Eine Blume auf ihr Grab An Christi Auffahrt – und meiner Mutter Sterbetage. 1780. Wie thaun die Nebel über die Morgenflur! Wie freundlich nickt der regnende Blüthenbaum Mir seinen Morgengruß durchs Fenster, Golden vom jüngsten der Sonnenstrahlen. Ich will dich feiern, heiliger, schöner Tag! Mit Wonn' und Wehmuth feiern – So feierten Dich Christus Jünger, als ihr Meister Ihnen entschwebte vom hohen Tabor. Noch stand er unter ihnen. Itzt segnete Sie seine Rechte. Rührender scholl sein Wort – Und immer heller ward sein Antlitz, Strahlender immer, und immer hehrer. Itzt säuselt' es, wie Säusel im Zedernhain – Itzt hüllten Wolken, duftig und goldbesäumt, Den Gottgeliebten. – Itzt entschwebt' er Feierlich langsam seinen Freunden! Wie standen die Verlaßnen! Wie streckten sie Ihm nach die heißen Arme! Wie starrt' ihr Blick! Nun sah'n sie ihn nicht mehr. – Nun stürzten Thränen der Wehmuth und Wonnethränen! Ich will dich feiern, heiliger, schöner Tag! Bist du es nicht, an welchem vor zwanzig sechs Verblühten Lenzen meine Mutter Wieder zur himmlischen Heimath kehrte? Noch rang sie auf dem Lager – es trauerte Der erste Gatt'! Es wimmerten um ihr Bett Die Kinder ihres Herzens – Weinend Sah sie gen Himmel. Der Himmel sah sie. Sie sprach zum Gatten: Friede, mein Trauter, dir! Und: Friede sey mit euch! zu den Wimmernden! Und immer stiller ward ihr Antlitz, Ruhiger immer und immer heller! – Und Engelstimmen flisterten: »Komm hinweg! Komm, theure Schwester! Dulderinn! komm hinweg!« Da brach ihr müdes Aug'. Ihr Schutzgeist Trug sie in Veilchengewölk gen Himmel. Ich will dich feiern, heiliger, schöner Tag! Mit Wonn' und Wehmuth feiern, so oft du kehrst – Und kehrst du mir nicht mehr im Staube – Wonne, so feir' ich dich ihr am Busen!