit Hebt schon an die Ewigkeit. Gut Gewissen traut auff GOTT, Trit für Augen aller Noth, Ist verschildwacht allezeit Mit der freyen Freudigkeit. Gut Gewissen wird nicht blaß Für Verhöhnung, Schmach und Haß, Steht im Bündnüß allezeit Mit der weissen Redligkeit. Gut Gewissen achtet nicht, Was Verleumdung ticht und richt; Warheit steht ihm an der Hand, Macht sein Unschuld noch bekant. Gut Gewissen wancket nie, Beuget auch kein knechtisch Knie Für der runden Menschen-Gunst, Die man kaufft durch Schmeichel-Kunst. Gut Gewissen segelt fort Immer auff den rechten Port, Ob ihm gleich parteyisch sind Welle, Klippe, Strudel, Wind. Drum wer stets vergnügt wil seyn, Lad ihm gut Gewissen ein: Welt hat keine beßre Lust Als den reinen Wolbewust.