Isern Hinnerk. 1346 Ein Geschichtsblatt mit Balladenverbrämung. Als Graf Geert der Große ermordet war In Randers von Niels Henrik Ibsen, dem Ritter, Da stürzten sich wie ein Tigerpaar Seine beiden Söhne durchs dänische Gitter. Der Eiserne Heinrich rächte den Toten Am Mörder und seinen Gesellen gut. Viele Weiler, Dörfer und Städte lohten Und büßten des Rächers furchtbare Wut. Dann wäscht er das Blut ab von seinem Schild, Stößt sich den Helm in den Bärennacken Und reitet heim, feldwamszerknüllt, In Begleitung seiner Brünnen und Bracken. Noch tat er einen weiten Flug Gegen die heidnischen Letten und Lappen und Finnen, Und nahm dann gebührlich Spaten und Pflug, Um das Herz seiner Holsteiner zu gewinnen. Er regiert sein liebes Vaterländchen Mit seinem Bruder, dem milden Klaus. Sie beide sind Väter von manchem Legendchen, Das heut noch wandert von Haus zu Haus. Bis aus England eine Bitte kam Vom kleinen König Edward dem Dritten, Demzufolge Hinnerk schnell Urlaub nahm Und eilig zu Hilfe fuhr den Britten. In London ritt er ein mit großer Pracht, In schwarzer Rüstung von Kopf bis zu Füßen, Wie eine Erscheinung aus Mitternacht, Die ganz perplex die Menschen begrüßen. Gleich saß der Neid der englischen Edeln Mit ihm auf dem Sattel hinten und vorn. Und wie sie vor ihm weichen und wedeln, Zerrt hinterrücks an ihm Distel und Dorn. König Edward aber, dem ist er lieb, Der läßt sich durch das Gezischel nicht hudeln, Dem läuft all das Dreckwasser wie durch ein Sieb, Er läßt sich seinen Freund nicht besudeln. Bald stehn sie in Frankreich vor dem Feind: König Philipp mit seinen Bundesgenossen: Alph von Lothringen ist mit ihm vereint, Bisanz von Majork hat sich angeschlossen, Sechstausend genuesische Bogenschützen, Le simple Roy Pierre de Navarre, Die Flandern mit ihren Flundermützen, Graf Alençon auch, der Klingelnarr. Und selbst Tataren, der fernste Kosak Überschwemmen Philipps Lager in Strömen; Zuletzt trabt noch an mit Schabrunk und Schabrack Der blinde König Johann von Böhmen. Crescy! Die Schlacht beginnt. Kommt heran! Noch einmal stemmt jeder sich fest in den Bügel. Ganz vorn zieht der alte blinde Johann, Zwei Pagen halten ihm Zaum und Zügel. Wie zum Gebet hält er den Zweifäustler steil in Lüften, Hoch blitzt sein Flamberg wie Simsons Zorn, Als wollt er damit den Himmel klüften. Dann brüllt er: »Los!« Und gibt den Sporn. Mit flatternden Haaren, vom Helme frei, Rast er allein, sein Hengst muß es wissen, Rast in den Feind er mit gellendem Schrei, Umschlossen von ewigen Finsternissen. Die Heere stehn starr. Nur Heinrich nicht. Isern Hinnerk, auf seinem seeländschen Gaule, Sprengt ihm entgegen im Morgenlicht Und knüpft sich mit ihm zum Knoten im Knaule. Des Königs Schwert fällt mit furchtbarem Schlage Auf des Grafen Schulter. Der Panzer zerspringt. Dann hält sich der Kampf in der Todeswage, Bis der König entseelt aus dem Sattel sinkt. Der Graf nimmt die goldnen Ketten ihm ab Und sieht die erloschnen Augen mit Grausen, Der erloschnen Augen doppeltes Grab – Rings trommelts: Triumph! Die Tromben brausen. Nach London zurück. König Edward verreist. Der Graf bleibt allein mit Livree und Vasallen, Mit dem Hofgefolg, das ihn heimlich umkreist, Um ihn meuchlings mit Mördern zu überfallen. Doch alle die Kammerherren und Ritter Wagen sich nicht an ihn heran: Sie fürchten ein heiliges Ungewitter, Das sie vernichtet, Mann für Mann. Wir habens: Wir lassen den Löwen los, Der Graf geht früh stets im Garten spazieren. Der Löwe springt gegen ihn an furios Und wird ihn fressen. Und wir triumphieren. Juni. Frühmorgens. Es fällt der Tau. Ein Grasmückenpärchen schnappt sich Fliegen. Rosen. Jasmin. Ein krächzender Pfau Will grad aus einem Lilienbeet biegen. Todstille. Da stürzt sich mit greulichem Brummen Der Löwe dem Grafen in den Weg. »Du frevliger Hund! Willstu verstummen Und dich wegscheren in dein Geheg!« Der Graf streckt die Hand vor, der Löwe kriecht fort, Mit gänzlich vermaulter, vermuckerter Schnauze, Und kriecht an seinen alten Ort, Und hockt da gleich einem lichtscheuen Kauze. Der Abend desselben Sommertags Sieht ein großes Bankett im Königsschlosse. Er lockt in die Steige des künstlichen Hags Und füllt den Hain mit galantem Trosse. Der Graf führt die Königin und ihre Degen Zum Schrank des Löwen artig hinauf, Nimmt sich vom Haupt den Kranz, und verwegen Stülpt er im Käfig dem Leuen ihn auf. Tritt wieder heraus und verbeugt sich jovial: »Wer holt ihn zurück? Nun? Wer wirds besorgen?« Die Herren durchrieselts, sie werden fahl Und schleichen davon wie der Löwe heut Morgen.