357. Des wilden Jägers Grab. Mündlich. Auf dem Hainberg bei Bockenem, so erzählte der Schäfer aus Harig, liegt ein schönes Jagdhaus, in dem befindet sich eine Kapelle mit einem großen unterirdischen Gange, in welchem der wilde Jäger begraben und mit allen seinen Hunden in Stein abgebildet ist. Er hat einen Hirsch, der das Leiden Christi zwischen seinem Geweih gehabt, schießen wollen. – Andere aber erzählen, dieser wilde Jäger sei der heilige Hubertus; der habe einst an einem Christtage in seinem Uebermuthe gesagt, er müsse heut noch ein Wildpret haben und wie er hinausgekommen in den Wald, sei ihm ein Hirsch mit dem Leiden Christi zwischen dem Geweih entgegengetreten; da habe er plötzlich seine Sünde anerkannt, habe sich bekehrt und sei von Stund an ein frommer Mann geworden. Vgl. Norddeutsche Sagen, Nr. 281; oben Nr. 136, 193, 204; Schambach u. Müller, Niedersächsische Sagen, Nr. 102; Müllenhoff, Nr. 134. Zum Schuß auf den Hirsch mit dem Leiden Christi vgl. auch noch Nr. 359; einen Hirsch jagt auch der Jäger in dem alten Meistergesang bei Grimm, Deutsche Sagen, Nr. 308; bei Lyncker, Heßische Sagen, Nr. 18. Ausführliches über die Bedeutung des Hirsches und seinen Zusammenhang mit Berchta bei Rochholz, I, 246 f; Simrock, Bertha d. Sp., S. 83; im zweiten Bande (S. 190) jedoch erklärt Rochholz den Hirsch für den gejagten Winter oder Tod; vgl. auch noch Menzel, Odin, S. 215 fg., wobei erwähnt werden mag, daß die bei Menzel, S. 214, berührte Sage von der verwünschten Tochter des böhmischen Königs Ottokar, die aus Steinau's Volkssagen entnommen ist, willkürliche Erfindung mit halber Wahrheit verbindet; was ältere Quellen und Volkssagen darüber bieten, findet sich vollständig in den Märkischen Sagen, Nr. 111, 112, und den Norddeutschen Sagen, Nr. 83, 85 mit den Anm.