Die Heidelberger Ruine Freundlich grünen diese Hügel, Heimlich rauscht es durch den Hain, Spielen Laub und Mondenschein, Weht des Todes leiser Flügel. Wo nun Gras und Staude beben, Hat in froher Kraft geblüht, Ist zu Asche bald verglüht Manches reiche Menschenleben. Mag der Hügel noch so grünen; Was dort die Ruine spricht Mit verstörtem Angesicht, Kann er nimmer doch versühnen. Mit gleichgültiger Gebärde Spielt die Blum in Farb und Duft, Wo an einer Menschengruft Ihren Jubel treibt die Erde. Kann mein Herz vor Groll nicht hüten: Ob sie holde Düfte wehn Und mit stillem Zauber sehn: Kalt und roh sind diese Blüten. Über ihrer Schwestern Leichen, Die der rauhe Nord erschlug, Nehmen sie den Freudenzug; Gibt der Lenz sein Siegeszeichen. Der Natur bewegte Kräfte Eilen fort im Kampfgewühl; Fremd ist weiches Mitgefühl Ihrem rüstigen Geschäfte. – Unten braust der Fluß im Tale, Und der Häuser bunte Reihn, Buntes Leben schließend ein, Schimmern hell im Mondenstrahle. Auf den Frohen, der genießet Und die Freude hält im Arm; Auf den Trüben, der in Harm Welkt und Tränen viel vergießet; Auf der Taten kühnen Fechter – Winkt hinab voll Bitterkeit Die Ruine dort, der Zeit Steinern stilles Hohngelächter. Doch hier klagt noch eine Seele. Sei gegrüßt in deinem Strauch! Sende mir den bangen Hauch, Wunderbare Philomele! Wohl verstehst du die Ruine, Und du klagst es tief und laut, Daß durch all die Blüten schaut Eine kalte Todesmiene; Folgst dem Lenz auf seinen Zügen; Und zu warnen unser Herz Vor der Täuschung bittrem Schmerz, Straft ihn deine Stimme Lügen. Doch – nun schweigst du, wie zu lauschen, Ob in dieser Maiennacht Heimlich nicht noch andres wacht Als der Lüfte sanftes Rauschen. Die der Tod hinweggenommen, Die hier einst so glücklich war, Der geschiednen Seelen Schar, Nachtigall, du hörst sie kommen; Von den öden Schattenheiden Rief des Frühlings mächtig Wort Sie zurück zum schönen Ort Ihrer frühverlaßnen Freuden. An den vollen Blütenzweigen Zieht dahin der Geisterschwall, Wo du lauschest, Nachtigall, Halten sie den stillen Reigen; Und sie streifen und sie drängen – Dir nur träumerisch bewußt – Deine weiche, warme Brust, Rühren sie zu süßen Klängen. Selber können sie nicht künden, Seit der Leib im Leichentuch, Ihren nächtlichen Besuch Diesen treugeliebten Gründen. Nun sie wieder müssen eilen In das öde Schattenreich, Rufest du so dringend weich Ihnen nach, sie möchten weilen. – Blüten seh ich niederschauern; Die mein Klagen roh und kalt Gegen die Gestorbnen schalt, Jetzo muß ich sie bedauern; Denn mich dünkt, ihr frohes Drängen Ist der Sehnsucht Weiterziehn, Mit den Blüten, die dahin, Um so bälder sich zu mengen. Hat die leichten Blütenflocken Hingeweht der Abendwind? Ist des Frühlings zartes Kind An dem Geisterzug erschrocken?