Dreizehnter Gesang Jesus' Väter genossen die Freuden der Auferstehung In der Gräber Gefilde, wo sie vor Kurzem noch schliefen. Aber Engel umwallten die Erde, zu sehn die Menschen, Die der Versöhner dem Schöpfer von Neuem geheiliget hatte. Ach, der Zeugen Freude verdrang oft Wehmuth, und eilend Tönten sie oft mit dem Purpurflügel, daß ihnen der Erde Lüfte wie Staub, den vom Fuß der Bote schüttelt, entwehten. Gabriel war noch am Grab, und auf einer der Sonnen von denen, Die den Himmel umgeben, Eloa. Dort wartet' Eloa, Daß herunterstiege die Herrlichkeit Jesus'. Des Grabes Engel schwebt' in die Schöpfung empor, der Auferstehung Himmlisches Zeichen zu sehn. Auf einen der Orione Hatt' er lang' sein Auge geheftet. Da geußt der Orion Farben aus und Strahlen, wie, jetzt geschaffen, er ausgoß. Dieser Anblick macht auf einmal den wartenden Seraph Glänzender. Schon erhob er sich; Sturm war sein Schweben, und Blitze Seine Schwünge. Der Seraph eilt zu den Gräbern und rufet, Gleich dem Wetter, vor dem der niedergeschmetterte Wald dampft: »Kommt zu dem Grabe!« Da eilten die Engel herzu und die Väter. Siehe, der lange Triumph umringte das Grab des größten Unter den Todten. Gabriel saß in der Mitte des Kreises Auf dem Grab, als säß' er auf einer goldenen Wolke, Die vollendete Seelen ins Leben der Ewigkeit trüge. Aber der Todesengel, der Jesus im Namen Jehovah's Seinen nahenden Tod verkündiget hatte, schwebt' itzt Langsam hin zum Grab und sank in Gabriel's Arme: »Nacht, noch ist es rings um mich Nacht, noch bebt mir die Erde! Dunkler als alle Finsterniß ist mir der Hügel des Todes! Niemals haben noch meiner Unsterblichkeit Kräfte Gerichten, Die Jehovah mir gab, erlegen; dem letzten erlag ich Und erlieg' ihm! Stärke mich wieder, Du Strahl der Allmacht, Der, aus diesem Grabe nun bald zu leuchten, der Rechte Gottes enteilt!« Der Unsterbliche sprach's und lehnte mit Staunen Sich an den Felsen, in dem des Geopferten Leichnam ruhte. Aber die Väter und Seraphim fragten einander und sprachen: »Wird die Sonne mit ihm erwachen? der sichtbare Frühling Dann ein Schatten der Herrlichkeit sein, womit er hervorgeht? Oder wird, noch gewandt von der Sonne Schimmer, die Erde Schlummern, indem der Todte, der ewig lebet, hervorgeht? Wird vor dem Herrlichen Staub sein Grab, und ein Spiel der Luft sein Jener hangende Fels, von dem Angesichte der Erde Weggewehet, indem sein Haupt der Sieger emporhebt? Werden wir seiner Herrlichkeit Glanz zu ertragen vermögen?« »Ach, kaum fasset mein Herz den Gedanken des süßen Verlangens,« Abraham rief's, »den himmelvollen, den Wonnegedanken: Ich, ich selber werde das sehn, kein Fremder, ich selber, Daß der Geopferte Gottes, ein Ueberwinder des Todes, Jenes Todes, den er gestorben, ins Leben herauf steigt! Halleluja! Das werd' ich sehn!« Er rief's, und der Mond ging Wieder hervor. Nicht lang', so deckten ihn trübende Wolken. Hundert ermüdete Wanderer, Männer und Mütter und Kinder Kamen. Sie gingen, geführt von dem Monde, schneller und nun schon Wieder langsam und waren jetzt in der Heiligen Kreise. Schleuniges Schrecken ergriff sie. Sie wußten nicht, was sie erschreckte; Aber sie flohn. Ein rufendes Kind verirrte sich. Eilend Trat ein Engel herzu und brachte den bebenden Knaben Seiner Mutter. Sie wollte dem lieben treuen Gefährten Danken; allein er war in die Nacht hinübergegangen. Nahe bei David hatte der Engel gestanden. Er kam jetzt Zu dem Geliebten zurück, und David sprach zu dem Engel: »Also führt, der bald nun erstehn und die Völker der Erde Sich versammeln wird, durch das erste Leben die Menschen. Ach, wie freuet sich meine Seele des Herrn, und wie werd' ich Seiner mich freun, wenn er aus dem Felsen des Schlummers erwacht ist! Ihr, vollendete Fromme, doch deren Leiber noch Staub sind, Und Ihr Frommen, die nie der Verwesung Schrecken durchbebte, Ihr vermögt nicht der Auferstehung unnennbare Freuden Ganz uns nachzuempfinden! Wie wird sie Jesus empfinden, Er, des Ewigen Sohn, der seiner Sterblichkeit Leiden Und des Todes Furchtbarkeit mehr wie die Menschen gefühlt hat! Assaph« (er eilt' in des Glücklichen Arm), »des Kreuzes, des Todes Göttlicher Dulder, er wird nun bald, mein Bruder, erwachen!« Sagt es und blickt mit inniger Wonne nach seines Erlösers Grabe. So blickt ein noch sterblicher Frommer sehnlich gen Himmel, Würdiget ihn der Eine, der richtet, Deß zu erinnern, Jenes ewigströmenden Urquells ewiger Wonne, Daß er, gehorsam bis zu dem Tode, die Seinen geliebt hat, Bis zu dem Tod am Kreuz! Und Assaph sah den Propheten, Ward von Seligkeit trunken, wie er. Die Schimmer im Antlitz David's wurden – so freut' er sich – Glanz, die Bewegung, der Athem Harmonien. Er schwebt' und erklang; nun beseelt' er die Harfe. Wort' erschollen noch nicht; doch ergoß die goldene Harfe Jubel. Allein nun ergriff ihn der himmlischen Psalme Begeistrung Ganz. Ein Strom ertönte der Saite Gesang und der Stimme: »Also sieht der Seher der Offenbarung auf Sion Einst in dem Himmel ein Lamm mit schimmernden Wunden bedeckt stehn Und mit dem schönen Blute des Heils. Dann stehn um den Hügel Zahllose feirende Schaaren, sie Alle Versöhnte; die haben Hell an ihrer Stirn des Vaters Namen geschrieben. Und wie das Meer, wie des Donners Stimme tönen die Harfen In der beseelenden Hand der feirenden Schaaren um Sion. Denn dem Sohne, sie singen dem Sohn. Denn ewiges Leben Strömt von den schimmernden Wunden des Lamms in die Seelen herunter. Also starb er. So sahen wir ihn. O Leichnam, Du schlummerst, Leichnam des Unerschaffnen! Noch wart Ihr nicht, Engel, da goß er Auch dies Licht (wir sahen's wie Dämmrung vordem) auf der Schöpfung Urgestalt, die Strahlen, als er der langen Aeonen Reihen dachte: Sterbliche sollten entschlummern; er selber; Dann erwachen. Erzählt's in den Himmeln allen, Ihr Zeugen Seines Todes, verkündet's in jeder Hütte des Friedens! Keiner würdige sie, von allen Seligen Keiner! Sagt's der Hölle nicht an; doch, wenn Ihr sie würdiget, donnert Schreckende Halleluja hinab, daß sie weiter hinüber, Weiter vom Himmel ins Unermeßliche fliehe! Der Gottmensch Wird erwachen, nun bald hoch über dem Staube des Grabes Stehen und Herrlichkeit sein und Herrlichkeit! Halleluja! Kommt, kommt eilend zu uns, Ihr seine Zeugen auf Erden! Schon sind Hütten der Ruh für Euch geöffnet. Die Palme Winket Euch schon. Bald habet Ihr Euer Zeugniß gezeuget, Bald geblutet, wie er. Du Blut der Märtyrer, rufe Nicht der Rache, der Rache, wie Abel's, rufe der Krone! Stephanus und Jakobus, Ihr ersten, die Morgenröthe Seines verkündeten Heils, kaum bricht sie hervor, und Ihr siegt schon! Stephanus und Jakobus, verlasset denn Kanaan! Joseph Kann sich länger nicht halten, nun länger nicht! Halleluja!« David sang's und erlag der Entzückung. Das Halleluja Konnt' er kaum vollenden. Die lispelnde Harf' entsank ihm. Aber in seines Lichtes Gewand – es weht' ihm die Palme In der Rechten, ihm wehte sein goldenes Haar – sang Joseph Gegen den Bruder, der einst in seinen Umarmungen weinte: »O der Entzückungen Ungestüm, der das Herz mir erschüttert, Denk' ich an jene Stunde zurück, in der mir der Vater Jedes Schicksals, Ihr Brüder, mich Euch zu entdecken erlaubte! Süßeste meiner Stunden im ersten Leben, Du wirst mir Also wiedergedacht, der Stunden des ewigen Lebens Eine! Wie war mir, als ich, vollendete Brüder, Euch zurief: Ich bin Joseph! Lebt mein Vater noch? Du, der im Grabe Schlummert, Du Bruder erlöster unzählbarer Brüder, Du Erstling Unter den Erben des Lichts, o, laß die Hülle des Blutes Und des Staubes fallen von Deinem Antlitz und zeige Dich in Deiner Herrlichkeit wieder! Zwar niemals verkannten Wir in Deiner Niedrigkeit Dich; doch dürften wir, dürften, Dich mit Wunden, die strahlen, zu sehn, den Sieger des Todes, Jenes nicht nur, der liegt und verwest, des ewigen Todes Sieger! Auch Derer, die einst, o Du der ewigen Gnade Ewiger Quell, nach Dir, weil sie Dich verkennen, nicht dürsten, Derer erbarme Dich auch und gieb ihm Flügel, zu eilen, Jenem Tage der letzten Enthüllung der Herrlichkeit Gottes! Wardst Du nicht allenthalben versucht, daß Du Mitleid hättest, Ueberwinder, versucht, wie der Sterblichen Keiner versucht ward? Der geschaffen das Aug' hat, sieht, geschaffen das Ohr, hört; Der Dich, Herz, erschuf, ach, sollte sich Der nicht erbarmen? Bist Du nicht eingegangen mit Deiner Versöhnung Blute, Hoherpriester, ins Allerheiligste? Ist sie nicht ewig, Deine Versöhnung, die Du, der Gerechteste, selbst erfandest, Selbst vollbrachtest? Wenn sie nun kommt, die Stunde der Wonne, Auch den Himmeln verborgen, verborgner der Erde, die Stunde, Die zu dem Retter Abraham's Kinder und Isak's und Jakob's, Ach, zum Gekreuzigten bringet; wenn nun der Völker Füll' ist Eingegangen, nun Israel auch eingehet, und Jesus Sich nicht halten mehr kann und laut zu weinen beginnet: Ich bin Jesus! ihm dann die Geliebteren weinend am Halse Hangen; er Feierkleider der Unschuld Allen austheilt, Jedem ein helles Gewand, mit Blute besprengt, und Kronen, Ach, den Geliebteren, daß vor ihrer Belohnungen Größe Freudig die Thronen erschrecken; wenn er dies Alles vollendet, O, wie werden von Sterne zu Stern die himmlischen Boten Eilen, verkündigen, was vor ein Licht aus der Tiefe der Weisheit, Was vor ein Strahl aus der Nacht des göttlichen Rathes hervorbrach! Und wie werden die Aeltesten dann ihr Antlitz am Throne Neigen und niederwerfen die Kronen und feiren und danken, Danken dem Einen, der ewig ist und der Vater der Tage! Siehe, Du hast es vollendet und wirst noch mehr es vollenden, Vater, Erster, Du Einer, der ewig ist! O, dem Namen Deiner Herrlichkeit Preis, von Aeonen Preis in Aeonen!« Mit dem Strom des feirenden Liedes lispelt' und hallte Harf' und Posaune. Wie er in seinen Gestaden einherfloß (Gleich dem sterbenden Widerhalle sang ihm mein Lied nach), Sanfter itzt floß und fliegender jetzt, so schwebte der Harfe Lispel auf ihm und der Hall der Posaune, mit Harmonien, Welche der Seligen Ohr nur hört. Die Gesänge der Himmel Sind nicht Kinder der langsamen, oft entseelten Begeistrung, Sind der Urbegeistrung entzückte Söhne, der Wonne Erstgeborne. Wir kennen sie nicht. Bisweilen nur hört sie Einer, der stirbt und mit ihnen das ewige Leben beginnet. Nur der Prophet des verstummenden Lamms, Jesaia, vernahm sie, Von dem geöffneten Grabe noch fern, da die Engel ihr Antlitz Deckten und gegen einander flogen und sangen: Heilig, Heilig ist, heilig der Herr der Geschaffnen, und alle Lande Sind der Herrlichkeit voll des Ewigen! daß erbebten Vor der Rufenden Stimme die Ueberschwellen des Tempels. Voll von dem süßen Erwarten der Auferstehung des Mittlers, Fuhren die Heiligen fort, sich zu sagen, was sie empfanden, Jetzt mit Stimmen, mit Saiten alsdann und dem fei'rlichen Halle, Oft mit beiden. Denn noch war nicht das Schweigen der Freude, Nicht das Verstummen der Wonne gekommen. Der göttliche Todte Schlummerte noch. Hesekiel stieg auf ein Grab an dem Oelberg Aus den Wolken herunter und sang: »Verdorrte Gebeine Sah ich um mich und ward des großen Befehles gewürdigt, Ihnen zu rufen: Verdorrte Gebeine, höret des Herrn Wort! Als ich rief den Befehl, da rauschte das weite Gefilde. Siehe, da regt' es sich, als ich den großen Befehl um mich ausrief, Und die Gebeine kamen zusammen, jedes Gebein kam Zu dem seinen, und Leben kam mit den fliegenden Winden In die Todten. Nun standen sie all' auf dem weiten Gefilde, Sieh, ein unzählbares Heer! Das wurde zu sehn ich gewürdigt. Noch entzückt mich das Bild von dieser Rettung Gesichte. Aber wie war mir, als ich auch selbst in das Leben heraufkam, Ich verdorrtes Gebein! O Dank, Dank meinem Erwecker, Dessen Leichnam noch schlummert, und der doch Todte geweckt hat! Er verwest nicht, wie wir. Das war der Wille des Vaters: Sterben sollt' er, am Kreuze sterben; aber verwesen Sollte sein Heiliger nicht. O Ernte, viel größer, als jene, Die ich sah, viel größer, als die, zu welcher wir kommen, Wenn die Schnitter rufen, und wenn die Posaunen erschallen! Zwar nur eine Aehre; doch ist die Ernte viel größer Als der unzählbaren Aehren unübersehliche Fluthen, Als das ganze Gefilde der Auferstehung voll Garben! Wüchse die eine nicht auf, so würden die Schnitter nicht rufen, Nicht die Posaunen erschallen. O Heil, Du eine, Dir! Aller Himmel Himmel werden sich unter Deinem Schatten Einst versammeln, und, siehe, der furchtbare Tod, der letzte Aller Feinde, wird des Schattens allmächtiges Labsal Nicht zu ertragen vermögen, vergehn. Dann wirst Du die Herrschaft Uebergeben dem Vater, daß Gott sei Alles in Allen. Halleluja dem Vater, daß er sei Alles in Allen!« Und die Schnitter am Tage der Ernte sahn dem Propheten Freudig ins Antlitz. Auch wandte vom Grabe des göttlichen Todten Schnell wie ein Wink, nicht länger, dahin, wo Hesekiel feirte, Gabriel sich. Indeß erscholl's gleich Stimmen der Meere: »Halleluja, daß Gott, daß Gott sei Alles in Allen!« Amos' Sohn verließ die Versammlung der Heiligen, schwebte Nieder auf Golgatha, stand an dem Kreuze des göttlichen Todten. Auch Du ließest der Frommen Versammlung und schwebtest herunter, Daniel, Gottes Geliebter, und standst an dem Kreuze des Todten. Und sie ergriffen die Psalter und sangen gegen einander: J. »Hier, hier trug er unsere Krankheit, unsere Schmerzen Lud er hier auf sich. Die Menschen wähnten, er würde, Weil er gesündiget hätte, von Gott geschlagen, gemartert.« D. »Ach, um unsertwillen ist er verwundet, geschlagen Wegen unserer Sünden. Auf ihn ward Strafe geworfen, Daß wir Frieden hätten. Uns heilen des Duldenden Wunden.« J. »Seinen Mund eröffnet' er nicht, da die Wüther ihn quälten, Da er geführet ward, gleich einem Lamme, zur Schlachtbank.« D. »Aus der Angst und aus dem Gericht ist Jesus genommen. Bald wird er in das Leben erwachen. Wer ist auf der Erde, Wer in den Himmeln, der die Länge der Ewigkeiten Auszusprechen vermag, die alsdann lebt Jesus, der Todte?« J. »Denn gestorben ist er, indem er die Sünden der Erde Alle trug, er ist, gleich einem Verbrecher, gestorben.« D. »Ach, vollendet ist nun, vollendet sein göttliches Opfer Für die Sünden. Ihm werden nun, gleich dem Thaue der Frühe, Seine Kinder geboren, und Ewigkeit ist sein Leben.« J. »Ewigkeit! denn wie hat in unaussprechlicher Arbeit Seine Seele gerungen! Dafür ist Wonne Dein Erbe.« D. »Gottes Knecht, der Gerechte, durch seine himmlische Weisheit Wird er Viel' zu Gerechten und Erben der Herrlichkeit machen; Denn die Sünde, die Sünde der Welt hat er getragen.« J. »Siehe, wer kam von dem Kidron herauf aus des ersten Gerichts Nacht? Wer in der Stärke göttlicher Kraft, die Sünde zu tragen? Wer mit Jammer belastet, mit tiefem Leiden der Seele?« D. »Christus war's, der Gerechtigkeit lehrte, zu helfen ein Starker!« J. »Wessen Wunden troffen auf diesen Hügel des Todes? Himmel der Himmel, o, wessen Blut rann hin auf den ernsten Sühnaltar?« D. »Sein Blut, sein Blut, vor welchem sich Aller Knie einst beuget, vor dem einst Aller Zunge bekennet, Daß er Herrscher sei, zu der Ehre Gottes des Vaters!« J. »Nun, nun ist gewehrt der Uebertretung, die Sünde Zugesiegelt, versöhnt die Missethat! ist geworden Ewiges Heil, Gerechtigkeit, zugesiegelt der Seher Offenbarung, nun ist, Preis sei dem erhabnen Vollender, Preis ihm, er ist gesalbet, auf diesem Hügel des Todes Ist gesalbet der Allerheiligste, Halleluja!« Hingerissen vom Bilde des gottgeopferten Mittlers, Wiederholten, den Lüften gleich, die in Bäumen des Lebens Säuseln, die Heiligen: »Ja, auf diesem Hügel des Todes Ist gesalbet der Allerheiligste, Halleluja!« Aber die Wache des Grabs ging ab. Die kommende Wache Führte der Hauptmann, der Jesus auf Golgatha sterben, den Hügel Unter ihm hatte beben gesehn und stürzen die Felsen. Am versiegelten Stein, dem Bewahrer des Leichnames, blieben Wundernd die Römer stehn, und unter ihnen ihr Hauptmann. Cneus, so hieß sein Name, vertiefte sich bald in die Zweifel Seiner Gedanken. Die Stille der Nacht und des wandelnden Mondes Sanfte Schimmer luden ihn ein, sich weiter und weiter Ins Labyrinth zu verlieren, aus dem kein Leiter ihn führte. Und er lehnete sich an den Felsen. »Ein Göttersohn denn? Aber welches Gottes? Des Gottes der Israeliten? Dieses? O, warum zweifl' ich an unsers Jupiter's Größe, Denk' ich an Den, den Jehovah dies leichtbezwungene Volk nennt, Den es nicht zu kennen verdient? Wie niedrig und sklavisch Ist es, wie klein durch sich selber, wie groß durch Jehovah, der Götter Gott! So nennt er sich selbst und nennt nicht allein sich, er zeiget So sich durch Thaten. Denn, wär' die Geschichte der Wunder Jehovah's Zweifelhaft, so wär' die Erzählung von Jupiter's Thaten Mehr als zweifelhaft! Doch ein Sohn des erhabnen Jehovah, Und doch sterblich? Und, wenn nur ein Mensch, wie könnt' er so groß sein?« Also dacht' er, indem ihn ein Bote, den Portia sandte, Seinem Grübeln entriß. »Mich sendet Portia, Cneus, Dich zu fragen: ob Ruh an dem Grabe gewesen, und ob sich Keiner dem Todten nahe? Sie war erst selber entschlossen, Herzueilen, allein sie entschloß sich anders.« – »Hier herrschet, Sage Portia dies, der Gräber Stille, und Keiner Naht sich dem Todten.« – Er eilete. – »Wart' und sag ihr auch dieses, Sag ihr: er komme wieder ins Leben, er komme nicht wieder, Beides verwirre mich. Geh! – Sie quälet, wie mich, die Entwicklung Dieser verborgnen Geschichte des unterliegenden Frommen. Denn dies war er gewiß! Ein frommer Sterblicher war er, War er kein Sohn des Gottes der Götter! Gottes der Götter? Also verleugn' ich Jupiter? denk' ihn unter Jehovah, Den ich nicht kenne? den ich viel mehr als Jupiter kenne! Denn viel mehr ist Wahrheit in dem, das Jehovah gethan hat, Als in dem, so der Donnerer that! Nur mehr? Ist nicht Alles Wahrheit? O, hätten des liegenden Israel's Ueberwinder Jupiter angebetet, so wäre das Bild des Gottes, Wie das Bild des Dagon in stumme Trümmern zerfallen, Ja, aus der Hand des Schwachen in stumme Trümmern die Donner! Ha! was hab' ich gedacht? was dringet mich, Zeus zu verleugnen? Ihn dem Unbekannten, dem schrecklichen Unbekannten Aufzuopfern? und weß ist die Stimm' in der innersten Seele, Der ich zu widerstehn nicht vermag? Wenn Du, Jupiter, mehr bist Als der Götter Gott, so donnr' in den Abgrund mich nieder! Ach, wo bin ich? O Wuth der furchtbaren Ungewißheit! Nein, nicht Ungewißheit! So hätt' ich Jehovah beleidigt! Bei dem Strome Kocytus, bei dem nur, Jupiter, Du schwörst, Fleh' ich: Donnre mich nieder! O Du, nach dessen Erkenntniß Ich mit dieser entflammten Begier verlange, Jehovah, Offenbare Dich mir! Bin ich's werth? Kann's ein Sterblicher werth sein? Offenbare Dich mir!« Er dacht' es gen Himmel und senkte Dann sein Haupt auf die Brust. »Ach, warum sah ich den Frommen Sein Wunder nicht thun, und warum säumt' ich, zu hören, Was er von Gott und von sich und den Menschen sagte? So kennt' ich Nun die Menschen und ihn und Gott! Die am Meisten ihn hörten, Waren Männer voll Einfalt. Ach, besser, als wären sie Weise, Die so selten sich nicht verirren, und Grübler gewesen! Aber wo such' ich sie? Er ist todt und wird mich nicht lehren; Und sie find' ich nicht! Doch in jenem besseren Leben, Wo er jetzo ist, wird er mich lehren! Im besseren Leben? Ist denn ein künftiges? wird's, wenn es ist, denn besser für mich sein? Da, der so unschuldig war, so ohne Maaß litt, Ach, was wird der Schuldige leiden! Du Unbekannter, O Du Unbekannter, ja, meine Seele verirrt sich In dem Forschen nach Dir! O, könnt' ich Deiner Propheten Offenbarung und Lehren verstehn, aufdecken die Hülle, Welche sie meinem Auge verbirgt! Sogar noch am Kreuze Hätt' ich ihn fragen können. Nun ist er verstummt. Auf ewig? Der nur weiß es, der ihn gesendet hat. Können die Todten Auferstehn? Der heilige Todte dort hat den Seinen Wiederkehr in das Leben verheißen. Das sagen ja selber Seine Verfolger, und darum bewachen wir seinen Leichnam. Kommt er nun nicht zurück, so verwirren mich seine Geschichte, Die mich, weiter erforscht, von Gott mehr hätte gelehret, Seine Wunder, sein Leiden noch mehr. Zu welchem Kummer Ist mein Leben gemacht? und warum schonten die Schlachten Meiner immer, der fallende Pfeil und der zuckende Wurfspieß? Warum hört' ich nicht lange den letzten schmetternden Bogen Tönen? Ha, Brutus, als Du zuletzt an der Tugend Belohnung Zweifeltest, nahmst Du Dein Schwert. Und ich seh' größere Tugend Unbelohnter und säume? Was hält mich? Nicht Furcht vor dem Tode; Denn ihn hab' ich zu oft im blutigen Felde gesehen, Bin bei sinkenden Adlern ihm entgegengegangen. Nein, ihn fürcht' ich nicht. Aber was ist es denn, das mich aufhält? Warum entsetz' ich mich, wenn ich mich nun dem ernsten Entschlusse Völlig nahe? Beleidigt' ich etwa den Unbekannten? Und ist Warnung vielleicht die geheime Gewalt, die mich fesselt? Wenn mein Tod ihn beleidigt, so müsse meinem Entschlusse Immer etwas fehlen zur Reise. Wie aber ergründ' ich, Ob ich dadurch ihn beleidige? Kann die bebende Frage, Ob ich ihn beleidige, Furcht des Todes in mir sein? Furcht, so tief verborgen? Ha, wär's, wie wollt' ich des Lebens Weiche Liebe strafen und Dir zum Opfer sie bringen, Tod!« So verlor sich Cneus auf seinem finsteren Wege Nach der Gottheit, indem noch nicht die Rechte des Helfers Seine Führerin ward, ihn zu der Höhe der Weisheit, Auf den schmalen Weg, durch die enge Pforte zu leiten. Hinter ihr war der schmale Weg, die Pforte zur Höh' war Hinter ihr schon! die schöne Seele bracht' itzt ihr Engel, Chebar, in die erhabne Versammlung der Auferstandnen. Sie empfing Benoni, ein Silberlaut, da er hinglitt Von der leichten Wolke. B. »Du hast ihn nicht sterben gesehen – Dort, dort starb er – allein Du siehst ihn erwachen, Maria!« Ihm antwortet Maria: »Ich hab' ihn nicht sterben gesehen – Ach, dort starb er – allein ich seh' ihn, Benoni, erwachen!« B. »Ueberwunden hast Du durch das Blut des Lammes, Maria! Nimm den Psalter und sei auch eine Sängerin Gottes!« M. »Darf ich wagen, mich unter der Sieger Chöre zu mischen, Welche schon Jahrhunderte Palmen tragen und Kronen?« B. »Sing Du dem Herrn! Ich lehre Dich, was ich lernte. Verwesen Soll der Heilige nicht! O Ernte, viel größer als jene, Die Hesekiel sah, als sie, zu welcher wir kommen, Wenn die Schnitter rufen, und wenn die Posaunen erschallen! Zwar nur eine Aehre; doch ist die Ernte viel größer Als der unzählbaren Aehren unübersehliche Fluthen, Als voll Garben, voll Garben der Auferstehung Gefilde! Wüchse die eine nicht auf, so würden die Schnitter nicht rufen, Nicht die Posaunen erschallen. O Heil, Du eine, Dir! Aller Himmel Himmel werden sich unter Deinem Schatten Einst versammeln, und, siehe, der furchtbare Tod, der letzte Aller Feinde, wird des Schattens allmächtiges Labsal Nicht zu ertragen vermögen, vergehn. Dann wirst Du die Herrschaft Uebergeben dem Vater, daß Gott sei Alles in Allen. Halleluja dem Vater, daß er sei Alles in Allen.« Und die Hörerin hört' entzückt nach der Stimme Benoni's. M. »Ach, Benoni, wie selig bin ich! Mit welcher Erbarmung Hat der gnädige Geber des Lebens und Todes die Stunde Meines Todes gewählt! Den Versöhner erwachen zu sehen, Und in dieser Versammlung! Ihr Heiligen Gottes, Ihr Brüder Christus' und meine Brüder, Ihr nun auf ewig Geliebte, Nehmt mich unter Euch auf! Mich hat der Erbarmer gesendet, Euer Erbarmer und meiner. O Du, der Himmel Gemeine, Du, des Bräutigams Braut, welch großer Lohn ist Dein Erbe! Wie genießen wir Alle vorher nicht empfundene Ruhe, Freude, nicht einmal von fern und dunkel vermuthet, wie trinken Wir die Ströme des Lebens umsonst! Was gabst Du vor Gaben, Seligkeiten zu fühlen, den Seelen, die Du zu dem Erbe Deiner Herrlichkeit riefst, Du unerschöpflicher Geber! Welche Seligkeiten zu diesen Gaben! Ihr Dauren Machtest Du ewig, allmächtiger Geber! Mit Dir, den wir lieben, Ewig zu sein, mit Dir! Wer hält den Wonnegedanken, Die Entzückungen aus, wer dieser Ewigkeit Aussicht? Ich verliere mich, Gott! O Geber, Erfinder, Vollender Alles dieses! Ich war nicht, und nicht der Himmel der Himmel; Da entwarfst Du es, Gott! Wir wurden, leben und steigen All' auf unzählbaren Stufen, auf einer anderen Jeder, Immer auf neuen Stufen der Seligkeit, von der Aeone Zu der Aeon' empor und hören nicht auf, zu steigen; Denn ein unendlicher Geber bist Du, ein unendlicher!« Bebend Schwieg sie und, schon zu stehn auf ihrer jetzigen Stufe, Wonnevoll. Sie entzückte den Kreis der Erben des Lebens, Und sie sangen ihr zu, und Donner wurde das Zittern Ihrer Harfen: »Unendlich ist er, unendlich der Geber, Ist unendlich. Und wir sind endlich. Gefühl der Entzückung, Von dem großen Geber, der Wesen Vater, der Liebe Gnad' um Gnade zu nehmen! Du Durst, der ewig gestillt wird! Ach, eh werden in Nacht die neuen Erden, in Dämmrung Ehe der neue Himmel verlöschen, eh Deiner Erbarmung Unversiegender ewiger Strom die Durstenden leer läßt! Sieh, an dem Fuße des Throns entspringet sein Quell, ein Weltmeer, Rauschet und fällt in Gefilden der Nacht, in Gefilden des Tages, Fällt von Erde zu Erd' herab, zu Sonne von Sonne, Durch die Himmel alle. Der durch sich Selige höret Seines Rauschens Getön', ihn hören des Lebens Söhne In den Welten umher, und sie kommen und schöpfen Entzückung. Ach, erlöstes Geschlecht, Ihr des Todten Brüder und unsre, Säumet nicht, kommt zu dem Strome des Heils! Das wankende Straucheln Eures Fußes leitet ein Starker, ein Helfer voll Hilfe, Welcher, obwol sein Herz schon brach, mit mächtigem Rufen Rief: Es ist vollendet! Wie nach viel Schweißen ein Müder In der Abenddämmerung schläft, so schläft nur der Starke Jetzt im Grabe. Der Löw' aus Juda schlummert im Schatten. Weniger trunken, o Hölle, vom Taumelkelche der Rache, Würdest Du verstummen, damit der schlafende Starke Aus dem Schlummer sich nicht und aus dem Schatten erhübe. Aber er wird sich erheben, und eh er in seiner Erhöhung Bis zu der Rechte des Vaters, der höchsten Herrlichkeit, fortsteigt, Wird ein Schritt des Eilenden, Höll', auf Dich treten, des Löwen Oder – vernimm's, Du Ueberwundne – des Lammes in Zorne! Deine Wüste wird öder, und Deine Tiefen versinken Tiefer dann vor dem schreckenden Schritt des Lammes in Zorne!« Mit den Worten verließ der Todesengel Obaddon Jesus' Grab und der Heiligen Kreis. So war ihm geboten: Wenn die Versammlung der Frommen der Hölle nahes Gericht droht, Eile Du dann zu Satan und Adramelech im Meere! Und er hüllte sich ein in Nacht und stand am Gestade, Rufte die Ewigtodten herauf. Mit thürmender Woge Kamen sie, traten vor ihn. Der Todesengel enthüllte Sich aus der Nacht. An des Furchtbaren Stirn nur säumte noch Dunkel Einer Donnerwolke, die sich von ihm weg am Meer hin Langsam zog. Da rufte die niedergeschmetterten Kräfte Satan in sich zusammen und sprach zu dem Engel des Todes: »Glücklicher, fast allmächtiger Sklav, was bringst Du vor Botschaft?« O. »Auf Dein Schmähn antwortet' ich Dir Aeonen nicht: werd' ich Heut Dir darauf antworten? Vernehmt Befehle! Der Todte, Welcher aufersteht, er gebeut: Entweder entfliehet Gleich in den Abgrund oder begleitet mich jetzt zu dem Hügel, Wo er gekreuziget ward! Er steht bei dem Hügel vom Tod auf. Diesen Flammenschwung, den ich schwinge mein Schwert, und nicht länger Sollt Ihr ihn sehn. Dann stürzet Ihr hin auf die Stirn! Ergrimmet, Sünder, nicht also! Daß er Euch anzubeten gebiete, Würdiget er Euch nicht. Euch stürzt der Allmächtige nieder. Und Ihr betet nicht an. Das könnt Ihr nicht! Wenn Ihr mir folget, Bleibt Ihr noch hier, und folget Ihr nicht, so entflieht Ihr zur Hölle! Zischender Spott und brüllendes Hohngelächter erwarten Euch in der Hölle. Denn Schaaren der Eurigen sahn's, wie Ihr flohet, Als Euch Flucht Eloa gebot. Wählt jetzo, Empörer!« Satan blickte mit Grimm auf ihn her; doch blieb er entfernt stehn. Denn dem furchtbaren Schwert des Todesengels entströmten Flammen, wiewol es ruhte. Der Hasser Gottes und Satan's Reißt vom Gestad ein Felsenstück, zermalmt's an der Stirne, Stampft auf die fallende Trümmer und will den Ewigen lästern; Aber er schweigt. »Wählt!« rufte der Todesengel und hüllte Seines Schwertes drohenden Strahl in Wolken, die dampften. Aber sie zweifelten noch. Jetzt nahete sich Abbadona, Blickt', indem er vorüberging, Adramelech und Satan, Ohn' ihr Wüthen zu fürchten, und ohne rächenden Stolz an. Denn er war nicht ihr Richter. Doch trat er zum himmlischen Seraph Näher, als sie vor ihm standen, und sprach: »Ein Bote der Rache Bist Du; aber Du kennest auch, Engel Gottes, das Mitleid. Darf ich nicht auch, da die beiden Empörer dürfen, den Gottmensch Sehn, wenn er aufersteht? Wie könnt' ich wagen, zu wähnen, Daß ich vermög' ihn anzubeten? Willkommen, willkommen, Ungesehene Hand, die mit ihnen auch mich in den Staub stürzt, Hand des Allmächtigen! Ach! daß ich ihn nur seh', wenn er aufsteht Aus dem Grabe, der Sündeversöhner, der Ueberwinder!« Satan hört' ihn und rief ihm entflammt mit stammelndem Grimm zu: »Sklav, nicht Gottes, der Höll'! Elendester unter den Sklaven!« Doch schon unterbrach ihn der schreckende Todesengel: »Satan, verstumme vor mir! – Ich habe keine Befehle, Abdiel Abbadona, für Dich. Ich weiß nicht, wie lange Dir auf der Erde zu bleiben, und ob den göttlichen Todten, Wenn er erwacht, Dir zu sehn vergönnt sei. Ich kann Dir nur sagen, Daß der Hügel von Schaaren der auferstandnen Gerechten Und von Schaaren der Engel umgeben ist. Diese Verworfnen Sehen ihn, wenn sie dies wählen, damit des Erwachten Triumphe Sie zu strafen beginnen für jenen Entschluß, den Gefallnen Ihren Erlöser zu nehmen. Du hattest an dem Entschlusse, Abbadona, kein Theil; doch ihn mit meiner Entzückung, Mit der Wonne zu sehn der auferstandnen Erlösten, Abdiel, könntest Du Dich mit diesem Wunsche wohl täuschen?« Feurig, mit Ungestüm, sprach Abdiel: »Nicht mit Entzückung, Ach, mit Wonne nicht; allein nur sehen, nur sehen!« »Ha, Du Niedrigster!« rufet' ihm Adramelech entgegen, »Ja, Du warst es. Du nanntest Eloa's Namen der Hölle! Engel des Todes, ich geh' zu der Hölle! Wehe dem Stolzen, Der mein spottet; den sollen geschleuderte Felsen begraben! Warum folgst Du mir nicht, Verworfenster unter den Engeln? Doch kein Engel nicht mehr, nur eine Seele! Du fürchtest Und Du täuschest Dich nicht, daß ich an die untersten Stufen Meiner Throne mit diamantenen Ketten Dich fess'le Und, indem ich, in große Gedanken vertieft, auf den Höhen Meiner Throne nun sitze, auf Deinem Nacken den Fuß mir Ausruhn lasse! Doch werde zuvor bei den Schädeln ein Opfer Deiner Kriechsucht!« Schauernd, mit zürnender Traurigkeit schüttelt Abbadona sein Haupt: »Nicht Deine flammenden Worte Schrecken, Wüthender, mich! Der erstandne Gerechte, der Cherub Schrecken mich, und Jehovah, mein Feind!« Er wandte sein Antlitz. Adramelech verließ sie. »Ich folge Dir!« stammelte Satan Wüthend zum Todesengel. Die Stirne voll Donnernarben Wurd' ihm dunkler, indem er folgte. Sie schwebeten. Zweifelnd Stand noch Abdiel. Jetzt wandt' ungestüm Adramelech Wieder sich um. Er wälzt' in dem rasenden Felsenherzen Eine Lästerung, schwarz wie die Nacht der untersten Hölle. Und entschlossen, herauszuströmen das Ungeheuer In der Versammlung der Heiligen, schrie er: »Ich folge Dir, Engel!« »Wende Dich!« rief mit des Donners Ruf der Verderber, »die Schöpfung Sollst Du nicht sehn! Dein Auge wird Blindheit schlagen! Dich führen – Beb' ihm nach – ein Geheul!« Schon starrte das Aug' ihm in Nacht hin, Und schon rauscht' es um ihn und heulet' im führenden Sturme. Jammernd Geheul – er folgt, das muß er – itzt fernersterbend, Jetzo erschütternd nah, war in dem geflügelten Sturme. Schnelles, unwiderstehliches, unnennbares Entsetzen Fasset' ihn, wenn das Geheul wie Gerichtsposaunen ihm zurief: »Wehe Dir! Wehe, weh Dir!« und dann es ihm dauchte, Gebirge Nahender Sterne wankten davon und schmetterten krachend Nieder auf ihn und wälzten ihn fort in dampfenden Trümmern. Jetzo hörten die Väter und Seraphim fern in den Himmeln Aus den Sonnenwegen herab ein Wetter Jehovah's Kommen. Die Harmonien der wandelnden Welten verstummten, Wenn der Donner, ein neues Erstaunen ihrer Bewohner, Redete. Denn schon war zu dem tiefen Tabor des Vaters Herrlichkeit niedergestiegen – sie hatten ihn wandeln gesehen – Schon aus seinen Schranken ein Stern geeilt zu der Sonne; Still war schon gestanden die ganze Schöpfung. Die Väter Hörten das Wetter fliegen und huben freudig ihr Haupt auf, Hörten hinauf in die Himmel der Himmel. Es nahte sich eilend, Schnell, wie Gedanken. Sie hörten es nun in der Ruhstatt Gottes Schweben und, als von Gebirg zu Gebirge, wieder von Sternen Hallen zu Sternen. Es nahte der Erde. Mit glühender Stirne, Schimmerndem Aug', entzückt von jeder Wonne des Himmels, Eine Flamme des Herrn – den Sonnen gleich, da sie Gottes Schaffender Hand entzitterten, über Erden zu herrschen – Strahlt' Eloa hinab in der Auferstandnen Versammlung, Rufte: »Die Stund' ist gekommen, der Herrlichkeit Stund' ist gekommen! Mit der Morgendämmerung wird der Versöhner der Sünde Seinen Leichnam erwecken! Ihr hört den Göttlichen wandeln!« Und er schwebet' hinab zu dem Grabe. Das mächtige Wetter, In den Himmeln ein Zeuge des Ewiglebenden, mildert Jetzo seine Gewalt, daß die Erde vor ihm nicht entfliehe. Seine Donner hielt es zurück; Sturmwinde nur rauschten, Daß vor ihnen vom Libanon an sich die Wälder Judäa's Gegen das Grabmal beugten. Die Erde ward nur erschüttert, Daß von des Seir Gebirg der Phasga, der Arn und der Hermon Bis zu den obersten Wipfeln und Wolken des Libanon bebten, Daß von des Seir Gebirg Aegyptus' Wasser, das Weltmeer Und der Karmel und wieder des Libanon Höhen erschraken Und der wankendströmende Jordan hinauf bis zur Quelle Und Amana. Allein noch bebte das Grab nicht. Der Fels lag Unbewegt, wie er hingewälzt vor das offene Grab war. Gabriel sah mit Entzückung hinab auf den liegenden Felsen; Denn: »Du wälzest ihn weg!« war ihm von dem Todten verheißen. Aber die Himmlischen, sie, die lauter die Ström' und das Weltmeer Rauschen hörten, die Wälder erschallen, lauter die Berge Beben, als sie ein menschliches Ohr zu hören vermochte, Freudig sanken aufs Antlitz die Cherubim und die Erstandnen Vor der gegenwärtigen Gottheit des Sündeversöhners. Adam betete laut, wie im Jubelgesang. So erschallen Mit der wandelnden Welten Getön die Posaunen der Engel, Wenn sie die großen Thaten des Allerheiligsten feiren, Wie des Seligen Stimme, vereint mit den wehenden Lüften Und mit den rauschenden Palmen, den Widerhallen der Berge Und – sie stürzten und flohn – mit den Strömen erscholl. »Unerschaffner; Dann ein weinendes Kind, ein weiser Knabe, die Wonne Gottes und Derer, die sündigten; dann ein himmlischer Lehrer, Der, wie die Mutter des Sohns, sich des Menschen durch Wahrheit erbarmte; Dann ein Hoherpriester, der selbst sich opfert' und einging In das Allerheiligste, Fluch und Sünde für Sünder Ach, ein Gekreuzigter und ein Todter, wie können wir würdig, Gott, Du Liebe, Dich preisen für das, so Du thatest und thun wirst! O Du fühlbar Naher, nun wirst Du es thun und erwachen! Siehe, des Todes Schmach, die Schmach des Kreuzes, sie lieget Dann Dir unter dem Fuß! Allgegenwärtiger Mittler, Aber uns offenbarter Allgegenwärtiger, Heil uns, Daß wir Dich erwachen zu sehn gewürdiget werden! Ach, wir haben Dich sterben gesehn! Erwachen, erwachen Wird der große Todte nun bald, der Schlummernde Gottes! Wie Du kamest, als Du aus der Nacht die Sonnen hervorriefst, Also kommst Du, mit tausendmal tausend Leben umströmet, Und vor Dir beseelender Sturm her! Himmlisches Säuseln Wird von dem Sturme nun bald sich sondern und Deinen Leichnam Wecken, Du Ewiglebender! Seht Ihr die äußersten Schimmer Seiner Herrlichkeit, die neben Sternen herabstrahlt, Und die röthlichen Morgen vor ihm, die mildern die Strahlen Seiner Gottheit? O, daß vor ihm die Geschaffenen alle Beugen ihr Knie, vor ihm, vor ihm der Begnadigten Kronen Alle sinken! Er kommt, das Gefängniß gefangen zu führen, Gaben der Ewigkeit Denen zu geben, die er versöhnt hat. Säusle, beseelende Kraft, Hauch Gottes, und wecke den Leichnam, Dessen Wunden zur Rechte des Vaters mehr wie die Sonnen, Mehr wie der Erstgeborne des Lichts, der Himmel der Gottheit Strahlen werden! Und Du, verstummende Wonne, o, lege Deine Hand auf den Mund und wart' anbetend der Stunde, Die er aufersteht! O Ihr, noch Söhne des Staubes, Meine Kinder, vor Allen Ihr Wenigen, die er gewählt hat, Seiner Auferstehung in allen Landen der Gräber Zeugen zu sein, Ihr, deren Blick noch Thränen der Wehmuth Trüben, die Ihr den unterliegenden Todten nur kennet, Seine Herrlichkeit nicht, noch die, mit der er belohnet: Mit dem ganzen, dem göttlichen, unaussprechlichen Segen Seiner Auferstehung, mit dieser Fülle der Fülle, Aller dieser Ueberschwänglichkeit segn' ich, o Kinder, Euch zu dem ewigen Leben! Gesegnet sei Euer Leiden, Jeder Kampf der Streitenden, jeder Sieg der Gestärkten, Euer Schweiß in der Arbeit des Heiligen, der Euch die Kraft giebt, Jeder Tropfen der Angst, der Thränen oder des Blutes, So wie, der sie zählt, es beschleußt, gesegnet die Weisheit Eurer Rede, die Heiligkeit Eures Wandels – im Himmel Sei er! – gesegnet die Wunder, womit des Vaters und Sohnes Geist Euch rüstet! Ihr sollt die kleineren Segen nicht haben, Welche vergehn; allein in dem Namen Jesus' Christus' Heißt aufstehn und wandeln die Sterbenden und die Todten! Seid, wenn dereinst Ihr selbst entschlafet, o, dann vor Allen Unaussprechlich gesegnet! Euch werd' an dem Ende der Laufbahn, Nach der Geburt in das ewige Leben, der Siegenden Krone Und der Aeltesten Thron, die Geschlechte der Menschen zu richten!« Sie, die neben ihm strahlender ward, indem sie ihr Auge Nach der Herrlichkeit wendete, die in den Himmeln herabkam, Und den Segen vernahm, den der Auferstehende segne, Eva streckte die Hand auch gegen des Göttlichen Grab aus: »Fleuß, fleuß, ewiger Quell, zerreiß den Felsen und ströme, Siehe, Du ruhst noch in Nacht, brich durch den Felsen und ströme, Ewiger Quell des ewigen Lebens, und labe die Seelen Aller Durstenden, Aller, die, gleich dem brennenden Rehe, Schreien nach Dir! O Strom, der in die bessere Welt strömt, Nimm in Deiner Gestade beseelenden Hauch, in die Kühle Deiner Schatten den Waller nach Kanaan auf, daß ihm Labsal Werd' und Stärkung zur weiteren Pilgerschaft, daß die Hoffnung Seiner eigenen Auferstehung den Wankenden letze! Hoffnung, himmlisches Licht in des Sterbenden brechendem Auge, Ja, Du Hoffnung, auch zu erwachen, mit Christus zu leben, Geuß Du Deine Freuden auf Die, die in Christus entschlafen, Gnadevoll aus, damit sie nicht schrecke das Graun der Verwesung! Selige Stunde, welche nun bald, zu entzücken, hervorbricht, Eine nicht zählbare Zahl unsterblicher Leben, ach, Aller, Welche jenseit der Gräber die Kinder Adam's einst leben, Liegen, o Stunde seines Erwachens, in Dir verborgen! Welche Leben, und welche Besitzer nicht endlicher Leben! Meine Kinder seid Ihr! Zerreiß den Felsen und ströme, Ewiger Quell der ewigen Leben! Zu großen Wassern Wirst Du werden, o Quell, zu Gottes Ocean, ströme!« Also betete sie. Der Engel am Grabe des Todten Stieg in die Wolken hinauf, der Herrlichkeit Christus' entgegen. Wie es den Tausendmaltausend der Todten Gottes einst sein wird, Hat das große Weh von dem Falle bis an den Gerichtstag Ausgeklagt, und steigt nicht mit jedem Tropfen der Zeit mehr, Der in das Meer hinträuft der Vergänglichkeit, eines Gebornen Weinen gen Himmel empor, noch eines Sterbenden Röcheln Unter die Preisgesänge der Unentweihten vom Tode; Wie es ihnen wird sein, wenn mit des letzten der Tage Morgendämmerung nun das lange Wehe des Weinens Und des Röchelns auf ewig verstummt – sie werden vor Wonne Freudig erschrecken, aus ihrem erhobenen dankenden Auge Thränen der Seligkeit stürzen, und ihrer Jubel Triumphlied Wird mit jener Posaune, der Todtenweckerin, streiten, Streiten und überwinden – wie dann es wird der Gerechten Tausendmaltausenden sein, so war es der kleineren Schaar jetzt, Die an dem Grabe des Herrn vor Hoffen und vor Erwarten Dessen, das kommen sollte, verschmachtet war, da die Wolken Rissen, da Gabriel dort, eine Flamme Gottes, herabfuhr, Da er von Bethlehem über die Schädelstätte zum Grabe Flog, da von Ephrata's Hütte bis hin zu dem Kreuze, vom Kreuze Bis hinunter ins Grab die Erde bebte, da Satan Wie ein Gebirge dahin, des Leichnames Hüter wie Hügel Stürzten, da weg von dem Grabe den Fels der Unsterbliche wälzte, Da sich mit Freuden Gottes Jehovah freute, da Jesus Auferstand! Auszusprechen, was jetzo geschah, mit dem Liede von fern nur Dieser Höhe zu nahn, davon wie der leisere Nachhall Nur zu stammeln, von jener Wonne, Erstandner, von Deiner Und von Deren Freude, die jetzt Dich sahen: zu kühn ist Dieser feurige Wunsch und – indem ich vergebens gen Himmel Strebe mit ihm, vergebens – ein mächtiger Ueberzeuger, Daß ich am Grabe noch walle, noch nicht der Ernte gesät bin, Welche die große Folge der Auferstehung des Herrn ist. Stille war erst am verlassenen Grabe. Nicht lange, so wurde Deiner Begnadeten Kreis vor Seligkeit heller und jauchzte, Wie die Morgensterne, die Erstgebornen der Schöpfung. Denn sie sahen den Sohn nach seinen Todeskämpfen Auferstanden; nicht mehr, wie am Kreuze, mit sinkendem Haupte; Herrlich schwebtest Du über dem Felsen des offenen Grabes, Göttlich, unaussprechlich umstrahlt mit Siege, mit Siege, Halleluja, mit Siege, des ewigen Todes Triumphe, Du, der mächtig ist, Du, deß Namen heilig ist, dem sich Aller Knie' einst beugen, im Himmel Aller, auf Erden Aller und unter der Erde, den Ephrata Bethlem geboren, Den Gethsemane, den die Schädelstätte getödtet, Den uns wiedergegeben das Grab hat! Neige Dich, Tiefe, Vor dem Sieger, und hebe vor ihm, o Höhe, die Händ' auf! Hebt, Erzengel, die Harfen vor ihm, Ihr ersten der Thronen, In die Himmel der Himmel empor, und, Stimmen des Menschen, Meine schwache mit Euch, seufzt Ihr aus dem Staube die Freude, Daß er lebet, empor! An des Ewiglebenden Throne Werdet Ihr einst, die jetzt die beklommne Freude nur seufzen, Unaussprechliche Wonne dem großen Begnadiger singen, Ihm, der als Brüder Euch, die Engel als Brüder nicht aufnahm, Ihm, dem Fleisch und Gebein von Adam's Fleisch und Gebeine. »Du, der mächtig ist,« riefen mit lauterem Jubel die Seelen, Als die Engel, »o Du, deß Namen heilig ist, dem sich Unsere Kniee beugen, dem unser geheimstes Gefühl sich In die Tiefe der Tiefen wirft, den Namen nicht nennen, Auch Dein heiliger nicht und hocherhabner vor allen, Du Beginner und o Du Vollender, getödtet vom Anfang Und für ewig, für ewig erwacht und vom Anbeginne! Doch Dein Schlummer selber war kurz, nachdem Du nun wirklich In der neunten, der dunkelsten Todesstunde (sie war sonst Keine Stunde der Nacht entschlafen warst, zu erwachen Schnell, wie Du schufst, da, gerufen von Deiner Stimme, die Sonnen Rollten, um sie die gehorchenden Erden, Du göttlicher Erster, Und Du gnädiger, gnädiger Letzter, der Alles verneuet, Alles himmlischer macht! Auch wir sind Letzte. Wir leben, Sind unsterblich durch Dich und bleiben in jeder Aeone, Durch der Ewigkeit ganze Fülle, so lange Du Gott bist, Gott, bei Dir!« Sie verstummten. Denn seines göttlichen Anblicks Würdigte sie der Auferstandne. Von dieser Entzückung Seligkeit niedergestürzt, verstummten sie Alle. So rauschen Dann die Gefilde der Ernte nicht mehr und senken sich erdwärts, Hat sein Wetter auf sie ein ganzer Himmel ergossen. Wenige Halme nur heben sich mit zitternder Aehre Dennoch auf. So schwungen sich jetzt in der Heiligen Kreise Neben der Mutter die sieben Söhne, Märtyrer alle, Bebend empor und verstummten nicht mehr und feirten und sangen: »Mache Dich auf und jauchze! Du wurdest, Erde, gewürdigt, Jesus' Christus' Gebein in Deine geöffneten Tiefen Als in Mutterarme zu fassen! Nun ist er erstanden Hoch von dem zitternden Staube, der Erstgeborne der Todten. Alle Himmel sahen ihn kommen. Vom Fuße des Siegers Ging Erdbeben, vom Golgatha bis zu dem hohen Moria. Mit den Bergen erbebte das Kreuz und die Zinne des Tempels. Mach in Deiner Schöne Dich auf, o Erde! Dein Licht kommt, Und die Herrlichkeit Christus', Du Jüngstgeborne der Schöpfung, Gehet über Dir auf! Sie werden Dich Königin nennen Und die Gesegnete Deß, der Dich schuf. Du warest so schön nicht, Nicht so bemerkt, so nicht durch alle Himmel besungen, Als nach Deiner Geburt Du am ersten Morgen heraufstiegst. Deiner Söhne sind viel', sehr viel' Gerechte. Du wirst sie, Mutter unsterblicher Kinder, in alle Himmel versenden, Daß sie im Feierkleide der Unschuld dem Sieger, mit neuen Festlichen Namen genannt, Dem, der sie errettete, singen. Jauchzet, Hügel der Todten, vor allen Hügeln der Erde! Freuet Euch, Gräber, vor Gottes Gebirgen! Die Schlummernden liegen Unter Euch, daß sie erwachen. Du hebst dann, Erde, den letzten Aller Tage Dich aus dem Staube des Weltgerichts auf, Durch des Sohns Allmacht, den Deine Tiefen bedeckten, Deine nun offenen Tiefen, zur neuen Erde geschaffen. Dann wird die Sonne nicht Herrscherin mehr, noch der Mond Dein Gefährt' sein; Dir, die Gerechte bewohnen, wird Gottes Herrlichkeit leuchten, Und Dein Licht sein Er, deß Blut auf Golgatha träufte!« Also sangen die früheren Märtyrer, welche schon Palmen Trugen, da Stephanus Den, wie in dunkler Ferne, kaum kannte, Dessen Triumph er mit seinem Blut, der Märtyrer Erstling Unter den Christen, zu zeugen erwählt war. Aber wie nahe Warest Du gleichwol, o Stephanus, Deiner Palme! wie kurz war, Ueberwinder, Dein Lauf, von Deinem Beruf zu dem Himmel, Bis in den Himmel! Ihn sahest Du offen und Jesus zur Rechte Gottes. Da rann vom schmetternden Steine Dein Blut, da entschliefst Du. Aber Jedidoth, der jüngst der Märtyrer, und Benoni, Und Maria entrissen sich jetzt dem Erstaunen der Freude, Faßten bei ihren Palmen einander, schwebten hinunter Aus den Wolken ans Grab und knieten leis' an den Fels hin, Welcher, ach, nun nicht mehr das Grabmal deckte. Sie blickten Nach dem Erstandnen hinauf, mit einer Liebe, dem Herzen Und der Zunge des Menschen zu hoch und unaussprechlich. – »Wenn ich in jenem ersten Leben noch lebte,« Maria Sprach's zu den Mitgenossen des besten Theiles, »und wenn auch Meine Jahre noch blühten die frühere Blüthe, so wär' mir Jeder Augenblick doch selbst dieser innigen Liebe, Dieser Begnadigung Tod. Ach, siehst Du, Benoni, Jedidoth, Siehst Du den Herrlichen? seine so sanft gemilderten Schimmer? Uns, den zarten Blumen im himmlischen Saron, gemildert, Und für jene Ceder zwar auch gemildert; denn endlich Schuf er Eloa; doch ist er gewiß ein Anderer diesem Großen Erwählten.« – »Ein Anderer,« rief Eloa, indem er Freudig kam, hinsank bei den Glücklichen, »Jedem ein Andrer! So vollkommen ist er. Euch, Hiob, Daniel, Moses, Abraham, Dir, Du erster der Todesengel, Dir, Salem, Dir, Maria, und mir und Euch, Benoni, Jedidoth, Jedem der Eine, den wir vor Allen am Innigsten lieben, Jedem, nach seinem Verlangen, ein unerschöpflicher Geber, Jedem der Beste, der Beste, der Liebenswürdigste Jedem Und (auch dieser erhabne nie ganz durchschaute Gedanke Trag' auf seinem Flug Euch empor) des ewigen Vaters Eingeborner, geliebter, die Ewigkeiten geliebter, Ewigliebender Sohn! Hier, hier verlieren sich alle Unsre Gedanken und schwindeln an ihrer Endlichkeit Grenze.« – »Hoher Engel Gottes, Du Frühgeborner der Schöpfung, Meine verlieren sich gern in dieser Entzückung, wie weit auch Ich von Deiner Endlichkeit Schranken (mir sind sie nicht Schranken) An den meinen schwindle.« So sprachen die Seel' und der Engel. Und stets kamen der Seligen mehr zu dem Felsen herunter. Nah umgaben sie Dich, Du, ihr Erlöser und Bruder, Freuten sich anderer Freuden, als diese Welt hat, und als sie Der zu wünschen vermag, der hier in den Nächten noch wandelt. Abraham faltete hoch die Hände gen Himmel und rufte: »Sohn Jehova's und (singt mir es nach, Ihr feirenden Harfen Meiner Kinder um mich, mit Wonnelauten) und meiner! Sohn, wie begann der Vater der Wesen Dir zu belohnen Deine That! Du kamest aus Deinen Himmeln herunter, Stiegest von Deinem Thron und starbst. In den Welten allen Ist seit ihrer Erschaffung und wird die Aeonen der Zukunft Keine That, wie Deine, geschehen. Wir sehn des Versöhners Gottesthat, wie vom Schimmer der Sonnenweg' umringt; sie (Freut Euch der Freuden des Seraphs, Ihr Mitanbeter, ach, seiner Jubel), sie sieht, wie umstrahlt von dem Glanze des Himmels, Eloa!« Endlich erhub aus seiner Entzückungen Meere sich Adam, Aus den Strömen des Lichts, in denen er sank. Die Gedanken Waren ihm zu tausenden schon durch die Seele geflogen, Schnell wie die Schwünge des Blitzes, indem er dem Auge vorauseilt; Und er schwebt zu dem Todeshügel herab von den Wolken, Steht bei dem Kreuz und strecket den Arm nach Jesus, des Todes Sieger, aus: »Ich schwöre bei Dir, der ewig lebet, Daß nun Tod nicht länger der Tod ist, und daß an dem Tage Deiner großen Vollendung sie All' erwachen, die schlafen!« Jesus' Christus' Erhöhung begann mit seinem Erwachen Von dem Tod an dem Kreuze; sie stieg auf Stufen zum Throne, Dort hinauf zu des Vaters Rechte, wo Preis und Ehre Dem es belohnen sollte, der frei sich erniedriget hatte, Ach, von dort herab zu dem Staube der Schädelstätte. Selber Eloa erhüb' umsonst mit der Harfe der Feier Sich in dem Psalme, der Psalm entströmte vergebens des Geistes Innerstem, diesen Preis, die Gottesehren zu singen. Lehre mich, Sionitin, nur einige Laute von jener Großen Erhöhung, die bei den Hütten sterblicher Sünder, Doch nun auch versöhnter, begann und immer sich weiter Auf stets höheren Stufen erhub, o lehre von fern mich Nachschaun Ihm, der hinauf zu dem Throne den Lichtweg wandelt. Liebend sah der Versöhner herab auf Adam, indem winkt Er dem Cherub; der bringet die Seele. Sie spricht zu dem Führer: »Wer, o Du strahlender Unbekannter, ist jener erhabne Furchtbare Mann auf dem Felsenhügel?« E. »Blickest Du, Seele, Denn nicht auch auf die Schaaren um ihn, die leuchtender schimmern?« S. »Ach, ich kann nicht wenden von Dem mein Auge, zu dem Du Hin mich führest: Er ist in dieser Götterversammlung (Auf und bete mit an) der oberste Gott.« E. »Und Dein Richter.« S. »Weh mir, Jupiter, Jupiter! Du, der herrscht im Olympus! Größter, Herrlichster! O mein Führer, was blicket Dein Auge Mir für Entsetzen zu? Ist es Minos' furchtbare Gottheit? Oeffnet irgendwo hier der Erdkreis Thore des Abgrunds? Rauscht hier nah der Kocytus, und donnern über dem Strome Jupiter's Eide? Zu grausamer Geist, noch immer verstummst Du Meinen bebenden Fragen? Ach, hat er den letzten geschworen, Als ich starb, und stürzet mich der in des Phlegethon Strudel?« Jetzo sprach zu dem Todten der Mittler: »Jupiter, Minos Sind nicht; aber es schreiet laut von dem schmachtenden Lande, Herrscher, zu mir das Volk!« Er sprach's, und er nannte des Todten Künftige Stätte dem Cherub. So stieg die Erhebung des Sohnes Einen leisen Tritt, wie große Thaten beginnen. Jesus sprach zu den Zeugen: »Eh zu dem Vater ich gehe, Weil' ich auf Tabor oft. Der ist der Ort der Versammlung.« Und sie sahn ihn nicht mehr und schwebten nach Tabor hinüber. Wie er war niedergestürzt, so sinnlos lag an des Grabmals Felsen Satan noch von des Auferstehenden Anblick. Gabriel hörete gegen sich her wie im Wetter er wandeln, Und nun sah er ihn auch, indem er mit schwerer Arbeit Sich aufrichtete. »Stürze Dich,« sagt' ihm der Engel des Siegers, »Endlich in Deine Tiefen hinab! Was säumst Du auf Erden? Wenn Du lernen könntest, so würdest Du einmal lernen, Daß der Kampf des Endlichen mit dem Unendlichen Qual ist Für den immer Besiegten und immer wieder Empörten. Aber Du lernest es nie. So fleuch denn hinunter und krümme Dich in neuen Entwürfen herum zu der neuen Empörung. Aber wisse ... Doch laß mich die lauteren Donner der Rache Nicht aussprechen und fleuch!« Er floh; doch zögert' er wieder In der Einöd', hielt sich an einen thürmenden Felsen, Blickte von da mit starrendem Aug' hinaus in die Wüste. »Schrecken Gottes, ereilet ihn!« rufte, da er im Orkan ihm Nachkam, Gabriel. Satan entsank dem Felsen und rauschte Durch die Schöpfung hinab zu der Hölle. Doch eh er hineintrat, Weilet' er der belastenden Tage viel' an der Pforte. Schon zwo Mitternächte war nun die Versammlung der Priester In der Halle beisammen des Hohenpriesters gewesen. Und sie begannen, des Schlafes beraubt, den werdenden Morgen Wieder zu sehn. Sie saßen verstummt und dachten den Ausgang. Jener besiegelte Stein, der Römer Wache, der Todte Waren das bleibende Bild vor ihren zerrütteten Seelen. Ungewißheit, Du warfst sie mit jeder gewaltigen Unruh, Welche Du hast, mit Deinen gethürmten Wogen, mit allen Deinen Stürmen herum. Der dritte furchtbare Tag kam. An dem Grabe des Herrn begann die römische Wache Zu sich selber zu kommen, und Einer sprach zu dem Andern: »Ach, wie geschah Dir? Ich hörte die Erde beben, da stürzt' ich Schnell in den Staub.« Der Genoss' antwortet' ihm: »Also geschah es.« Und ein Anderer sprach, indem er auf den Gefährten Bang sich lehnte: »Wie war' s? Die Erde bebte mir, warf mich An den Felsen.« Der Andere sprach: »Ich glaubte zu sterben, Da der Sturmwind wirbelt' und heult' und den Felsen zermalmte. Nein, er ist nicht zermalmt; doch liegt er nicht mehr vor dem Grabe.« Jetzo rufte, geführt von Einem der Wache, der Hauptmann: »Lebt Ihr, so nennet mir die Namen!« Sie nannten die Namen. Cneus ging in das Grab und sah es leer und den Felsen Weg von dem Grabe gewälzt. Das that auch wundernd die Wache. »Geht aus einander!« Er sprach's; drauf nahm er Einen und sagt' ihm: »Geh Du voran zum Palast des Priesters und bringe mir Botschaft, Ob bei ihm Versammlungen sind! Ich komme den Weg auch.« »Sage, wo gehest Du hin?« befragten den Boten die Andern. »Nach der Priester Palast.« Er eilete weiter. Sie folgten. Wie, von keinem andern geweckt, ein schneller Gedanke Denen, die, in der Nacht des melancholischen Grübelns Weit verloren, umirren, die Seel' auf einmal erschüttert: Unvermuthet kam und mit athemlosem Entsetzen So in die stumme Versammlung der Bote. B. »Am Grabe zu wachen, Sandtet Ihr uns; doch umsonst! Die Erde bebt', und der Fels sprang Weg von dem Grabe, und leer ist es nun!« Er rief's und verließ sie. Und sie taumelten auf von ihren Sitzen und standen Starr, Denkmale des Schreckens. Drei Römer folgten dem ersten, Eilten den offenen Saal hinein und riefen zusammen: »Seht Ihr nun zu – weg stürzte der Fels – was Ihr thut, und die Erde Hub sich empor! Das Grab, ein Sturmwind wirbelt' und heulte, Sahen wir leer! Erst fielen wir hin wie Todte; ja, leer sahn Wir das Grab hernach.« Gleich schnellherschmetternden Donnern War den Priestern ihr Zeugniß. Da traf sie der letzt' und der stärkste. Denn ein fürchterliches Gelächter erhub, in des Schreckens Unsinn, Philo. So schweigt der Tod, so schwiegen die Priester, Und auch Philo wieder. Doch Kaiphas hatte sich endlich Wieder ermannt. Schnell ließ er die Aeltesten rufen. Die kamen, Eilten geflügelt herzu. Auch kamen noch andere Hüter. Und sie traten herein. »Wir sehn's, Ihr habt es vernommen. Dank, den Göttern Dank, wir leben! Warum erkühntet Ihr Euch, Priester, den Sohn des Donnergottes zu tödten? Siehe, sein Grab ist leer. Kaum sind wir lebend entronnen!« Aber der Hohepriester erhub sich und sprach zu der Wache: »Römer, gehet hinab zu den Meinen und wärmt Euch am Feuer! War auch Euer Hauptmann bei Euch?« »Er war's, und er stürzte Nieder mit uns und sahe wie wir das geöffnete Grabmal.« Und er führte sie weg und gebot den Seinen, mit Speise Diese Männer zu laben und mit der Stärkung der Traube. Endlich leiteten ihn die Seinen zurück, und er setzte Wankend sich nieder und sprach: »Ihr müßt die Römer erkaufen, Oder Juda empöret sich! Doch was ist mir das Leben Nun, da ich fast, o Saddok, an Deiner Lehre verzweifle! Aber täuschte die Angst die Erschrockenen nicht? Erdbeben Ist gewesen. Allein ob sie das Grab auch wol leer sahn?« Als er noch redete, kam der römische Hauptmann. Sie standen Schnell vor ihm auf und traten zurück. H. »Ihr kennt mich. Ich sah ihn Auch an dem Kreuz und glaubte schon damals, ein Sohn der Götter Stürbe. Ihr wisset nun auch, was am Grabe geschah.« Indem trat Philo's Engel, der fünfte Verderber am Thron des Richters, Ephod Obaddon herein. Von dem hohen treffenden Auge Strömet' er Rache, das Haar fiel ihm in Locken, der Nacht gleich, Auf die Schulter, sein Fuß stand wie ein ruhender Fels da. Und er blickt' auf Philo herab; doch ließ er nicht rauschen Seiner Schrecken Stimme, nicht ihre Todestöne. »Schwarze, blutende Stunde, Du Todesstunde, beflügle Deiner Schritte letzten! Sei, Thal Benhinnon, gegrüßet, Sei mir gegrüßt, Benhinnon!« Indem er dies in sich selber Sprach, enteilten ihm siebenfältige Schrecken; die stürzten All' auf Philo. Der ging mit fürchterlichlachender Ruhe Gegen Cneus und fragte mit dumpfer, langsamer Stimm' ihn: »Offen das Grab? und ohne den Todten?« C. »Ohne den Todten!« Ph. »Römer, bezeugst Du bei Jupiter dies?« C. »Bei Jupiter zeugt' ich's Nicht, bei Jehovah, den ich anbete, beschwür' ich es, wenn ich Mich's zu beschwören entschlöss', und Dir, Elender, nicht müßte Eidlos gelten mein Wort!« Da rufte mit Ungestüm Philo: »Ha, vernahmt Ihr's? Er sah es offen und ohne den Todten, Und er schwur nicht! Du hast mehr als geschworen, o Römer!« Ruft es und reißt dem Hauptmann sein Schwert von den Hüften und stößt sich's Wüthend ins Eingeweide mit beiden Armen hinunter, Schleudert es weit von sich weg und taumelt nieder, zu sterben. Als er sich wälzt' in rauchendem Blute, riß er die Wund' auf, Spritzete Blut gen Himmel: »Ha, Nazaräer!« so ruft' er, Starb. Und Cneus ergriff sein liegendes Schwert und nahte Sich dem Todten, und ließ es auf ihn, wie es blutete, fallen. »Schrecken, Euch, und ewige Nacht, und Dir, o Verzweiflung, Weih' ich dies Schwert!« Da wandt' er sich schnell und verließ die Versammlung. Auch entfloh die entrüstete Seele des Todten ihr, mußte Einem Wandelnden folgen, der sie durch Finsterniß führte. Aber nun war der Engel des Todes im Thal Benhinnon; Und da wandt' er auf einmal sich um, da erblickt' ihn die Seele. Wer vermag das furchtbare Schaun des richtenden Engels, Wer zu beschreiben den Donnerton, mit welchem er rufte? »Ephod Obaddon, so heißt der siebenfältigen Rache Namen und mein Namen! Ich bin der Verderber einer! Bin's, der die Erstgeburt an dem Strome schlug. Von Gehenna – Blick' umher, Du bist in Gehenna – bring' ich Dich weiter In die Tiefe der Tiefen hinab!« Sie entschwebten dem Thale.