Die Gewitternacht Mit dem Grafen Konopacki, Seinem Freunde treubewähret, Spricht Johannes angelegen, Als der Abend wiederkehret. Eben hat der Graf des Trostes Mildberedtes Wort geendet Und des Prinzen düstre Seele Froher Hoffnung zugewendet. Leise lächelt dem die Freude Auf den kummerbleichen Wangen, Und er hält die Hand des Freundes Mit des Dankes Druck umfangen. – Draußen sind die Warfenknechte Rundgelagert in der Halle, Und es dröhnt der Marmorboden Vom Pokal und Würfelfalle. Weiche Provenzalenlieder Tönen aus den rauhen Kehlen, Und sie schweben durch die Runde Schwankend, wie verirrte Seelen. Doch den einen von den Wachen Seine Kameraden schelten, Denn er schweigt bei ihrem Jubel, Hebt auch seinen Becher selten. Klärchens Vetter, Heinrich ist es, Den des Mädchens Flehn bewogen, Daß der Krieger auf des Kerkers Prevotalwacht ist gezogen. – Schweigend blicken jetzt die Freunde Durch des Kerkers Fenstergitter, Nächtlich kommt heraufgezogen Dort vom Westen ein Gewitter; Und die freien Wetterwolken Ziehen rasch vorbei und schneiden Finstre, höhnische Gesichter In den Kerker auf die beiden. Brausend fliegt des Todes Jagdhund Sturm bergan in wilder Eile, Seinen Herrn zu suchen, irrt er Durch die Felsen mit Geheule. Immer wird der Himmel dunkler, Und schon ist die Nacht vollkommen; Wie von einer finstern Ahnung Wird der Freunde Herz beklommen. Donnernd hallt des Todes Weidruf Ringsum in Gebirg und Talen, Plötzlich zündet er die Nacht an Mit den hingeschoßnen Strahlen. Immer lauter schreit der Donner Durch die grausen Finsternisse; Aus gebrochnen Wolken stürzen Rauschend sich die Regengüsse. Hart am Kerker Blitze zucken Sehn die beiden mit Entsetzen: An den Felsen scheint der Tod hier Seinen Flammenpfeil zu wetzen. – Doch wer sind die zwei Gestalten, Die, umraset von den Wettern, Es in solcher Stunde wagen, Zum Gefängnis aufzuklettern? Richelieus geheimes, sichres Werkzeug in verruchten Taten: Chantereine, der Hauptmann ist es Von des Schlosses Wachtsoldaten. Dieser weiß zu des Gebieters Schlau verderblichem Befehle Immer noch ein Gift zu fügen Aus der eignen bösen Seele. Und mit ihm der Knechte kühnster, Dem er alles mag vertrauen, Der ihm durch die Nacht der Sünde Folgt wie durch Gewittergrauen. Rastend halten sie jetzt inne Auf bequemer Felsenfläche, Daß des Greuels nahen Ausgang Noch das finstre Paar bespreche. Wildfrohlockend ruft der Hauptmann: »Heute muß das Werk vollbracht sein Und zur Freude des Ministers Dies des Polen letzte Nacht sein! Reich an Hasse ist der Priester, Dessen mag manch Grab ihn loben; Doch des Hasses herbste Fülle Kocht sein Herz für den da oben. Denn der hat sich kühn vermessen, Einst in hoher Fürsten Kreise Dem Gefürchteten zu nahen Auf verächtlich kalte Weise. Und er wäre längst verblichen; Doch der König selbst, der schwache, Hat Gewalt verboten, fürchtend Österreichs und Polens Rache. Heute will mit eigner Faust ich Nach der rechten Stunde haschen Und mit dem, was wir vollbringen, Selbst den Teufel überraschen. Doch daß unsrer Tat Geheimnis Kein Verräterohr belausche, Liegt der Wache ganze Rotte Eingezecht im tiefsten Rausche. Hurtig schleudern in den Kerker Wir die lohen Schwefelbrände, Daß der Fürst im schweren Qualme Sein erlauchtes Leben ende! Und sein guter, treuer Landsmann, Der da schläft an seiner Seiten, Wird den Freund wohl mit Vergnügen In die andre Welt begleiten. Lustig vorwärts, Kamerade! Vorwärts, Bruder, ohne Zagen! Morgen heißt es: in den Kerker Hat der Donner eingeschlagen. Ja! dem Himmel aufgebürdet Sei die Mordtat unsrer Hände; Und der wütet heut so närrisch, Daß ers selber glaubt am Ende!« Hastig schreiten sie nun aufwärts, Kommen zu den Kerkertoren; Doch es ging von dem Gespräche Nicht ein Wörtchen auch verloren. Denn des Prinzen treuer Page, Dem ein Unheil mochte ahnen, Folgte ihnen Schritt für Schritte Nach auf ihren schlimmen Bahnen. Sachte sind sie nun getreten In das Haus, die Schwefelbrände Aus dem Dunkel still zu holen, Und entzünden sie behende. Klärchen weckt den Vetter schleunig, Der in leichtem Schlummer nicket, Hält die Hand ihm, daß er schweige, Zitternd auf den Mund gedrücket. Chantereine ist schnell und leise Schon zum Fenster angeklommen, Hat nun aus der Hand des Knechtes Schon den Brand hinaufgenommen; Plötzlich mit dem Feuerrohre Bricht der Page vor, entschlossen: In den bodenlosen Abgrund Stürzt der Bösewicht erschossen. Wütend, mit gezücktem Dolche, Faßt den Pagen nun der Scherge; Doch, von Heinrichs Schwert getroffen, Taumelt er hinab die Berge.