Himmelsleiter Müde saß ich in der Dämmrung Von des Tages Lärm und Staube, Eingelullt vom Abendsäuseln, Schlummernd in der Rebenlaube; Da begann von Licht und Blumen Gar ein seltsam schimmernd Weben Und ein Spielen vor den Augen Gleich dem Ranken goldner Reben. Rote Rosen, weiße Rosen, Primeln, Tulpen und Narzissen, Sterne, Kelche hundertfarbig Sah ich durcheinander sprießen. Purpur, Gold, Azur und Silber Flimmerten in Wechseltönen, Lila, Rosa, zartes Laubgrün Mußten Glanz mit Glanz versöhnen. Oh, das war ein schöner Reigen, Wie die Farben all ihn tanzten, Wie die Blütenstern' und -glocken Kreisend sich in Beete pflanzten! Aber in den Wundergarten Senkte eine Jakobsleiter Von zwei Strahlen sanft sich nieder, Aus zwei Sternen bläulich heiter! Kleine blonde Liebesengel Schwebten daran auf und nieder, Stiegen in den blauen Himmel, Kehrten in mein Herze wieder, Weckten andre Engelknaben, Welche träumend drinnen schliefen Und darauf, mit jenen spielend, Kosend durch die Blumen liefen. Und die aus dem Himmel kamen, Wollten meines Herzens Kinder Ringend mit sich aufwärts ziehen; Aber diese auch nicht minder Hielten stand und kämpften wacker, Bis sie jene bald umschlangen, Hielten sie in meines Herzens Beiden Kämmerlein gefangen. Oben auf der Himmelsleiter Eine klare Seele schwebte, Die halb scheltend, halb mit Lächeln Sie zurückzulocken strebte; Doch es schien mir im Gefängnis Ihnen leidlich zu gefallen, Denn ich sah, der Herrin trotzend, Bunt sie durcheinanderwallen. Und sie mußte sich bequemen, Endlich selbst herabzusteigen, Sah sich plötzlich bang umschlossen Mitten in dem frohen Reigen. Doch für all den Kinderjubel Ward das Herz zu eng und nieder: Klingend sprangen auf die Pforten, Sprangen auf die Augenlider. Sieh! da standest du, auf meine Schläferaugen schweigsam schauend, Vorgeneigt und unbefangen, Auf den festen Schlaf vertrauend; Wurdest rot und flohst vorüber, Fast wie Schwalbenflügel summend Und vergeblich dein Geheimnis In der Dämmerung vermummend! Fliehe nur, verratne Seele, Trostlos durch des Gartens Blüten! Suche stärkre Zauberdrachen, Deines Busens Schatz zu hüten! Töricht Kind! nun magst du immer Dreifach deinen Mund verschließen, Unerbittlich aus den Augen Seh ich Liebesengel grüßen!