18. Als ich klecksographiert im Mondenschein, Kam dies Gespenst herauf als wie von Stein, Doch hat's geöffnet seinen Mund. Mit Klagen Hat's reuig seine Schuld mir vorgetragen. Gottes Erbarmen ende seine Pein! Doch zu entschlagen mich weitläuf'gen Fragen, Hab' seine Pein , nicht seine Schuld allein, In Wahrheit ich in Verse hier gebracht, Die lest euch vor in stiller Mondennacht. Sooft der Mond im vollen Licht Um Mitternacht durch Wolken bricht, So ruft ein Greis im Irrenhaus Durchs Fenstergitter hohl heraus: »Im Rhein, im Rhein, im tiefen Rhein, Da lag ein schwarzer, blut'ger Stein. O wenn im Rhein der Stein noch wär', Oder im tiefen schwarzen Meer! Er drücket Kopf und Herz mir ein, O Stein! Stein! wandle mich zu Stein!« Fragt man: »Was ist's mit diesem Stein?« Heißt er den Frager stille sein. So rief er jahrelang, nie müd; Doch als er einst blieb unbewacht, Er sich den bleichen Hals durchschnitt In einer hellen Mondennacht. Bei Bingen in dem tiefen Rhein Hört man seitdem im Mondenschein Dieselbe Stimme in der Luft. In Tönen der Verzweiflung ruft Die Stimme: »Stein! o wärst du noch Tief, tief im schwarzen Binger Loch! Verruchter Stein! Mit dir, mit dir Schlug ich einst tot den Kaufherrn hier! Dich drauf an seinen Hals ich hing Und warf ihn in des Strudels Ring, Daß er im blut'gen Gischt verschwand. Drauf wollt' ich rennen ins fernste Land, Da stob aus dem Strudel ein Wirbelwind, Der hob mich über den Strudel geschwind, Drehend mich ob ihm in Wirbeln, ach! Schrecklicher noch! Aus der nassen Gruft Wirbelt des Toten Gespenst mir nach, Hielt in der blut'gen Hand den Stein, Drückt, mit mir wirbelnd in der Luft, Ihn mir ins zitternde Herz hinein. Wie war mir der Stein im Leben so schwer, Wie ist er's mir im Tode noch mehr, Ihr alle, die ihr noch wachet am Rhein, Bittet zu Gott um die Seele mein!« Und wenn es so bei Bingen ruft, Sieht man vom Rufer keine Spur, Schifft nur der Mond still durch die Luft Und kreist ein schwarzer Vogel nur Um des Erschlagnen nasse Gruft.