Die Johannisnacht 1876 Ein bewaffneter Schmied von 1278 Johannisfeuer glimmt und flimmert Von allen Höhen durch die Nacht, Hat in mein Kämmerlein geschimmert, Daß ich aus tiefem Schlaf erwacht Und aus der Fremde hergefahren, Wo ich seit sechsmal hundert Jahren Auf weitem Marchfeld, fern bei Wien, Ein toter Mann, begraben bin. – Die alte Wasserstadt zu sehn, In ihren Straßen umzugehn, Hat's mich wie Sturmwind hergetrieben, Zu sehn, ob Stein auf Stein geblieben Und ob die tapfern Gutgesellen, Was rinnet, rüstig noch verschwellen! Nun find ich schwierig Pfad und Steg: Hier war das Tor, nun ist es weg! Doch steht ein Haus mit heller Stuben, Drin summt und singt's wie muntre Buben – Ich glaub, da tut noch jemand spuken, Wer kommt da? Will sich einer mucken? Ein Schwertfeger von 1351, ebenfalls bewaffnet, Nur still! Wir sind von gleicher Art, Wir tragen Staub in Haar und Bart, Und blutig klaffen uns die Wunden! – Wo hast du deine Ruh gefunden? Mit König Rudolf zog ich aus, Den wilden Ottokar zu schlagen, Und half das Ostreich ihm erjagen; Fast war vorbei der Heidengraus, Der Sieg kam an, doch blutig rot, Wir hundert Zürcher meistens tot. Da naht der kluge Habsburgmann, Es schien sein schweres Roß zu hinken, Er merkte das und tät mir winken: »Bist du nicht Hansli Gugliguck, Der Schmied, und deine Schmidtenbruck Am Rain, wo man zum Hofe geht, Der an der Aa zu Zürich steht?« – »Ja, dort mir Weib und Esse zischt!« Sagt ich, von Rudolfs Wort erfrischt. Er lacht' und rief: »So schau mal nach, Ob sich mein Gaul den Huf zerstach!« Und wie ich nun den Huf will heben, War ausgeblasen auch mein Leben, Es sandte flieh'nd ein Paar Böhmaken Zween lange Pfeil' mir durch den Nacken. Doch wo hast du das End erstritten? Bin nicht so weit wie du geritten! Wo Cyriaci Kirchlein war, Lieg ich schon fünfmal hundert Jahr. Das Ostreich, das du halfst erringen, Wollt nachmals uns zu Boden zwingen! Wir machten eignes Regiment, Da nahm die Freundschaft bald ein End! Wir gingen in den jungen Bund, Was ihnen nicht, doch uns gesund! Drum zupften jetzt die Rudolfsenkel Voll Bosheit uns am Fahnenschwenkel; Wir aber schlugen unverloren Den Herrn die Stangen um die Ohren! Wer war nun euer Feldhauptmann? Das war Herr Brun, der Anschicksmann, Der uns das Bürgertum gewann, Ein gar geriebner schlauer Vetter, Aufdringlich, stet, wie Regenwetter! Wir wußten nicht zu jenen Stunden, Ob er, ob wir das Ding erfunden; Man wird nicht klug bei solchen Spielen: Ist es der eine? sind's die vielen? Versteh nicht jenes und nicht dies! Verstehst nichts in politicis? Doch war der Hauptmann gut im Feld? Ei nun – dort war er just kein Held! Als in dem Tale von Tätwyl Der Feind rings auf uns niederfiel, Da hat er sich davongemacht Und ließ uns stehn in schlimmer Nacht; Als er schon ziemlich weit geschlichen, Da merkt' man erst, daß er entwichen. Mir raunt' der Nachbar in die Ohren: »Herr Brun ist fort, wir sind verloren!« Ich sagte: »Laß den Schelmen laufen! Man braucht ihn, darf ihn nicht verkaufen! In jeder gut besorgten Stadt Braucht's einen, der kein Ehr nicht hat, Nicht Ekel kennt und nicht Gewissen Und immer schafft und ist beflissen Zu wirken, daß er nötig bleibt! Nur muß man eben nicht urgieren, Daß er sein Leben soll riskieren! So wird er alt und wohlbeleibt! Die Nachwelt wird sich dran ergetzen Und solchem Kerl ein Denkmal setzen, Indes ein braver fauler Hund Zunichte wird und geht zugrund!« Indem ich so die Zunge wetzte Und mich am bösen Leumund letzte, So brach herein die bittre Not; Da ging es an ein Stechen, Hauen, In dunkler Herbstnacht konnt ich schauen Den, der mich packt', den blassen Tod! Jedennoch ward der Sieg erstritten Durch Rüegg Manesses kluge Sitten, Der still im zweiten Range stand Und in der Not die Rettung fand. Er brachte treu mit reicher Beute Heimwärts uns vierzig tote Leute; Ganz steif wie ein gefrorner Hecht Lag ich querüber schlecht und recht! Doch horch! Was lärmt und klirrt da vorn? Ein geharnischter Kupferschmied von 1445 So komm nur mit, bei Gottes Zorn! Hier ist das Haus zum goldnen Horn, Da wollen wir jetzt Einkehr halten Und nächtlich in der Stuben walten! Mich wundert, ob ein Tröpflein Weins Uns nicht das kalte Herz kann wärmen Und vor der Kraft des goldnen Scheins Ein Weilchen flieht des Grabes Härmen! Heut war Johanns des Täufers Tag, Da man der Zunft- und Ratswahl pflag – Ein paar Gesellen stehn noch hier – Doch weh! die sind so kühl wie wir! Doch nicht so naß! Woher die Fahrt? Ihr tragt ja Sand und Tang im Bart, Und Wasser aus dem Harnisch läuft: Hat man euch eurerzeit ersäuft? Im tiefen See, da liegen wir Wohl jetzo der Jahrhundert vier! Der Kupferschmied Götz aus der Auw Bin ich, und der zu Wollerau, Der Beck vom Hof, der blieb geduldig Mir einst ein' kupfern Bratpfann schuldig! Als nun der lange Krieg 1 gekommen Und sie die Höfe uns genommen, Da lief er mit den Eidgenossen, An uns die Hörner abzustoßen. Und wo ein Schutt und Rauch entstand, Da war der Beck gewiß zur Hand! Und beim Scharmutzen tät er prahlen, Ob er die Pfanne mir soll zahlen? Doch wie sich alles endlich wend't, Der Krieg naht' mählich auch dem End; Ein schöner Herbst war just im Land, Die Rebe voll von Trauben stand, Die wollten sich die Ländler kaufen Noch ohne Geld, in hellen Haufen Sind in die Reben sie gestiegen Am Erlenbach zum Herbstvergnügen. Ein dicker Nebel hüllt' verschwiegen Die reisige Schar der Winzer ein – Doch uns zugleich am Waldesrain, Wo wir der Sach gewärtig standen Und alle Riemen fester banden. Wie nun die leckern Eidgenossen Die Trauben schnitten samt den Schossen Mit Schneidezeug von allen Arten, Mit Dolchen, Schwertern und Halmbarten, Im grauen Nebel fröhlich hausten Und manchen Weinberg arg zerzausten, Auch sangen grobe Winzerlieder: Da fielen wir mit Macht hernieder Und zahlten ihnen Winzerlohn! Da ward ein frischer Trank geboten, Es floß der Most, und zwar vom Roten, Und wer noch konnte, ist entflohn Ans Ufer abwärts zu den Schiffen. Natürlich war mein Beck dabei! Vor sich die alte Bickelhauben Ganz angefüllt mit blauen Trauben, Sprang hoch er wie ein Böcklein frei! Ich hätt den Schelmen fast ergriffen, Da konnt er in ein Schiff sich schwingen, Ich auf dem Fuß mit tollem Springen Ihm nach ins Fahrzeug – und allein Muß ich mit zwanzig Spießen sein, Die eilig jetzt vom Lande stoßen, Doch, als der sichre See gewonnen, Mich rings umstarren voll Erbosen Und scharf zu kitzeln mich begonnen. Da dacht ich mir: was hilft das Zagen? Ich packte meinen Beck am Kragen Und sprang bordüber in die Flut, Wo er mit mir am Grunde ruht. Dort halt ich fest den wackern Mann, Bis er die Pfanne zahlen kann; Wenn er etwan entrinnen will, Kriegt er 'nen Puff, dann liegt er still, Und treibt das Heimweh mich, zu geisten, So tut er mir Gesellschaft leisten. Wir müssen all' die Sehnsucht tragen, Des Lebens Schatten nachzujagen! – Mich dünkt, es wallt noch einer her, Ich hörte seufzen tief und schwer! Ein Grauer kommt herangeschritten In reichen Waffen, ernst von Sitten. Ein Stückgiesser von 1515 So viel ich euer hier gewahre, Tragt ihr der Jugend Braun im Haare, Und keiner ist, der so betagt Wie ich dem Streite nachgejagt. Ich war bei Granse, Murten, Nanzig Und sah nie meine Werkstatt wieder, Strich durch die Lande auf und nieder Wohl in die Jahre zehn und zwanzig; Im Schwabenkriege tummelt ich Am Rheine und im Thurgau mich; Ich machte manchen still und bleich Und manche Burg dem Boden gleich. Dann ging es lange Jahre wieder Jenseit des großen Berges nieder; Ich hauste in der Lampartey Mit Übeltat und Kriegsgeschrei; Ich stellte mich den Fürsten gleich Und spielt mit ihnen Reich um Reich, War nur dem eitlen Ruhme hold Und dürstete nach schlechtem Gold, Bis ich im Feld zu Marignan Der heißen Arbeit Lohn gewann: Den Mund voll Gras und das Erkennen, Daß wir nach Dunst und Wolken rennen! Als dort ich sieglos niedersank, War mir vom übernächt'gen Morden Der graue Kopf ganz weiß geworden, Es brach das Herz, von innen krank! Jetzt ruh ich längst von Streit und Fechten; Doch eil ich gern in stillen Nächten, Wenn lind der Hauch von Süden weht, Zur alten Heimat – doch zu spät! Das Vaterhaus ist längst verschwunden, Doch scheint, die Zunft steht noch zu diesen Stunden. Wir schwirren um das helle Licht Wie graues Nachtgevögel dicht, Das keinen Einlaß finden kann. – Da flattert noch ein Schattenmann! Ein Schlosser in Offizierstracht von 1649 Manch zierlich Gitter konnt ich schmieden, Doch fand dabei ich nicht den Frieden Und bin als Kriegsmann hingefahren, Wo man gelockt der Söldner Scharen. Hab beim Savoyer Wacht gestanden Und patroulliert in span'schen Landen, Im weiten Hof der Tuilerien Mein nächtlich Werda! laut geschrien. Bin zu den Schweden dann gelaufen Und tät mit den Panduren raufen; Zuletzt stand in Dalmatia Ich als ein Leutnant trotzig da, Der für Venedigs Republik Um gutes Gold wagt' sein Geschick. Die Türken galt es zu verjagen, Ich ward von vieren dort erschlagen, Als ich allein hinausgegangen, Ein wildes Hühnlein mir zu fangen. Da lernt ich, heißen Brei zu essen, Die Quadratur des Zirkels messen! Zwei hab ich überecks erstochen, Zwei sind im Ring herumgekrochen Und ließen ihre Sichelklingen Mir schmählich durch die Sehnen dringen. Sie warfen mich vom Felsen munter Hoch in des Meeres Schaum hinunter; Das Hühnlein, das davongeflattert, Ward von den Türken drauf ergattert. Ich aber dacht im Untergehn: Tätst du daheim am Schraubstock stehn! Ein Chirurgus 2 von 1757 Hier ist das Haus zum Schwarzen Garten, Ich klopf und schnell, doch kann ich warten, Verschlossen ist's und dunkel drin! Wo sind denn die Gesellen hin, Die hier beim Becher fröhlich saßen Und des Examens Angst vergaßen? Vom Pflasterstreichen, Laborieren Erholten sich mit Kommerzieren? He! Holla! – Wie bin ich genarrt! Nur Stüßis Fähnlein dorten knarrt, Der steht noch auf dem Brunnenstein – Doch was dort sprudelt, ist kein Wein! Die Schuster auch sind weggezogen, Die nachbarlich der Zunft gepflogen; Und weiland hier der Müller Stube Ist finster wie des Todes Grube; Am Haus zwar noch das Wappen steht: Ein Mühlerad, das nicht mehr geht! Was hat mich nun hieher getrieben? Wär ich in meinem Sandloch blieben, Wo eine dürre Kiefer steht, Durch die der Nachtwind pfeifend weht! Doch halt! verlier die Hoffnung nicht! Dort bei den Schmieden ist noch Licht: Drum! Heut ja ist Johannitag, Dort sind die Ärzte beim Gelag! Doch, glaub ich, ist vorbei der Schmaus, Da steht schon mancher vor dem Haus. Oho! Die sind so dünn wie Luft! Ich glaub, es ist ein Nebelduft, Und an den schimmlig alten Trachten Merkt man, wo diese übernachten! He du, mit deinem Stiel im Nacken! Willst du uns an der Ehre packen? Geduld, ihr Herrn! Und habt Vernunft! Ich bin mit euch von gleicher Zunft, Bin tot, wie ihr! Macht keine Faxen, Denn hiefür ist kein Kraut gewachsen! Wo wardst der Schule du entlassen? Liegst du im Trocknen oder Nassen? Dein Leib ist lang und steif und grad, Du warst wie wir wohl ein Soldat? Ein Feldscher Seiner Majestät Des alten Fritzen vor euch steht! – Mit rotem Mantel, wenig Geld Ritt als Student ich in die Welt Und dacht in Halle zu kapieren, Was mir noch fehlt' zum Praktizieren; Verkauft den Klepper und hub an, Hab leider bald mein Geld vertan! Die Werbetrommel hört ich rühren Und trat zu Friedrichs Grenadieren Und zog mit ihnen Tag und Nacht, Von Feld zu Feld, von Schlacht zu Schlacht. Hab mit dem König auch gesprochen, Einst hat er frisch mich angestochen Und sagte näselnd: »Herr Chirürge, Ist Er der Schweizer nicht von Zürch, Wo sie die Schriften tun petschieren Mit drei geköpften Personagen, Die auf den Händen die Visagen Wie drei Pasteten präsentieren?« Ich sagte: »Sire! so Gott es will, Bleibt das noch lange das Sigill Von unsrer alten Repüblique, Verstehn nicht Spaß in diesem Stücke! Was schon ein halb Jahrtausend alt, Erhält erst feste Leibsgestalt, Mit eines Eichbaums Prospertät Grad in des Lebens Mitte steht!« Da setzt' den Schimmel er in Trab Und hopst' die Lagergaß hinab. Indessen folgt ich seinem Stern, Der einsam glänzte nah und fern. Er funkelt' in der Schlacht von Prag Wie eine Sonne hell am Tag; Ich sah ihn bei Collin erbleichen, Dort mußten wir blutrünstig weichen; Darauf bei Roßbach zwinkt' er wieder Gar lustig durch die Wolken nieder. Jedoch im großen Sieg bei Leuthen Schoß ein Kroat mich von der Seiten, Als ich, den Degen in der Faust, Mein Amt vergessend, dreingebraust. Dort blieb ich in den letzten Zügen Auf einer Föhrenheide liegen. Ein alter Stubenknecht oder Zunftwirt 's ist Mitternacht, das Haus ist leer. Ihr luft'gen Gäste, kommt nun her! Auf, wie die Windsbraut fahren wir Hinein durch die bekannte Tür! Sie sitzen am Tisch Chirurgus Nun sprich, der du im Hause weilst, Treppauf und -nieder schlurfend eilst, Als ob du noch die Kannen trügest, Und so dich selbst lebendig lügest: Wie geht's der Stadt und dieser Zunft? Blüht noch die alte Überkunft Von Macht und Wohlfahrt, Rat und Tat, Von Ehr und Arbeit früh und spat? Wie steht's um Herrschaft und Vogtei, Gericht und Rat und Klerisei? Ist unsre Zunft mit Ruhm dabei? Vogtei und Grafschaft sind dahin, Im Rate sitzt das Volksgesind Und im Gericht des Bauers Kind, Der Pfaffheit Stern ist im Verglühn. Was ist vergangen und entstanden, Seit ich gelebt in diesen Landen? Wie nahm ein löblich Regiment Gemeiner Stadt so schnödes End? Wie wir den Rittern einst getan, So fing's mit uns der Bauer an! Jedoch das alte Banner weht Voran noch, wenn's zum Streite geht? Es flattert noch bei Lenzgelagen, Im Feld wird nur das Kreuz getragen, Das herrscht allmächtig unter Gleichen, Soweit des Bundes Grenzen reichen! Wenn sie es denn so weit getrieben, Was ist Besondres überblieben? Nur Freundschaft und Erinnerung, Der Becher hier und dieser Saal; Da sitzen sie beim Brudermahl Und dünken sich von neuem jung. Sie trinken Kraft vom goldnen Rande Und stehen treu zum freien Lande. Stellt den Pokal auf den Tisch Seht, welch ein herrlich Trinkgeschirr! Es hüpft das Herz vor Freuden mir! Seit wann besteht dies Prachtgerät? Sie haben es ganz frisch gegründet, Damit sich neue Glut entzündet An seinem Glanz und Dignität. Geheimnisvoll umschließt das Gold, Was in der Freude ehrenhold Vergangenes und Künft'ges bindet. Doch sagt: wer ist der reisige Mann, Der auf des Deckels Kuppel ragt, Mit Schwert und Banner unverzagt Bewacht der Schale runden Bann? Das ist ein hehrer Zunftgenoß, Des Blut bei Kappel heldisch floß, Der Bannerherr in Rüstung blank, Der bei der Fahne sterbend sank Und, wie er stieg zur Nacht hinab, Sie treu dem zweiten Retter gab. Bannerherr Schweizer 3 Ich hörte traute Rede gehn, Die mich geweckt wie Frühlingswehn! Seid mir gegrüßt, ihr Herrn zur Schmieden, Und sei mit euch des Geistes Frieden! Es erheben sich alle Durch dich wird unsre Schattenwelt Mit einem Lichtesschein erhellt; Denn vornehm ist und höhrer Art, Was damals euch zum Kampf geschart! Im bittersten und schwersten Streit Für des Gewissens Einigkeit, Unangesehn den Feind, zu fallen, Das ist das höchste Los von allen; Da wallt das Herz in lichter Ruh Der Freiheit ew'ger Heimat zu! Wie dankbar dich die Enkel ehren, Mag dich die Becherzierde lehren! Fürwahr, das kleine Denkmal hier Bedünkt mich größre Ehrenzier, Als ständ ich hoch in Erz gegossen, Von Lärm und Staub des Markts umflossen. Ich steh an meinem kleinen Ort Als Wächter bei der Freundschaft Hort! Laßt sehn, ob diese edle Flut Noch wärmt das leichte Geisterblut! Ich trink's euch zu – mich dünkt, die Glieder Durchströmt ein Hauch des Lebens wieder! Trink, Schmied! und gib den Becher weiter! Schmied Mir glänzen Jugendsterne heiter Aus goldnem Abgrund dieser Schale! Schwertfeger Mir ist, ich geh im grünen Tale, Als würde mich ein Liebchen küssen! Kupferschmied Ich bade in kristallnen Flüssen! Trink, Bruder, hier gibt's Rebenlauben! O süßer Saft der Lebenstrauben! Ich atme Luft von Bergesaun! Der Kupferschmied läßt den Becher weitergehen Stückgiesser Dem Siege darf ich wieder traun, Es schlägt mein Herz in alter Stärke! Schlosser Ich spüre Kraft zu jedem Werke, Das ich in Tagen einst versäumt! Chirurgus Ein Traum, der schon einmal geträumt, Lockt mich mit längst entschlafnen Wonnen! Wirt So schließ ich nun den Zauberbronnen, Schon nahet leis der junge Tag; Bald tönt im Korn der Wachtel Schlag! Deckt den Becher zu Alle Fahr wohl, du schöne Sommernacht, Dein heitrer Glanz ist still verglommen! Steig auf, verjüngte Morgenpracht, Für unser Volk, das nach uns kommen! Wir ziehn dahin nach Geisterbrauch Und lösen uns in Luft und Hauch. Während des Gesanges, der mit gemäßigten Stimmen begonnen und bis zum Schluß immer leiser wird, nimmt auch die Beleuchtung ab, in welcher die vortragende Gruppe steht, so daß diese mit dem Verhallen des Gesanges zugleich im Dunkel verschwindet. Fußnoten 1 aller Eidgenossen gegen Zürich wegen des toggenburgischen Erbes. 2 Die Ärzte waren, als die Zünfte politische Bedeutung hatten, behufs Ausübung ihrer Rechte den Schmieden zugeteilt; sonst hatten sie ihre Stube im »Schwarzen Garten«. 3 Zunftmeister zu Schmieden, fiel in der Reformationsschlacht bei Kappel 1531.