Prolog zur Feier von Beethovens hundertstem Geburtstag in Zürich 1870 Man sagt, daß in der Völkerschlacht, Wo donnern Stück und Wagen, In schmelzenden Gesanges Pracht, Als wär der schönste Lenz erwacht, Die Nachtigallen schlagen. In Busch und Baum die Schlacht entlang, Verborgen in den Wettern, Wetteifernd mit Drommetenklang Und der Gefallnen Wehgesang, Hört man die Triller schmettern. Sie halten den Streit für Frühlingslust, Den Tod für holdes Minnen, Sind keiner Sorge sich bewußt – Da fährt das Blei durch ihre Brust Und reißt das Nest von hinnen. So war's, als des Jahrhunderts Tor Aufsprang mit ehrnen Pforten, Ein roter Morgen trat hervor, Mit ihm ein endlos langer Chor Von blutenden Kohorten. Was tausendjährig, sank in Staub Wohl unter ihren Schritten, Und Glück und Staub des Cäsars Raub, Er selber dann wie falbes Laub Knirscht' unter des Siegers Tritten. – Da saß ein stiller Mann im Land, Dem war Gewalt gegeben, Zu wirken mit gefeiter Hand Ein tausendtönig Zauberband In das empörte Leben. Er goß des Wohllauts süßen Wein Aus über die Wogenheere; Mocht noch so laut die Brandung schrein, Doch stärker klang sein Spiel darein, Wie Orgelton am Meere. Nicht sorglos wie die Nachtigall Hat er sein Lied gesungen; Es war der großen Klage Schall, Die Menschenherz und weites All Geheimnisvoll durchdrungen. Der Klage, die mit höchster Kraft In Freude dann sich wendet Und die, den Sternen kühn entrafft, Den letzten Kranz der Meisterschaft Dem sel'gen Sänger spendet. Vorüber zogen hundert Jahr, Seit er ans Licht geboren; Hin ist die Welt, die mit ihm war – Noch wandeln seine Sterne klar Im Äther unverloren. Noch hallt sein unsichtbares Haus Und klingt von Meer zu Meere, Und wieder haust des Sturmes Graus, Geharnischt führt der Tod hinaus Zahllose Völkerheere. Ein Cäsar liegt – mit goldner Zier Wird sich der Deutsche krönen; Sein Donner grollt – doch ferne hier In goldnem Frieden lassen wir Des Zaubrers Lied ertönen.