Mischka Mischka an der Theiss In dem Lande der Magyaren, Wo der Bodrog klare Wellen Mit der Tissa grünen, klaren, Freudig rauschend sich gesellen, Wo auf sonnenfrohen Hängen Die Tokayertraube lacht: Reiten lustig mit Gesängen Drei Husaren in der Nacht. Und der Fischer, der die leisen Netze warf im Mondenstrahl, Hört vergnügt die Heldenweisen Klingen weithin durch das Tal, Höret durch des Liedes Pausen Hellen Schlag von Rosseshufen Und des Stromes Wellen brausen Und das Echo ferne rufen. Bald entschwunden sind die Lieder Und der Waffen heller Schein, Und es hört der Fischer wieder Rauschen nur den Strom allein. »Haben doch ein schönes Leben, Diese flüchtigen Husaren! Zwischen Freuden und Gefahren Hoch zu Rosse hinzuschweben, Jubelnd in die Schlacht zu fliegen Und zu sterben oder siegen Für das Vaterland, den König! Ach, dem Fischer ziehn die Tage Mit dem dumpfen Wellenschlage Arm vorüber und eintönig!« Also denkt in stillem Sinnen Dort der Fischer trübgemut, Sieht des Stromes muntre Flut Mondbestrahlt hinunter rinnen. Wie er starret in die Wellen, Malt die Sehnsucht ihre Träume In die schwanken lichten Räume Ihrem nächtlichen Gesellen, Und er schaut im Wellentanze Kriegesszenen mancherlei, Männer ziehn im Waffenglanze, Und es rauscht die Schlacht vorbei; Und ihm deucht, ob aus den Tiefen Fernverworrne Stimmen riefen, Kampfgetös, Trommetenklänge, Feindesflucht und Siegsgesänge. – Und der Fischer träumt noch lange Sich ein froh Husarenleben, Er vergißt, das Netz zu heben Und zu sehn nach seinem Fange. – Ferne reiten schon die drei In dem Tale von Tokay. Sie verstummten allgemach, Still für sich ein jeder zieht, Lauscht den Stimmen, die das Lied Rief in seinem Herzen wach. Wie sie reiten, wie sie schweigen In dem schönen Tokaytal, Bringen Winde Mal auf Mal Klänge her von fernen Geigen. »Zimbalschlag mit Geigenklängen, Das ist Mischka, seine Bande!« Ruft der eine, und sie sprengen Schnell zur Schenk am Tissastrande, Von den Rossen abgesprungen Sind sie schnell, und klirrend ein Treten die drei Reiterjungen: »Mischka, streiche! Wirt, gib Wein!« Manche Geige mag im schönen Lande der Magyaren tönen, Doch im Land die Geige keiner Spielt wie Mischka, der Zigeuner. Wohlgefällig trifft des Alten Blick die hohen Mannsgestalten, Ihre schmucken, schimmerblanken Waffen und Husarenputz; Auf dem Haupt, voll Kraft und Trutz, Federbüsche drohend schwanken. Mischka steht von seinem Sitz, Schwingt den Wein zum Gruß empor, Aus den schwarzen Locken vor Fährt ein froher Augenblitz: »Die Husaren sollen leben!« Ruft der Geiger; »Krieg solls geben!« Rufen die drei Schwertgenossen, Eilen mit ihm anzustoßen. »Hab in meinen Jugendtagen, Denen ich nachhinke jetzt, Auch mein Reiterschwert gewetzt, Eh die Kugel mich geschlagen, Focht in euren tapfern Scharen; Mancher Franzmann mußte reisen, Dem mein scharf Husareneisen Zwischen Leib und Seel gefahren!« Also spricht der Mischka heiter An die jungen Ungarreiter; Drauf er rasch die Geige nimmt, Scharfgenau die Saiten stimmt, Gibt dem Bogen noch des Harzes, Und sein Haar, sein langes, schwarzes, Wirft er schüttelnd ins Genick, Drückt die Fiedel unters Kinn, Und sein dunkler Feuerblick Winkt der Bande zum Beginn. Mischka voll und langsam zieht Ein uraltes Schlachtenlied Das vor manchen hundert Jahren Klang versunknen Heldenscharen, Das mit seiner wilden Klage Aufgefacht den Kriegesmut, Als die Ungarn ihre Tage Tränkten noch mit Türkenblut, Als sie speisten ihre Nächte, Mit gehäuften Türkenleichen, Weil des Wahnes grimme Knechte Drohten allen Christenreichen. – Schneller brausen jetzt die Töne, Kühner Herzen wilde Söhne; Ihren ungestümen Reigen Führen die verwegnen Geigen, Mischkas Geige doch vor allen Hört man aus dem Kampfe schallen. Und des Zimbals Hämmer pochen, Bald wie Sturm hereingebrochen, Bald hinsäuselnd durch die Saiten, Hörbar kaum, wie nach der Schlacht Frühlingswinde in der Nacht Durch die Wahlstatt flüsternd gleiten, Heiße Todeswunden kühlend, Mit dem Haar der Leichen spielend. Aber langsam, ernst und trübe In der Tiefe wühlt der Baß, Ob er dort dem wilden Haß Grab an Grab im Boden grübe. – Ha! wie tanzen die Husaren, Echte Söhne der Magyaren! In der Freude Sturmeswogen Unaufhaltsam fortgezogen Von des Klanges dunkeln Mächten, Schwingen sich die Starken, Flinken, Hoch die Flasche in der Linken, Hoch den Säbel in der Rechten. Und den Reitern durch die Kehlen Strömt im Tanz das süße Feuer, Strömt der herrliche Tokayer, Wie das Lied durch ihre Seelen. Nach dem Takt der kühnen Weisen Klirrt der Sporen helles Eisen, Und im Takt des Tanzes singen Lassen sie die Säbelklingen. Wie sie jetzt die Faust empören, Im Gebrauch aus alten Tagen, Und beim Schwertzusammenschlagen Haß und Tod den Türken schwören! Wilder stets Musik erwacht; Rasen die Zigeunerleute? Werden sie der Übermacht Ihres Liedes selbst zur Beute? Horch, wie scherzend, horch, wie klagend Und das Herz von hinnen tragend, Mischkas Wundergeige waltet, Durch und durch die Seele spaltet. Diese bangen, diese süßen, Zauberhaften Töne müssen In das Land der Schatten dringen Und die Toten wiederbringen. Dieses Zittern seiner Saiten Ist das Schwanken einer Brücke, Drauf zurück zum Erdenglücke Sehnsuchtsvoll die Geister schreiten, Drauf der Helden Geister wallen, Treu der Heimat süßem Drange, Die bei dieses Liedes Klange In der Vorzeit sind gefallen; Und sie schweben und sie schwanken Um die Tänzer ungesehen, Ihnen an die Stirn zu wehen Flammenhelle Schlachtgedanken, Sie mit Träumen zu berücken, In die Vorwelt zu entzücken. Plötzlich stürzen die Husaren An den Strand hinaus mit Macht, Und sie rasen in die Nacht: »Wo? wo sind die Türkenscharen?« Hauen pfeifend in die Luft; Doch kein ›Allah!‹ Antwort ruft. Nur die Tissa ist noch munter, Zieht dahin mit dumpfem Brausen, Und des Ufers Büsche sausen; Friedlich strahlt der Mond herunter.