Der Raubschütz Nach einer Sage Der alte Müller Jakob sitzt Allein beim Glase Wein. Schwarzmitternacht, nur manchmal blitzt Ein Wetterstrahl herein. Das Mühlrad saust, es braust der Wind; Doch schlafen ruhig Weib und Kind. Der Alte tut manch raschen Zug, Er denkt an Zeit und Tod. Wie draußen jagt des Sturmes Flug, So jagen Lust und Not, Die längst begrabnen, neuerwacht, Ihm durch die Brust in dieser Nacht. Die Tür geht auf, er fährt empor: Wer kommt zu solcher Stund? Ein Weidmann mit dem Feuerrohr, Mit seinem Stöberhund, Hahnfeder, Gemsbart auf dem Hut, Das grüne Wams befleckt mit Blut. Der Müller starrt, zurückgebeugt, Dem Jäger ins Gesicht, Sein Haar entsetzt zu Berge fleugt, Sein Blut zum Herzen kriecht: Der Raubschütz ists, der wilde Kurd, Der jüngst im Wald erschossen wurd. Der finstre Jäger an die Wand Auf Jakobs Büchse winkt; Der preßt sein Glas in zager Hand, Daß es zu Scherben springt; Gehorchend nimmt er sein Gewehr Und schleicht dem Grausen hinterher. Sie streifen in den Wald hinaus, Nach süßem Wüdesraub; Stets lauter wird der Winde Braus, Der Pfade dürres Laub. Der Jäger ruft voll heißer Gier: »Komm, Bruder, jagen, jagen wir!« Sie ziehn fort fort im finstern Wald Durch Strupp und Strom gar frisch; Das Wild schrickt auf, die Büchse knallt, Der Stöbrer im Gebüsch Rauscht mit arbeitendem Geruch, Der Jäger ruft: »Such, Hundel, such!« Doch an des Walds geheimstem Ort, Auf seinem liebsten Stand, Wo jüngst die Kugel ihn durchbohrt Aus meuchlerischer Hand, Da bleibt er stehn und donnert: »Schau! Hier schoß er mich wie eine Sau!« Es ächzt der Wald im Sturm verzagt, Vom Monde jetzt erhellt; Der kühn gewordne Müller fragt: Was ists in jener Welt? Da murmelt trüben Angesichts Der Jägersmann: »Es ist halt nichts!«