20 Durch den Garten, in die Felder Irre ich mit dunkeln Augen, Achte nicht, wie tausend Kelche Licht und Äther um mich saugen. Muß der Mai mit holdem Lachen Mir denn eine Leiche geben, Während meine Freunde haschen Neue Liebe, warmes Leben? Aber sagt, wie kommt es mir denn, Daß durch meines Grames Schatten Doch die Sonnenstrahlen dringen Und sich mit den Schmerzen gatten? Daß der Lenz mit seinen Reizen Mir noch zehnmal üpp'ger scheinet Und mit seinem alten Schmucke Eine neue Schönheit einet? Ja, die todeskranke Liebe Einen Geisterabglanz gießet Über all die Lenzesfülle, Die da drängt und blüht und sprießet! Hunderttausend Blumen wollen Ihr die letzte Ehre geben, Und noch viel mehr Knospen eilen, Solche Feier zu erleben. Sehet da, die weißen Lilien Sind vor ihrer Zeit gekommen, Als sie von der Blumentrauer Rings im weiten Land vernommen; Ihre Schwester zu begleiten, Blühen sie in langen Reihen, Während sie aus ihren Kelchen Weihrauch in die Lüfte streuen. Und die Abendröte schlingt sich Schön in rosigen Girlanden Um die hohen Silberberge, Die noch eben sonnig standen; Und der Hesperus dort funkelt Als der Zeremonienmeister, Rufend in die weiten Sphären Alle guten Sternengeister! Alle Silberbronnen klingen, Alle Nachtigallen schlagen – Jetzt seh ich die Blumenleiche Schwankend über die Auen tragen; Morgenröten, Abendröten, Wetterleuchten, Regenbogen, Alles Schöne kommt der Bahre Trauerfunkelnd nachgezogen! Sagt, wann wird der Täuschung Schleier Endlich mir vom Aug gehoben? Unverwüstlich sind die Dichter, Alles wird zum Traum verwoben; Selbst der nahe Tod wird spielend Noch mit Schein und Tand umschlungen – Oh, ich glaube, er ist eben Eisig in ein Herz gedrungen!